Psychedelika und ethische Fragen: Auf den veganen Trip gekommen
Psychedelische Substanzen werden immer häufiger für therapeutische Zwecke eingesetzt. Ein Nebeneffekt kann die gesteigerte Empathie für Tiere sein.
N ach einer Therapie mit psilocybinhaltigen Pilzen entschied sich einer meiner Bekannten, vegan zu leben. Wem Psilocybin kein Begriff ist: Es ist ein bewusstseinserweiterndes Indolalkaloid aus der Gruppe der Tryptamine und verursacht in hoher Dosis einen intensiven Rausch mit Visionen. Allgemein bekannt ist es auch als „Magic Mushrooms“.
Derzeit erleben diese Pilze und andere psychedelische Substanzen eine Renaissance im medizinischen Bereich. Von Therapiezentren in den Niederlanden (wo mein Bekannter war) über sogenanntes Microdosing mit LSD im Silicon Valley und Studien zu MDMA bei posttraumatischen Belastungsstörungen bis zu intravenös verabreichtem Ketamin unter ärztlicher Aufsicht: Psychedelika boomen. Und ihre Verwendung kann die Lebenseinstellung der Patient:innen grundlegend verändern – und damit auch ihr Verhältnis zur eigenen Ernährung und deren Auswirkung auf Mitkreaturen und Umwelt.
Mein Bekannter machte die Psilocybin-Therapie wegen seiner Depressionen. Zufällig sah er ein paar Tage danach den Film „Earthlings“. Doch anders als zuvor bei Filmen, in denen es um Tierschutz geht, konnte er seine instinktiven Reaktionen und Emotionen diesmal nicht abschalten. Er spürte eine tiefe Verbundenheit mit den Tieren und eine noch tiefere Abscheu angesichts des ihnen zugefügten Leids. Seit diesem Tag lebt er vegan.
Er ist kein Einzelfall. So wurde der Mixed-Martial-Arts-Champion Rashad Evans nach einem Magic-Mushroom-Trip 2020 vegan. Längst wird der Zusammenhang zwischen Psychedelika und anschließender Ernährungsumstellung in Internetforen wie Reddit diskutiert. Ein User schreibt dort: „Ich kann deutlich sagen, dass ich komplett verändert war, nachdem ich LSD probiert hatte. Es ist schwer in Worte zu fassen, aber es brach alle mentalen Barrieren, die mir die Gesellschaft von Geburt an eingetrichtert hatte.“
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Auch ich spürte nach Ketamin-Infusionen – die erfolgreich meine zuvor regelmäßigen Angstzustände auflösten – einen tiefen Wunsch nach mehr Verbundenheit mit der Natur und der Tierwelt. Wäre ich nicht schon vegan, dann hätte mich Ketamin sicher dazu inspiriert.
Ob Psilocybin, Ketamin oder MDMA. So unterschiedlich die Wirkstoffe und Erfahrungen damit sind, eines haben sie oft gemein: den Ego-Death, also die Ich-Auflösung – und die tiefe Erkenntnis, mit der Schöpfung verbunden zu sein und kein Leid verursachen zu wollen. Muss man deswegen bewusstseinsverändernde Substanzen zu sich nehmen, um vegan zu werden? Sicher nicht! Aber es ist spannend zu beobachten, wenn Menschen mit gewohnten Gedankenmustern brechen. Und ihr Leben dann nicht mehr aus einem Gefühl der Ausgeschlossenheit gestalten – sondern aus dem Gefühl der Verbundenheit mit allen.
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