Putins Reaktion auf die Nato-Erweiterung: Demonstrative Lässigkeit
Putin gibt sich entspannt bei der Nato-Erweiterung – inklusive einer Drohung. Dabei offenbart er einmal mehr seine tiefe Verachtung für die Ukraine.
Wenn sie wollen, bitte“, klingt es gelassen aus dem Mund des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Reaktion auf die geplante Nato-Norderweiterung. Die Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens in der Militärallianz mache Russland keinerlei Sorgen, sagte Putin während seines Besuchs in Turkmenistan.
Kein Problem damit, dass die Nato durch die 1.300 Kilometer lange finnisch-russische Grenze direkt vor Russland stünde? Das Bündnis, durch das sich Moskau in der Ukraine so stark bedroht glaubte, dass es seine „militärische Spezialoperation“ startete, als die es seinen Angriffskrieg gegen sein Nachbarland führt?
Diese Aussagen mögen erstaunen. Im System Putin folgt die gespielte Gelassenheit jedoch einer gewissen Logik: Im schrägen Geschichts- und Politikverständnis der russischen Führung ist die Ukraine kein souveräner Staat. Moskau spricht dem Land sein Existenzrecht ab und sieht es lediglich als „Antirusslandprojekt“ der USA. Davor will es die Ukraine schützen, sie daraus „befreien“ und – überzeugt davon, im Interesse „bedrohter“ Ukrainer*innen zu handeln – mit aller Gewalt an Russland binden.
Denn, so die russische Lesart, die Ukraine (wie auch Nachbar Belarus) ist eigentlich Russland. Die pervertierte Sicht auf die Geschichte und die vollkommen zynische Abwertung der Menschen in der Ukraine bestimmen seit Jahren die Politik in Russland.
Dagegen gebe es zu Schweden und Finnland, so Putin, keine so eng verflochtenen Verbindungen wie zur Ukraine. Die russische Kultur werde dort – im Gegensatz zur Ukraine – nicht bekämpft. Für Russland ist das quasi ein anderes Paar Schuhe. Deshalb dürften sich Schweden und Finnland den Nato-Stiefel überstreifen, die Ukraine aber auf keinen Fall.
Trotz demonstrativer Lässigkeit gegenüber den Skandinaviern vergisst der russische Präsident nicht zu drohen. Russland werde spiegelbildlich reagieren. Schweden und Finnland sollten sich auf Spannungen einstellen: Ganz offensichtlich, zweifelsfrei, ohne geht es nicht, sagte er. Schon klingt Putins Antwort nicht mehr gelassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion