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Pro & Contra deutsche FlüchtlingspolitikWeiß sie, was sie tut?

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann und Martin Reeh

Erst pocht Merkel auf Solidarität mit Flüchtlingen, dann gibt es plötzlich wieder Grenzkontrollen. Ziemlich verwirrend.

Was denn nun? Mal sollen Soldaten Notunterkünfte aufbauen, mal die Polizei beim Grenzschutz unterstützen. Foto: dpa

JA!

D er Zickzack war richtig: Erst hat Kanzlerin Merkel die deutschen Grenzen geöffnet – um sie Sonntag vorübergehend wieder zu schließen. Dieses Hin und Her ist ehrlich. Merkel gesteht ein, dass es in der Flüchtlingsfrage keine fertigen Lösungen gibt.

Kritiker wenden ein: Was soll das? Man wusste doch vorher, dass Deutschland nicht alle Flüchtlinge aufnehmen kann. Aber dies unterschätzt die symbolische Macht der Merkel-Aktionen. Der Kanzlerin ist es gelungen, den Diskurs in Deutschland und Europa zu verschieben.

Dieser symbolische Wandel findet dreifach statt. Erstens: Indem Merkel die Grenzen öffnete, hat Deutschland anerkannt, dass sich eine humanitäre Katastrophe abspielt, die beispiellose Maßnahmen verlangt. Bis dahin hatte man an der Fiktion festgehalten, die verzweifelten Syrer ließen sich zurückdrängen.

Zweitens: Bevor Merkel die Grenzen öffnete, wurde jeder einzelne Flüchtling als Bürde definiert. Als pro Tag 12.000 Flüchtlinge in München eintrafen, verschoben sich die Maßstäbe. Sosehr die Bayern klagen: Die eigentliche Nachricht ist, dass die deutsche Gesellschaft große Flüchtlingsströme bewältigt, wenn von der Bahn bis zur Bundesregierung alle zusammenarbeiten.

Drittens: Als größtes Land musste Deutschland vorangehen, wenn es zu einem Wandel in der europäischen Flüchtlingspolitik kommen sollte.

Trotzdem ist es richtig, die Grenzen vorübergehend wieder zu schließen. Deutschland kann zwar viel mehr Flüchtlinge aufnehmen, als Konservative meinen. Aber das Land wäre überfordert, wenn die Grenzen unkontrolliert offen blieben.

Dennoch bleiben die zwei Wochen Grenzfreiheit nicht folgenlos. So hatten viele Bundesbürger bisher kein Verständnis, dass man Milliarden an die UNO überweisen müsste, damit sie die Flüchtlinge vor Ort im Nahen Osten unterstützt. Doch jetzt ist vielen klar, dass die Flüchtlinge zu uns kommen, wenn wir ihnen nicht vor Ort helfen. (Ulrike Herrmann)

NEIN!

Angela Merkel gilt hierzulande als gute Taktikerin. Aber das ist nur möglich, weil die Deutschen den außenpolitischen Schaden, den sie anrichtet, nicht wahrnehmen. Das betrifft die Ukraine-Frage ebenso wie die Eurokrise, die erst EZB-Chef Mario Draghi gegen den deutschen Starrsinn beendete. Merkel sieht Krisen nicht kommen, und wenn sie kommen, entscheidet sie falsch.

Das ist in der Flüchtlingskrise nicht anders. Die UN klagt seit Langem über die Unterfinanzierung der Flüchtlingslager für Syrer im Nahen Osten. Gehandelt hat Merkel aber erst, als die Flüchtlinge vor der deutschen Haustür standen: auf dem Bahnhof in Budapest. Und dann unilateral beschlossen, alle aufzunehmen.

So menschlich richtig die Entscheidung ist, war sie politisch fatal, weil sie nicht hinreichend als Ausnahme kommuniziert wurde. Noch am Freitag bekannte die Kanzlerin, das Asylrecht kenne keine Obergrenzen bei der Aufnahme.

Den Syrern kann man keinen Vorwurf machen, dass sie dies als Signal verstehen, nach Deutschland zu kommen. Vielleicht kann Deutschland 500.000 von ihnen im Jahr aufnehmen, vielleicht mehr. Aber es ist keine Lösung, sämtliche syrischen Flüchtlinge aus der Türkei, Jordanien und dem Libanon nach Deutschland zu verlagern.

