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"In keinem anderen Bundesland werden Kirchenasyl-Fälle so restriktiv verfolgt wie in Bayern." - denn dort regiert seit Jahrzehnten die cSU.
Die Christen im Land müssen sich immer wieder fragen, wann der Punkt für Ungehorsam gegenüber dem Staat angesagt ist und wann nicht. Als es zum Beispiel in der Nazizeit darum ging, Juden vor der Gestapo zu verstecken, war die Sache eindeutig. Da hatten wir mit einem Unrechtsstaat zu tun gegen den es zu kämpfen galt.
Kirchanasyl im Jahr 2021 ist dagegen ein zweischneidiges Schwert. Jeder einzelne Fall ist traurig und der Reflex der Barmherzigkeit ist ehrenwert, die Lehre Jesu allemal beeindruckend.
Andererseits leben wir in einem Rechtsstaat der seine Urteile durch alle Instanzen öffentlich und transparent fällt und dessen Entscheidungen man nicht leichtfertig ignorieren sollte. Wie kann Schwester Seelmann sicher sein, dass die Gerichte in diesem Fall definitiv falsch entschieden haben? Oder stellt sie die geltenden Gesetze ganz in Frage? Asyl kann aus diversen Gründen gewährt werden. Ursprünglich war es für politisch Verfolgte gedacht, heute werden auch andere Arten von Verfolgung als gültige Gründe betrachtet. Warum die beiden Nigerianerinnen abgelehnt wurden, darüber gibt der Artikel keine Auskunft. Ein ausgewogener Journalismus hätte mal bei den zuständigen Gerichten nach der Urteilsbegründung fragen müssen. So bleibt die Geschichte sehr einseitig. Ein faire Überprüfung solcher Härtefälle bleibt aber immer wünschenswert - solange das Ergebnis der Überprüfung auch dann akzeptiert wird, wenn es nicht wunschgemäß ausfällt, sonst geht die Geschichte nämlich wieder von vorne los.
Hallo,
der Hintergrund solcher Dilemmata erhellt sich auch anhand solcher Quellen [ 1 ], die das Schalten und Walten der nigerianischen organisierten Kriminalität beleuchten. Der „Export“ der betroffenen Frauen bringt mehrfache Einnahmen ( für die nigerianische Mafia ), gesichert durch die humanitäre Hilfe ( durch Europäer ).
Seine Schlüsse aus solchem Dilemma mag nun jeder selbst ziehen.
Gruß,
Thomas Dräger, D-67098
Super Schwester Juliana Seelmann 👍
Da kommen bestimmt die Religionskritiker aus den Löchern hervor und erzählen total solidarisch was von "nicht bei Rot über die Ampel gehen gildet auch für Christen".
@Rudolf Fissner "nicht bei Rot über die Ampel gehen gildet auch für Christen"
Bin etwas spät ,aber besser als nie. ;-) :-P
"Denn was ist eine Religion wert, die nach wie vor als Identitätsmarker herhalten muss, aber in ihrer universalistischen Ethik nicht praktisch wird und werden darf? Letztlich können auch couragierte Ausnahmemenschen wie Juliana Seelmann diesen Widerspruch nicht auflösen."
Auch wenn das in Bayern teilweise immer noch anders gesehen wird,ist Deutschland ein säkularer Staat in dem die staatliche Rechtsordnung gilt und nicht die Bibel,soweit es um "weltliche" Angelegenheiten geht. Kein Gläubiger kann Straffreiheit erwarten für Handlungen ,die zwar durch seine Religion gerechtfertigt sind ,aber nicht durch das Strafrecht.
Christen müssen sich immer wieder Glaubensprüfungen stellen. Und was wäre eine echte Prüfung wenn es nicht für jede der möglichen Entscheidungen Konsequenzen gäbe?
Ansonsten hat die Bibel aber auch noch andere Lösungen parat:
Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist!(de.wikipedia.org/w...s_des_Kaisers_ist)
Schön wie im Kommentarbereich wieder die Keule gegen die CSU und die Bayern geschwungen wird. Auch und speziell die Bayern haben in der Flüchtlingskrise einen gutes Stück arbeitet geleistet - aber das wird natürlich gekonnt ignoriert.
Im Übrigen habe ich volles Vertrauen in unsere Gerichte. Sollte die Schwester nicht rechtmäßig gehandelt haben, dann muss sie auch die Konsequenzen tragen.
