Razzien gegen Letzte Generation: Klimaproteste gehen weiter
Berlins Linkspartei kritisiert die Durchsuchungen scharf. Aktuelle Zahlen zeigen: Selbstjustiz gegen Blockierende wird kaum geahndet.
Mit einer großangelegten Razzia waren Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwochmorgen gegen die Klimaschutzgruppe vorgegangen, die in den letzten Wochen vor allem in Berlin Straßen blockiert hatten. Rund 170 Beamte durchsuchten ab dem frühen Morgen 15 Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern, wie die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische Landeskriminalamt mitteilten. Der Tatvorwurf lautet auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Festnahmen gab es nicht.
In Berlin wurde die Wohnung von Sprecherin Carla Hinrichs durchsucht. „Mit gezogener Waffe stürmten die Beamt*innen in Carlas Zimmer, in dem sie noch im Bett lag“, beklagte die Gruppe. Das Bayerische Landeskriminalamt bestätigte lediglich, dass eine Einheit der Berliner Polizei die Wohnung betreten habe.
In Berlin stieß das Vorgehen der bayerischen Behörden auf harsche Kritik. Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, nannte den Einsatz „krass“ und sprach von „verschobenen Maßstäben“. Der Paragraf 129, auf dessen Grundlage die Razzien stattfanden, sei für schwere Bedrohungen der Sicherheit vorgesehen.
Laut Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linksfraktion, haben Grüne und Linke im am Mittwochnachmittag tagenden Rechtsausschuss versucht, die Vorfälle auf die Tagesordnung zu setzen, um eine Stellungnahme von Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für CDU) zu erhalten. Die Regierungsparteien CDU und SPD hätten das jedoch abgelehnt, so Schlüsselburg auf Twitter.
Dabei gäbe auch das Verhalten der Berliner Sicherheitsbehörden Anlass für Nachfragen, etwa was das Vorgehen gegen jene Personen angeht, die Blockierer*innen tätlich angreifen oder beleidigen. Zuletzt wurden vermehrt Vorfälle vor allem in sozialen Medien publik, wobei offenbar von den Protesten genervte Autofahrer die Protestierenden schlugen, traten und versuchten, sie ruppig von der Straße zu ziehen.
Selbstjustiz: Viele Verfahren eingestellt
In der Folge wurden zwischen Januar 2022 und April 2023 insgesamt 33 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Körperverletzung eingeleitet, wie die Innenverwaltung in der noch unveröffentlichten Antwort auf eine kleine Anfrage von Schrader und Ferat Kocak mitteilt. Wegen anderer Vorwürfe gab es in der gleichen Zeit etwa noch einmal so viele Ermittlungsverfahren. Abgeschlossen wurden von allen bisher allerdings erst 17 – wobei die Hälfte ohne Strafe eingestellt wurde.
„Die Zahlen zeigen eine deutliche Schieflage beim Verfolgungseifer der Sicherheitsbehörden“, kritisiert Schrader. Überraschend käme das jedoch nicht. Der Linkenpolitiker macht dafür auch Äußerungen von SPD-Innensenatorin Iris Spranger verantwortlich. Sie hatte im April in der RBB-„Abendschau“ erklärt, dass Selbstjustiz gegen die Klimaaktivist*innen „leider dann eben auch zur Rechenschaft gezogen werden“ müsse. Das Wort „leider“ hatte für viel Aufsehen gesorgt. In der Antwort auf die Linken-Anfrage teilt die Innenverwaltung nun mit, Spranger verurteile „jede Art von Gewalt“.
Die Gruppe will ihre Aktionen ungeachtet der Razzien fortsetzen. „Wir haben Berlin zum Innehalten gebracht, den Tod bringenden Alltag unterbrochen“, erklärte Marion Fabian, ebenfalls Sprecherin der Letzten Generation, auf der Pressekonferenz am Mittwoch. Lediglich in der Mitte des Sommers will die Gruppe vom 15. Juli bis 6. August ihre Blockaden unterbrechen. Zuvor soll es ab dem 5. Juni eine „Kampagne Superreiche“ geben.
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