Wer das versucht, destabilisiert die sozialen Sicherungssysteme. Und er tut den Flüchtlingen keinen Gefallen, weil es unmöglich ist, genügend Jobs für sie zu schaffen. Wie immer debattiert Merkel aber nicht, sondern setzt auf Beschwichtigungsparolen: „Wir schaffen das.“

Ihre Entscheidungen in der Flüchtlingsfrage sind Merkels erster großer innenpolitischer Fehler. Wie seinerzeit Draghi in der Eurofrage hat nun Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) mit der Aussetzung von Schengen sie vorerst davor bewahrt, an der Krise zu scheitern. Aber es muss beunruhigen, dass die Kanzlerin in schweren Krisen auf Idealismus statt Realpolitik setzt. (Martin Reeh)

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
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28 Kommentare

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  • Als unsere Bundeskanzlerin, Frau Merkel vor einigen Tagen über die Achtung und Schutz der Menschenwürde der Flüchtlinge sowie jedes einzelnen Menschen in unserem Land sprach, so sprach sie historische Worte. Denn die Achtung und Schutz der Menschenwürde jedes einzelnen Menschen in Deutschland wird jeden Menschen glücklich machen, der noch unglücklich ist. Und das wird jeden noch glücklicher machen, der bereits glücklich ist. Hilfe für Flüchtlinge und Schutz von Flüchtlingen wird in unserem Land für mehr Zusammenhalt unter unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen sorgen.

     

    Das die Grenze vorübergehend geschlossen wurde, zeigt nur, dass die Anteilnahme weiterer Länder aus der Europäischen Union zwingend erforderlich ist. Es müssen Gespräche und Abstimmungen unter Stadschefs der EU geführt werden. Dafür ist die Union da, um die gemeinsame Probleme gemeinsam zu lösen.

     

    Das Flüchtlingsproblem oder, richtiger genannt, das Problem, dass Menschen verfolgt werden und fliehen müssen, betrifft die ganze Europäische Union.

     

    Wie es schon im wichtigsten Vertrag der EU vereinbart wurde:

     

    Die Völker Europas sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche Zukunft zu

    teilen, indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden. In dem Bewusstsein ihres geistig-religiosen und sittlichen Erbes gr ̧ndet sich die Union auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität.

    Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie stellt die Person in den Mittelpunkt ihres Handelns, indem sie dieUnionsb ürgerschaft und einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts begründet.

  • Alles Gute kommt von oben.

    Ob Regen oder Sonnenschein -

    die Wettergöttin woll wir loben,

    sie sorgt für Wachsen und Gedeihn.

     

    Zwar wirft sie auch mal Nebelkerzen,

    doch das gehört zu ihrer Pflicht.

    Bei Frost erwärmt sie unsre Herzen

    und böse sein kann man ihr nicht.

     

    Sie kann das Wetter so schnell wenden,

    dass Mensch denkt: „Die hat keinen Plan!“;

    doch sie lässt alles happy enden,

    das ist das Schreckliche daran.

     

    Nun mag wohl mancher Leser denken,

    dass es auch schlechtes Wetter gibt.

    Sie könnte Sturm und Hagel senden,

    warum ist sie nur so beliebt?

     

    Doch Hurrikane und Zyklone,

    auch Blizzard, Kälte, Eis und Schnee,

    die überlässt sie gern zum Lohne

    und gönnerhaft der SPD.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Musste bei der Frage schmunzeln, denn sie eröffnet einen interessanten Kontext mit vielen Anknüpfungspunkten. Ihr hättet locker acht verschiedene Antworten zu und zwischen den Ja/Neins versammeln können.

     

    Ich halte Merkel und den Merkelismus für stark beratungsabhängig. Meiner Einschätzung nach hat sie wenig Ahnung über internationale Politiken oder globalstrukturelle Zusammenhänge. Und das ist der zweite Aspekt der Raute, neben dem der Beobachtung von Entwicklungen. Mag man das als Taktik betrachten, als Strategie geht es nicht durch. Merkel sieht nichts und sah nie etwas kommen. Sie betrachtet sich die parteipolitischen Entwicklungslinien und die Stimmungen in der Bevölkerung zu den Stimmungsthemen. Darum die Wendemanöver, sie ist durchaus eine Populistin ersten Ranges, mag sie noch so leise agieren und maßvoll regieren. Diese Wahrnehmungen über sie kommen auch daher, dass sie starke Anker wie Schäuble und de Maizière hat, die dem Sturm trotzen können. Darum ist es auch so flach, wenn Medien oder die Linke immer gegen Merkel selbst bolzen. Das eben verkennt gerade den Merkelismus als systemische Strategie. Wahrscheinlich wären Schachspieler mit ihrer Kompetenz der komplexen Feldanalysen und Entwicklungsprognosen heute die besseren Politjournalisten.