Der C-Katholizismus macht es in Bayern von jeher einfach:
'Hast Du gesündigt, so gehe hin und beichte. Hast Du gebeichtet und bereut, so gehe denn hin und sündige fürderhin!' Der Beichtstuhl ist stets bereitwillig geöffnet. Und wehe dem, der seinen Glauben ernst nimmt...
's war immer so, ja immer so...
@noevil richtig heißt natürlich das Zitat "und sündige fürderhin nicht mehr"...
Aber es stimmt, wer seinen Glauben ernst nimmt, muss in Bayern mit Sanktionen rechnen, zumindest, wenn es um die Menschenrechte und die Menschenwürde von Geflüchteten geht. Ich hoffe, das Gericht ist unabhängig genug, die Schwester freizusprechen
@benwolf Wäre das Gericht unabhängig, so hätte es die Klage erst gar nicht zugelassen.....
@benwolf Das hörte sich zwar nach einem Zitat an, war aber nicht als solches gemeint. Gemeint hatte ich die seit Jahrhunderten üblichen Verhaltensweisen, mit denen nicht nur, aber auch der Klerus, mit den Herrschenden küngelten und sich salbungsvoll von ihren Fehlverhalten "befreien ließen".
@benwolf Meine Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Sie ist bestraft worden, zwar milde, aber doch...
In Deutschland sind Staat und Kirche getrennt und das ist gut so. Wenn es gewünscht es, daß die Kirche dazwischen noch ihre eigenen moralischen Vorstellungen von Recht und Gesetz einbringen darf, so mögen die Befürworter dieser Praxis dann auch Beifall klatschen, wenn die Kirche ihre Vorstellungen zum Thema Abtreibung durchsetzen möchte.
@Puky Hä...."die Kirche" ist hier nicht Thema...eine "Schwester" ist angeklagt.
Aber ansonsten versucht die Kirche durchaus, ihre eigenen moralischen Vorstellungen in "Recht und Gesetz"- schliessen sich theor. ggs. aus- durchzusetzen, nicht nur beim Thema Abtreibung, auch beim Thema "sex. Missbrauch"! Bis vor Kurzem galt noch die kirchl. Autonomie in Sachen "Missbr. von Schutzbefohlenen" und mancher "bayr." Staatsanwalt setzt auch weiterhin darauf und lässt eher "nicht ermitteln".
@Adnan Adana Natürlich geht es um die Kirche, denn das Thema ist hier Kirchenasyl, welches mit den ev. und kath. Kirchen ausgehandelt wurde. Und nur weil die Kirche auch auf anderen Gebieten versucht Einfluss auszuüben, relativiert sich dieses Vergehen nicht.
Es hat schon einen Grund, weshalb Deutschland keinen europäischen Haftbefehl ausstellen darf. Das dürfen nur Rechtsstaaten und nicht solche mit politischer Staatsanwaltschaft.
Widerlich. Und das in einem Land, in dem der aktuelle Ministerpräsident überall Kreuze aufhängen wollte.
Wird Zeit, dass sich die christlichen Kirchen klar und knackig von diesen (nein, ich sag's nicht) distanziert. Katholiken haben ja die Exkommunikation als ultima Ratio.
@tomás zerolo Das ist nicht zu Ende gedacht: Söder hat nur nicht gesagt, wen er an diese Kreuze hängen will. Der Artikel gibt einen Hinweis.
@tomás zerolo Im CSU geprägten Bayern ist die Heuchelei schon längst Politdoktrin.
"Es kommt für jeden der Augenblick der Wahl und der Entscheidung: Ob er sein eigenes Leben führen will, ein höchst perönliches Leben in tiefster Fülle, oder ob er sich zu jenem falschen, seichten, erniedrigenden Dasein entschließen soll, das die Heuchelei der Welt von ihm begehrt" (Oscar Wilde).
wofür steht noch das "C" mit dem sich einige Parteien schmücken und eine der Volksparteien gibt sogar einer Werteunion einen Heimat in ihrer Mitte? Christlich handeln steht aber trotz des schmückenden Beiwerks nicht auf der Agenda.
Armes Deutschland!
