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Protest gegen Weidel-BesuchNebelkerzen gegen Trillerpfeifen

Am Samstag spricht AfD-Chefin Alice Weidel in der baden-württembergischen Mittelstadt. Dort wird sie von rund 1.500 Demonstranten ausgebremst.

Alice Weidel bekommt den Gegenwind der demokratischen Zivilgesellschaft zu spüren Foto: Thomas Frey/dpa

taz | BRETTEN Am Schluss hat Alice Weidel dann doch nach Bretten gefunden. Auf X, ehemals Twitter, hatte sie zuvor irrtümlich verkündet, am Samstagabend im 25 Kilometer entfernten Karlsruhe aufzutreten. Als sie dann im dunkelblauen Hosenanzug und weißen Sneakern mit halbstündiger Verspätung in einer spröden Mehrzweckhalle in der baden-württembergischen Mittelstadt auf die Bühne tritt, ist die Begeisterung bei den 400 Parteigängern groß. Draußen stehen noch einmal so viele, die es nicht mehr in die volle Halle geschafft haben. Sie stehen, nur von Barrieren getrennt, den etwa 1.500 Demonstrierenden gegenüber, die ihnen „Ganz Bretten hasst die AfD“ entgegenrufen.

Die SPD hatte mit einem breiten Bündnis zur Mahnwache gegen rechts aufgerufen, die dann ziemlich laut ausfällt. Während Weidels Rede bilden die Sprechchöre und Trillerpfeifen von draußen gut vernehmbar bis in die Halle die Kulisse. Über die Demonstranten sagt Weidel verächtlich: Deutschland marschiere wieder im Gleichschritt. „Alle dort auf der Straße sind verhext von einer üblen Medienkampagne.“

Es ist einer der ersten Auftritte Weidels seit dem Potsdamer Treffen von unter anderem AfD-Mitgliedern mit dem Rechtsextremisten Martin Sellner. Und in dieser Wagenburgstimmung braucht es nicht viel, um die eigenen Anhänger in der Halle in Begeisterung zu versetzen. Sie liefert ein Destillat ihrer Bundestagsrede aus der vergangenen Woche, wiederholt unter großem Applaus den Satz, die Ampelregierung hasse Deutschland, und vergleicht die Recherchemethoden der Investigativreporter von Correctiv erneut mit der Stasi.

Ungewohnt ist Weidels gönnerhaftes Bekenntnis zur Einwanderung. „Jeder, der sich positiv in die Gesellschaft einbringt, ist selbstverständlich willkommen“, sagt sie. Auch Menschen mit deutschem Pass und Migrationshintergrund würden unter unkontrollierter Einwanderung leiden. Applaus erhält sie dafür keinen in der Halle. Offenbar versteht auch ihr Publikum ihre Bemerkungen als bloße politische Nebelkerzen, die von den Remigrationsfantasien der Partei ablenken und den Diskussionen über ein Parteiverbot kein neues Futter geben sollen.

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Weidels Logik: Staat nein, Subventionen ja

Genauer hinhören sollten die vielen Rentner und mutmaßlichen Sozialleistungsempfänger in der Halle beim Wirtschaftsprogramm der AfD-Vorsitzenden. Unternehmenssteuern müssten gesenkt werden und Spitzenverdiener geringer belastet. „Indem der Bürger in Grund und Boden besteuert wird, macht man ihn zu einem Vasallen“, sagt sie. „Wir brauchen weniger Staat.“ Ein merkwürdiger Kontrapunkt gegenüber ihrer scharfen Kritik, die staatlichen Dieselsubventionen bei Bauern trotz der Proteste zu kürzen.

Elke Müller, 75, sitzt still im Publikum. Sie hatte sich früh angestellt, um Alice Weidel zum ersten Mal zu hören. Ukraine-Geflüchtete durften bei ihr kostenlos wohnen, sie kenne auch andere Flüchtlingsfamilien. Die frühere OP-Schwester klagt über ihre geringe Rente nach 45 Jahren Arbeit und dass angeblich so viel Steuergelder ins Ausland gehen. Auch dass Ukraine-Geflüchtete Geld bekommen, ohne dafür arbeiten zu müssen, findet sie ungerecht.

Deshalb wählt sie schon lange AfD und ist auch seit zwei Jahren Parteimitglied. Sie zeigt ihren Mitgliedsausweis. Sie wisse nicht, warum die Leute da draußen Angst vor der AfD hätten, sagt Müller. Beim Potsdamer Treffen seien doch auch CDU-Mitglieder dabei gewesen. Alice Weidel habe ihr gefallen, sagt sie. Was wird für sie denn besser, wenn Alice Weidel einmal regieren sollte? Elke Müller antwortet entschieden: „Ich will doch nicht, dass die AfD regiert. Die sollen nur der Regierung Feuer machen“.

