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RKI zum Verlauf von OmikronDie gigantische Welle

Das RKI hat berechnet, wie die Pandemie in den nächsten Wochen verlaufen könnte. Kontaktreduktionen könnten eine Überlastung der Kliniken verhindern.

Mit Maske und Helm: Skifahren während der Corona-Pandemie in den Bayrischen Alpen Foto: Frank Hörmann/Simon/imago

Berlin taz | Die Zahlen wirken gigantisch. Bis 1. April könnten in Deutschland 16,5 Millionen Infektionen mit Omikron registriert werden. Zum Vergleich: Erst am Mittwoch war die insgesamt 10-millionste Corona-Infektion seit Beginn der Pandemie vor zwei Jahren verzeichnet worden. Doch nun sind für Februar und März als Spitzenwert rund 300.000 Neuinfektionen pro Tag erwartbar. Das Gute daran: Trotz dieser alles übersteigenden fünften Coronawelle könnte es am Ende gelingen, dass die Intensivstationen nicht überlastet werden.

All diese Zahlen gehen aus einer Studie zur Abschätzung der Omikron-Infektionswelle hervor, die das Robert-Koch-Institut am Donnerstag veröffentlicht hat. Bei den Ergebnissen handelt es sich ausdrücklich nicht um Prognosen, betonen die Wissenschaftler des RKI. Die tatsächlichen Zahlen können je nach Verlauf auch deutlich niedriger oder noch viel höher ausfallen.

Die vor sechs Wochen begonnene Studie diene vor allem dazu, anhand eines vereinfachten Modells durchrechnen zu können, wie sich der Verlauf der Pandemie durch die Omikron-Variante verändert hat. Sie liegt dem Bundesgesundheitsministerium vor und ist Grundlage für politische Entscheidungen.

Anhand des RKI-Modells lässt sich zeigen, welche Faktoren ausschlaggebend sein können. Insgesamt wurden 180 Szenarien durchgerechnet. Je nach Annahme führen die Ergebnisse zu einer „breiten Streuung“, heißt es in der Studie. So könnte der Spitzenwert der täglichen Neuinfektion auch bei 450.000 liegen.

Faktor Impfung

Als ein wichtiger Faktor hat sich die Wirksamkeit der Impfungen gegen Omikron herausgestellt. Ist diese niedrig, steigt die Zahl der Fälle doppelt so hoch wie bei einem hohen Wirkungsgrad. Wie effizient die Impfungen sind, kann aber noch nicht gesagt werden. Und es ist auch politisch nicht steuerbar.

Ein anderer wichtiger Faktor sind die Kontaktreduzierungen. Hier hat die Politik Handlungsspielräume. Ein kurzer, harter Lockdown schon im Januar, so zeigt das RKI-Modell, hätte nach hinten losgehen können. „Eine frühe, starke Kontaktreduktion kann zu einem starken Rebound-Effekt führen“, heißt es in der Studie. Die Omikronwelle wäre zwar später, dafür umso gravierender gekommen.

Die Berechnungen zeigen: Ein kurzer, harter Lockdown im Januar hätte nach hinten losgehen können

Als sehr effektiv erweist sich im RKI-Modell eine sechswöchige Reduzierung der Kontakte um 20 Prozent von Ende Januar bis Mitte März. Der Vorteil: dafür bräuchte es nicht einmal große politische Vorgaben. Denn ein Fünftel weniger Kontakte als in der Zeit vor der Pandemie wurde bisher in der Regel allein durch freiwillige Zurückhaltung und Vorsicht der Bevölkerung erreicht.

Wenn durch die Diskussion um die Aufhebung aller Coronamaßnahmen in den skandinavischen Ländern und Forderungen nach einer Exitstrategie hierzulande der Eindruck entstünde, das Schlimmste sei vorbei, wäre das fatal. Denn wenn die Menschen auf jegliche Kontaktreduzierung verzichten, schnellen die Kurven im RKI-Modell nach oben. Möglich wären dann nicht nur bis zu 600.000 Infektionen pro Tag. Es müssten am Ende auch wieder mehr als 4.000 Corona-Patient:innen auf den Intensivstationen behandelt werden – und die Kliniken wären überlastet.

Und noch einen Unsicherheitsfaktor gibt es. Das RKI-Modell beruht auf der Annahme, dass durch Omikron nur 15 Prozent so viele Menschen schwerst erkranken wie unter den zuvor dominierenden Corona-Varianten. Sollte der Wert am Ende höher liegen, gäbe es ein Problem auf den Intensivstationen.

Aktuell sind wir davon noch weit entfernt. Am Donnerstag wurden 2.262 Corona-Patient:innen intensiv behandelt. Die Zahl der Neuaufnahmen steigt bereits seit zwei Wochen langsam, aber kontinuierlich an.

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13 Kommentare

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  • DASS LEUTE STERBEN scheint keinen mehr zu interessieren . Solang das Sterben nur schön ordentlich in nem Intensivbett stattfindet - oder unsichtbar und mehr oder weniger vernachlässigt im eigenen Bett im Pflegeheim.

