Widersprüchliche Corona-Statistiken: Covid ist oft nicht der Grund

Viele PatientInnen mit Corona liegen gar nicht deswegen in den Berliner Krankenhäusern. Ob das die Statistiken verzerrt, ist Ansichtssache.

Krankenhausbetten auf einem Flur

Liegt hier bald drin, wer mit oder wegen Corona ins Krankenhaus kam? Foto: dpa

Vor einigen Tagen berichteten wir über die große Diskrepanz zwischen einer wichtigen Coronakennzahl in der Statistik des Robert-Koch-Instituts (RKI) einerseits und der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit andererseits. Es geht um die 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz, die angibt, wie viele Menschen zuletzt mit Covid-19 stationär behandelt wurden. Die Senats­zahlen liegen seit Wochen um das 5- bis 7-Fache über denen des RKI, ein Unterschied von bis zu 700 PatientInnen pro Woche.

Die Gesundheitsverwaltung hat nun ausführlich dazu Stellung genommen und erklärt, wie dies zustande kommt. Unter anderem ist wohl davon auszugehen, dass die Hälfte der mit Covid-19 Hospitalisierten nicht wegen der Infektion, sondern aus anderen Gründen im Krankenhaus liegt.

Laut Laura Hofmann, der Sprecherin von Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne), ergeben die für den täglichen Bericht verwendeten Zahlen des Informationssystems Ivena „ein realistischeres Bild der Situation in den Krankenhäusern“ als die vom RKI genutzten Daten der Gesundheitsämter.

Letztere hingen stark von der Auslastung der Labore und des öffentlichen Gesundheitsdienstes ab und wiesen „eine Zeitverzögerung von Tagen, manchmal Wochen“ auf. Gerade bei hohen Inzidenzen könne die Überlastung dieses Meldesystems zu einer „deutlichen Untererfassung“ führen.

Nicht wegen, aber mit Covid-19

Die sogenannte Ivena-Sonderlage erfasse täglich die Anzahl der stationär aufgenommenen Covid-positiven PatientInnen, unabhängig davon, ob diese etwa über die Notfallrettung oder per ärztlicher Einweisung ins Krankenhaus gelangt seien. Daraus ergibt sich aber offenbar, dass viele PatientInnen mitgezählt werden, die gar nicht wegen der Corona-Infektion in der Klinik liegen.

Laut Hofmann beziffert die Charité diesen Anteil mit rund 50 Prozent. Der landeseigene Vivantes-Konzern trifft diese Unterscheidung nicht, es gibt jedoch keinen Grund anzunehmen, dass das Verhältnis hier oder in privaten Krankenhäusern grundsätzlich anders liege. Die Sprecherin legt allerdings Wert darauf, dass auch PatientInnen, die nicht wegen, aber mit Covid-19 im Krankenhaus sind, als infektiöse Personen „den Normalbetrieb der Krankenhäuser vor große Herausforderungen stellen“.

Auf die Frage, ob eine Hospitalisierungsinzidenz um die 20 nicht kritisch ist, zumal die entsprechende „Ampel“ schon bei einem Wert von 8 auf Rot springt, sagte Hofmann, gerade im Zusammenhang mit dem aktuell hohen Personalausfall wegen Erkrankung oder Isolation sei „eine krankenhausinterne Kompensation zur Aufrechterhaltung der Krankenhausversorgung mit großen Anstrengungen verbunden“.

Zu stemmen sei die Situation noch, weil planbare Eingriffe abgesagt wurden. Auch die von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossene Verkürzung von Quarantäne und Isolation sei ein Schritt gewesen, um die Situation zu verbessern.

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