@Klabautermann Mit dem 'C' im Parteinamen kann man sich leichter wählen lassen. Das war schon so, seit es diese Parteien gibt und viele katholische Priester in ihren Predigten von der Kanzel herunter den eingeschüchterten Schäfchen die Hölle androhten, so sie nicht die Partei mit dem 'C' wählten. Inzwischen ist wenigstens das zum Tabu erklärt worden, scheint aber offenbar immer noch recht vielen dieser Schäfchen in den Knochen zu stecken. (Ausnahmen für die gehobene, nicht mittellose Klientel waren seit langer Zeit gängige Regel.) Gar, wenn wie jüngst geschehen, der Herr Ministerpräsident auch noch selbst beim Kreuzaufhängen in den Amtsstuben mit Hand anlegte.
Das überzeugt doch ungemein. Da weiß der gut christliche Mensch gleich, wohin er bei der nächsten Wahl artig sein Kreuzchen zu setzen hat..
Bei der Friedensdemo im Berliner Tiergarten ist BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht die Umjubelte – ganz im Gegensatz zu SPD-Mann Ralf Stegner.
Prozess gegen Ordensschwester: Christlich handeln
In Würzburg steht eine Ordensschwester vor Gericht, weil sie Flüchtlinge versteckte. Deutschland lehnte den Asylantrag der beiden Nigerianerinnen ab.
Immer wieder kommt es zu Entführungen in Nigeria. Hier warten Eltern auf Nachricht von ihren Kindern Foto: Mustapha Gimba/ap
Obdachlosigkeit und Vergewaltigung trieben die beiden nigerianischen Frauen Mitte 20 auf die schwierige Flucht nach Europa. Doch in der Staatenunion, von der sie sich ein besseres Leben versprachen, wartete nur noch mehr Gewalt. In Italien wurden sie unter brutalen Umständen zur Prostitution gezwungen. Sie schlugen sich durch nach Deutschland, wo ihre Asylanträge abgelehnt wurden.
„Ich war hungrig, ihr gabt mir zu essen; ich war durstig, ihr gabt mir Wasser; ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt, ihr habt mich gekleidet; ich war krank, ihr habt mich gepflegt; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen. … alles, was ihr für eines meiner geringsten Geschwister getan habt, habt ihr für mich getan.“
Geht es nach diesen Worten Jesu, hat Schwester Juliana Seelmann alles richtig gemacht, als sie die beiden jungen Frauen aus Nigeria in ihrem fränkischen Kloster aufnahm. Doch die Staatsanwaltschaft in Unterfranken sieht das anders. Am Mittwoch steht die 38-jährige Franziskanerin in Würzburg vor Gericht. Der Vorwurf: „Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt“.
Dabei hatte sich Seelmann an die strengen Regeln gehalten, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 2015 mit der evangelischen und katholischen Kirche in Bezug auf das Kirchenasyl aushandelte. Seelmanns Ziel: die erneute Überprüfung dieser Härtefälle, in denen eine Abschiebung ins Ankunftsland nach dem Dublin-Abkommen unzumutbar gewesen wäre. „Ich konnte nicht anders“, sagte Seelmann kürzlich dem Bayerischen Rundfunk.
In keinem anderen Bundesland werden Kirchenasyl-Fälle so restriktiv verfolgt wie in Bayern. In den letzten Monaten mussten sich auch der evangelische Pfarrer Ulrich Gampert, die Benediktinerschwester Mechthild Thürmer und der Mönch Abraham Sauer deswegen vor Gericht verantworten. Diese frommen Menschen gehen in Konflikt mit dem Gesetz, um in Einzelfällen zu helfen. Sie weisen mit ihrer Konsequenz aber auch auf den andauernden Widerspruch zwischen Werten und Wirklichkeit hin – in Bayern und Europa.
Denn was ist eine Religion wert, die nach wie vor als Identitätsmarker herhalten muss, aber in ihrer universalistischen Ethik nicht praktisch wird und werden darf? Letztlich können auch couragierte Ausnahmemenschen wie Juliana Seelmann diesen Widerspruch nicht auflösen.
Die Bayer*innen und Europäer*innen müssen Mehrheiten aktivieren und damit Regierungen wählen, die tatsächlich für die Menschenrechte eintreten und das C nicht bloß im Namen tragen. Ob in Franken, Italien oder in Nigeria: „Jede*r hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“ Das Recht auf Asyl für bedrohte Menschen gehört auch dazu.
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Kommentar von
Stefan Hunglinger
Autor*in
Redakteur im Politik-Team der wochentaz. Schreibt öfter mal zu Themen queer durch die Kirchenbank. Macht auch Radio. Studium der Religions- und Kulturwissenschaft, Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule. Mehr auf stefan-hunglinger.de
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