    • @lesnmachtdumm:

      das ist richtig. Die Corona-Deppen, Impfpaniker und Querdummen ignorieren das Sterben. Denen ist es egal wer wann, an was, und wie stirbt. Für die zählt nur, dass wir alle sterben müssen, wie, wann und woran ist wurscht. Hauptsache es trifft nicht einen selber. Und da glauben die ja ganz fest daran, dass sie selber nicht betroffen sind, weil gesund, immunstark und vorbildlich ernährt. Alle die bisher an Corona gestorben sind, sind deren Meinung nach auch selber schuld, weil krank, ungesund gelebt und falsch ernährt. Schlichtes Weltbild, schlichter Gemüter. Und das wird sich auch nicht mehr ändern, da die sich nur noch in ihrer Blase "informieren" und dieses "Wissen" uns dann in den diversen Kommentaren immer wieder aufdrängen...

      • @margarete2052:

        Genau! Sterben gehört verboten. Zumindest das Sterben an und mit Corona geht gar nicht.

        Dass durch den ewigen Lockdown am Ende mehr Menschen zu schaden kommen (und deswegen auch früher als erwartet sterben), wird und wurde zu lange ignoriert. Das wirkliche Sterben erfolgt nämlich leise.

  • Es ist zu süß. Nachdem der Untergang des Abendlandes bereits für Dezember prognostiziert wurde, wenn der Lockdown nicht käme, nun dies. Wie sollen die Menschen ihre Kontakte nochmal weiter reduzieren ohne völlig durchzudrehen?

    Im schlimmsten denkbaren Fall kommt also folgendes: "Es müssten am Ende auch wieder mehr als 4.000 Corona-Patient:innen auf den Intensivstationen behandelt werden – und die Kliniken wären überlastet." ... und das bei über 20.000 ITS-Betten in Deutschland. Die Katastrophe naht!

    • @TazTiz:

      Es ist ja nicht gerade so, dass Corona der einzige Grund wäre, auf einer ITS zu landen. Es gibt bis heute einen Rückstau an OPs, die verschoben wurden, um Platz für Corona-Patienten zu haben. Und das sind in aller Regel Leute, die normalerweise zwei, drei Tage nach einer OP auf der ITS liegen, während die Corona-Schwerkranken oft wochenlang dort liegen.

      Es wurden deshalb bisher schon allein mehr als 100.000 Krebs-OPs verschoben.

      Und klar, wenn man 5000 oder 10.000 Intensivbetten samt Personal in Reserve hätte, wäre das einfacher. Aber wenn gerade mal keine Pandemie ist, will dann doch keiner dauerhaft fast immer brachliegende Überkapazitäten mit seinen Krankenkassenbeiträgen finanzieren...

      Spotten ist so einfach und das sollte einem zu denken geben. Die Dinge sind nämlich in Wirklichkeit gar nicht so einfach.

      • @Mustardman:

        Mein Mitleid hält sich derzeit wirklich in Grenzen. Warum? Aufgrund der COVID-Panik werden derzeit viele OPs verschoben, die ITSen sind vergleichsweise leer. Die Kohle fließt dank großzügiger Freihaltepauschalen trotzdem. Die Last tragen derzeit nun wirklich andere.

        Die Leute in Skandinavien sind doch nicht doof. Die haben ihre Mediziner in den staatlichen Kliniken besser im Blick …

    • @TazTiz:

      Scheiße, dass die ihren Job machen. Und der besteht nun einmal darin, der Politik Informationen darüber zu liefern, wie die Pandemie verlaufen könnte.

      Und nur so nebenbei: Die Intensiv-Stationen waren im Dezember ziemlich am Limit -- eben weil zu einer normalen Winterauslastung von 70-80% die Corona-Patienten noch dazu kamen. Und dann sind 4.000 Corona-Patienten bei 20.000 Intensivbetten halt doch 'ne Menge. V.a. dann, wenn deren Betreuung wesentlich personalintensiver ist als die der "normalen" Intensivpatienten und das Personal am Ende ist.



      Fragen Sie 'mal Intensivmediziner, wie die zur Impfpflicht stehen ...

      • @Libuzzi:

        "Und nur so nebenbei: Die Intensiv-Stationen waren im Dezember ziemlich am Limit"

        Ich kann solche Sätze nicht mehr lesen. Denn eine ITS ist immer mehr oder weniger am Limit. Es wäre für ein Krankenhaus finanziell fatal, wenn es 50% leerstehende ITS-Betten hätte.



        Klar, die Behandlung eines Corona-Patienten ist zeitintensiver als die eines Patienten nach einer OP. Ich war in der Pandemie allerdings auf paar ITS und nirgendwo war ein Team am Limit. "Gut zu tun" trifft es am besten, aber wenn das schon als unnormal durch geht, dann weiß ich nicht.

    • @TazTiz:

      Es gibt noch viele andere Erkrankungen für die dringend Intensivbetten gebraucht werden. Covidpatienten haben mit aktuell ca. 10% einen überproportionalen großer Anteil an der Intensivbelegung, die schlicht für die Versorgung der anderen Patienten fehlen.

    • @TazTiz:

      Wenn alle nur meckern, kann man sowas wie Corona eben nicht mehr machen!

      • @Waage69:

        Ich denke auch: Schluss damit! Das Leben geht auch ohne Corona weiter.

      • @Waage69:

        Genau! Immer müssen die Deutschen rum meckern - dabei kann Corona so schön sein! Alles eine Frage der Einstellung!

      • @Waage69:

        „Alle“ und „nur“? Corona hat erledigt, nachdem die neuste Variante in der PCR schlecht nachweisbar. Erst kaum noch Symptome, dann kein Nachweis mehr. Wie soll man eigentlich noch merken, dass es soweit ist?