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24 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Wer sich jemals mit einem Faschisten auseinander setzen musste, hat vielleicht die gleiche Erfahrung wie ich gemacht. Auf dem Metroparkplatz in Düsseldorf ging ich dazwischen, als ein AfDler eine Farbige in einem Schweizer (Berner Zulassung) Fahrzeug anpöbelte. Das führte dann bei mir zu erhöhter Lautstärke, weil man Strunzdoofen einfach nicht mit Argumenten kommen kann, weil sie diese nicht/ niemals verstehen (können).

    Von daher ist mir alles recht, was sich gegen die Faschisten wendet. Nie wieder ist jetzt und wichtig!

  • „Ganz Bretten hasst die AfD“



    1) Hass als Botschaft finde ich immer falsch, schlimm genug dass die AfD dies tut.



    2) Dies ist eine "Du" Botschaft, die bei jedem AfD Wähler automatisch eine Abwehrreaktion auslöst.



    "Eure Denken tut mir weh" ist eine "Ich" Botschaft, sie greift den Gegner nicht an, sondern ruft nach einer Begründung.



    Ich meine man sollte Hass nie mit Hass beantworten. Aber vielleicht denke ich auch zu "romantisch".

    • @Rudi Hamm:

      Nein, da hast du zu 100% recht!

      Diesen Spruch finde ich auch in zweierlei Hinsicht problematisch.

  • Mannomann, Frau Müller! Sie wählen AfD, weil ihre Rente nach 45 Jahren harter Arbeit als OP-Schwester so gering ist? Und weil Ukraine-Flüchtlinge finanzielle Unterstützung bekommen, ohne dafür zu arbeiten? Wollen aber im Grunde gar nicht, dass die AfD regiert, sondern nur der Regierung Feuer macht?



    SIE spielen mit dem Feuer, Frau Müller!

  • "Und in dieser Wagenburgstimmung braucht es nicht viel, um die eigenen Anhänger in der Halle in Begeisterung zu versetzen."

    Wie ich sagte: die Demos sind lieb gemeint, aber sie überzeugen keinen AfD Wähler eines Besseren und verhärten die Fronten. Man muss die noch erreichbaren AfD Wähler mit Argumenten erreichen. Aber das ist bei der derzeitigen Regierung echt schwer.

    • @Jalella:

      Die Fronten verhärten weil bei den Rechten auf Kritik Hass folgt. Argumente werden ignoriert und es wird lauthals gelogen und gehetzt. Jeder weiß wofür die AFD steht. Die Leute haben ihre Endscheidung getroffen. Da müssen Demokraten lauter werden.

  • Da kann man nicht umhin auch eine gewisse Schadenfreude zu empfinden. Alles was für die AfD unangenehm ist, lässt mein Herz höher schlagen! Danke an die Brettener :)

  • Ich möchte Elke Müller gern schütteln - Beine machen kann man auch, indem mal sich positiv engagiert.

    Ich habe mir bei der hiesigen Kundgebung die auf Alice Weidel wartenden Bürger:innen gut ansehen können in all ihrer Pracht. Eine Mischung aus den altgewordenen Neonazis der 90er, herangekarrten identitären Jungschnöseln und -schnöselienchens sowie bräsigen Dumpfbürger:innen und drei demonstrierenden Landwirt:innen, die behaupteten, dass nur die AfD sie anhören würde (was gelogen ist, aber nu ja...), nebendran eine Handvoll Querdenkerüberbleibsel, die sich nicht entblödeten, ihr Plakat mit "FriedenschaffenohneWaffen" auf Naziseite aufzustellen.



    Nein, mit denen muss man nicht mehr reden, die behaupten, die AfD sei demokratisch und ne normale Partei und sie stehen mit Typen am Eingang, die schon vor über 30 Jahren den rechten Arm hoben.

    Frau Weidel war auch bei uns in der Stadt, kam viel zu spät und von einem sogenannten "Bürgerdialog" der AfD konnte wohl keine Rede sein.

    Auf der anderen Seite Tausende von links bis konservativen, darunter quasi alle, die hier _wirklich_ was tun im Positiven, die realistische Lösungen suchen, Konsense finde, sich streiten und Kompromisse schließen und nicht bloß motzen und rumnölen. Ich hoffe, es bleibt so und bei der nächsten Kommunalwahl sind die drei AfD-Männer wieder raus ausm Kreistag.

