Rassistischer Angriff in Österreich: Wienerin mit Kopftuch angespuckt
Eine Muslimin wurde in Wien beleidigt und angegriffen. Die 25-Jährige filmte den Vorfall. Die FPÖ reagiert mit Verschwörungsfantasien.
Die in Wien geborene Designerin war gerade auf dem Weg ins Fitnessstudio, als sie plötzlich beleidigt wurde. Zur Deeskalation der Situation zückte sie ihr Handy und nahm das Geschehen auf. „Setz dich du Schwein, setz dich du Hund, auf den Boden, wos dʼ hingehörst“, wird sie von einer älteren Frau angepöbelt. Einige Momente später steht die Frau auf und ruft „Verschwind, du Scheiße!“. Dann spuckt sie der muslimischen Frau ins Gesicht und ruft: „Hilfe! Kriminelle Gewalttäterin!“
Auf der Aufnahme sind außerdem mehrere Passanten zu sehen, die der Angegriffenen zu Hilfe kommen. Als ein junger Mann in die Situation eingreift und fragt, „Spinnen Sie eigentlich?“, wird er als „Sandler“ (eine österreichische abwertende Bezeichnung für Obdachlose) beleidigt. „Bitte gehen Sie weg“, ruft die Angegriffene in einer gebrochenen Stimme. „Geh du weg, in dein Land!“, schreit die Frau, und kurz darauf: „Das ist mein Land!“ Eine andere Frau entgegnet ihr: „Das ist nicht Ihr Land, das ist unser aller Land, okay?“
Die 25-Jährige wandte sich mit ihrem Video an die befreundete Antirassismusaktivistin und Bloggerin Asma Aiad, die das Video veröffentlichte. „Asma, das ist mir gerade eben passiert. Ich zittere so sehr vor Angst“, schrieb sie an Aiad. Über Aiad konnte die taz mit der Angegriffenen Kontakt aufnehmen, die selbst anonym bleiben möchte und ihren Namen gegenüber Medien nicht nennt. Aiad leitete schriftlich beantwortete Fragen der angespuckten Kopftuchträgerin weiter.
Bundeskanzler Kurz verurteilt Vorfall
„Ich habe auf die Straßenbahn gewartet. Im Hintergrund habe ich nur ,du Terroristin, du Schwein, du dreckige Hureʻ und so weiter gehört. Nach unzähligen Beschimpfungen hab ich mein Handy rausgenommen und angefangen zu filmen. Ich habe mir gedacht: Jetzt reichtʼs! Die Leute da draußen müssen solche Vorfälle mitbekommen“, schreibt sie. Sie hofft, dass zukünftig mehr Vorfälle in dieser Form dokumentiert werden.
Anschließend habe sie den Übergriff bei der Polizei angezeigt. Die Landespolizeidirektion Wien teilte der taz mit, dass sie ein mögliches strafbares Verhalten prüfe. „Die Landespolizeidirektion Wien prüft den Vorfall auf Beleidigung oder Verhetzung und wird positivenfalls weitere Ermittlungsschritte setzen und die Staatsanwaltschaft Wien involvieren“, so ein Sprecher.
Asma Aiad erhielt nach der Veröffentlichung Nachrichten von mehreren Personen, die die Angreiferin erkannten. Weil sie Türkisch, Hebräisch oder Rumänisch sprachen, wurden sie ebenfalls schon von der Frau rassistisch und antisemitisch beschimpft.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) äußerte sich am Sonntagabend auf Twitter zu dem Vorfall. „Eine widerliche Attacke, die ich auf das Schärfste verurteile. In Österreich stehen wir für ein respektvolles und friedliches Miteinander aller Religionen!“, schrieb er. Kurz führt eine Koalition mit der rechtspopulistischen bis rechtsextremen FPÖ an. Mehrere FPÖ-Politiker reagierten mit Verschwörungsfantasien auf das im Netz geteilte Video.
FPÖ behauptet linke Fake-Aktion
„Schockierend und abstoßend! Angesichts des beginnenden Wahlkampfs kann man jedoch nicht wissen, ob es sich nicht um eine False-Flag-Aktion à la Silberstein-Methodik handelt! Wäre nicht das erste Mal!“, schrieb der Wiener FPÖ-Stadtrat Maximilian Krauss. Er spielt damit auf den Politikberater Tal Silberstein an, der während der österreichischen Nationalratswahl 2017 sogenanntes Dirty Campaigning im Auftrag der SPÖ betrieb und später in Israel wegen des Verdachts auf Geldwäsche festgenommen wurde.
Unterstützt wurde Krauss von FPÖ-Spitzenpolitiker Harald Vilimsky, der Kraussʼ Posting zustimmend teilte. Vilimsky sitzt für die FPÖ im Europaparlament, ist Generalsekretär der Partei und Spitzenkandidat für die anstehende Europawahl. „Wäre alles andere als neu, dass die Linken mit einer Fake-Aktion manipulieren. Die Geschichte ist mehr als ominös! Riecht wieder nach Wahlkampf à la Silberstein“, schreibt er.
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