  • Die meisten Blaunäugigen wollen wohl nicht Weigel, Höcke und den Anstreicher aus dem Osten. Sie wollen nur nicht weiter Olaf und Gedäh und träumen von irgendwas mit mehr für alle.

    • @vieldenker:

      „… und träumen von irgendwas mit mehr für alle.“



      Nee, die träumen vor allem von mehr für sich und vielleicht noch für ihresgleichen.

  • Die AfD macht nicht Feuer, sie zündelt damit und macht ... heiße Luft.



    Zeit für den Themenwechsel: wie geht es der Umwelt eigentlich so?

  • Am Freitag war Fr. Weidel in Simmern im Hunsrück, auch zu spät und hat da ihr Gift versprüht. Es waren aber auch 3000 Hunsrücker da und haben lautstark gefordert, dass sie wieder verschwinden soll. War richtig gut...

  • Soll eigentlich auch Alice Weidels Frau "nach Hause" geschickt werden?



    Könnte man sie das mal fragen?

    Und überhaupt - wenn man als Immigrant in der Schweiz lebt, wie geht es einem dabei wenn man Christoph Blocher zuhört?

    • @Tz-B:

      Ich denke nicht, daß die AfD Schweizer als Migranten sieht...^^

  • Bezüglich "Re"-Migration:



    "Wagenburgstimmung" - muss das nicht



    Wagenknechtstimmung heißen?

  • Wenn mich jemand, der deutsch lernt, fragen würde, was das Wort Gehässigkeit bedeutet, würde ich ihm eine Aufzeichnung einer Rede Weidels zeigen.

    Allein schon, dass sie diese eiskalte, hasserfüllte Frau gut finden, sagt viel über die Anhänger der AfD aus.

  • Machen wir uns doch nichts vor: Die AfD wird gewählt, weil wir in der Tat sehr schlecht regiert werden. Davon profitiert vor allem die AfD. Die CDU ist doch als Opposition ein Totalausfall.



    Fazit: Bessere Politik = weniger AfD

    • @Frankenjunge:

      Ich finde nicht, dass wir schlecht regiert werden. Einzelne Figuren dort performen mau (Oh oh der Scholz und Fähnchen-Wechsler Lindi), aber andere haben die Ärmel hochgekrempelt und klotzen ran. Habeck z. Beispiel.

    • @Frankenjunge:

      Als wir noch "gut" regiert wurden, hat es trotzdem bei der AfD für den Bundestag gereicht. Auf gut neudeutsch: How comes??

      • @Erfahrungssammler:

        Richtig. Aber eben keine 20%! Wenn gut regieren, dann wie gehabt 10% bedeutet, dann her damit!

  • „Ganz Bretten hasst die AfD“



    gegen



    „In Bretten ist kein Platz für Hass und Hetze“

    • @Wes:

      Nazis mit Liebe zu bekämpfen funktioniert nicht. Ein Nazi-System kommuniziert nicht über Empathie und Menschlichkeit, es versteht aber Sanktion und soziale Kontrolle.

  • Ein Punkt ist, wenn "ganz Bretten" oder jede andere Stadt die AfD hasst, wieso geben dann so viele ihre Stimmen der verhassten Partei?



    Das gehört zu den Dingen, die mich an den ansonsten sehr begrüßenswerten Demos stören: Klar, ich war auch wiederholt da, weil es mir vor allem um ein FÜR geht: Für Demokratie, Vielfalt und Toleranz. Natürlich dementsprechend auch gegen Anti-Demokrat*innen, Rechtsextremismus etc. Trotzdem scheint es mir im Gesamtbild fast schon ironisch, auf einem Plakat "Ganz Deutschland hasst die AfD" zu lesen und auf dem nächsten "Hass macht hässlich" oder so...



    Das zweite ist die zitierte Elke Müller. Möglicherweise ist das ja tatsächlich für viele ein Antrieb, die AfD zu wählen. Hat jemand mal so eine Frau Müller gefragt, wie sie damit leben könnte, wenn sie einer Frau Weidel 'versehentlich' zum Amt der Bundeskanzlerin verholfen hätte?

    • @HopeDrone:

      Zumindest scheint die AfD die Bundesregierung ziemlich unter Handlungsdruck zu setzen, wie man m. Mng. nach an der plötzlich bundesweit bis zum Sommer geplanten Einführung der Bezahlkarte sehen kann.



      Vielleicht meinte Frau Elke Müller diesen Effekt?