    • @24636 (Profil gelöscht):

      Welche Medien "bolzen" gegen Merkel?

       

      Mir sind keine bekannt!

  • Nein, Merkel hat nicht den Diskurs verändert. Der Diskurs wurde durch erschütternde Bilder verändert: ein Kleintransporter auf dem Standstreifen der Autobahn am Rande von Wien und ein kleiner Junge, der friedlich, aber tot im Sand am Strand einer europäischen Insel liegt.

     

    Seitdem läuft Merkel diesen (und vielen anderen) Bildern hinterher, versucht sie einzufangen und in ihrem Sinne zu nutzen. Und dafür holt sie wie üblich weit aus, inszeniert sich einerseits im weit über den Realitäten schwebenden Ton als den Menschenrechten verpflichtete Staatsfrau und überlässt andererseits die Drecksarbeit denen, mit denen sie sich nicht in der Öffentlichkeit zeigt, mit denen sie jedoch tagtäglich konferiert.

     

    Aber auch wenn Merkel die Getriebene ist, so erfüllt sich doch im Getriebensein ihr Politikverständnis. Denn im mal mehr und mal weniger gehetzten Verwalten und Manipulieren von scheinbar naturgewaltigen Krisen kann sie sich nun wieder als Machtmensch in der neoliberaler Kunst beweisen, diese für die Umverteilung von Reichtum und Macht von unten nach oben und vom Süden zum Norden zu nutzen.

  • Das Dilemma : beide Positionen haben gegeneinander recht .

    Der Zustrom von Millionen Flüchtlingen in die EU-Länder ist auf der Basis kapitalistischer Wirtschaftsgesellschaft nicht zu bewältigen , ohne dass es sonst noch schneller mit ihr bergab gehen würde . Der Kapitalismus geht weltweit auf Krücken : Fehlendes Wachstum , Überkapazitäten (bezogen auf kaufkräftige Nachfrage) , hohe Arbeitslosigkeit , weiter zunehmende Verschuldung .

  • 1.) Mit Geld lässt sich das "Problem" sicher nicht lösen. Allenfalls wir gäben es für humanitäre Hilfe in den betroffenen Gebieten aus.

    2.) Frau Merkel kann keine "Jobs schaffen". Es wäre schön, wenn das auch bei der klassishcen Linken mal akzeptiert würde. Jeden Job den Merkel schafft, ist ein Steuergeldfinanzierter. Da wäre es, um in der Geldnomenklatur zu bleiben billiger jedem vorbehaltlos ein halbes Gehalt eines durchschnittlichen Staatsdieners zu überweisen.

    3.) Außerdem bin ich der Meinung, dass derzeit viel zu viel "politisch" argumentiert wird als inhaltlich. Man könnte schon fast sagen opportunistisch!

    • @Tom Farmer:

      1.) Geld kann immer helfen. In Schland und sonstwo.

      2.) Merkel muß nur eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich durchsetzen. Schon haben wir mehr Jobs.

      3.) Politik ist Inhalt.

  • Da ist Herrn Reeh aber einiges durcheinander geraten: Die Grenzkontrollen hat Merkels Mann für Abschottung, Thomas de Maizière, eingeführt, der Mann, der auch als treibende Kraft hinter der Frontex Alibimission Triton steckt. Der Seehofer Horst ist stattdessen der, der sich nicht entblödet hat, ausgerechnet den ungarischen Retter des christlichen Abendlandes Orban einzuladen und der damit den rechten Populisten um AFD und Frauke Petri ein weiteres Mal den Boden bereitet, der Hilfsbereitschaft in Deutschland in den Rücken zu fallen. Allerdings gleichen sich der Bayer und Orban tatsächlich in einem Punkt: Ihr christlicher Eifer hat sie beim Lesen der Bibel noch nicht bis zum Neuen Testament vordringen lassen. Wie auch, wenn Sie uns doch ständig vor muslimischen Horden verteidigen müssen. Nur: Aus der Nähe betrachtet, sehen diese wie Menschen aus!

  • "....unter Verlagerung einiger Haushaltsposten sowie Heranziehung von Steuermitteln derjeniger, die es verschmerzen können, durchaus die auf uns zukommenden Belastungen stemmen können."

     

    Und was träumen Sie sonst so? Sie glauben doch nicht im Ernst, dass sich die hohen Einkommensschichten das Gald aus der Tasche ziehen lassen. Eher wird wieder die Mittelschicht und die unteren Einkommenklassen herangezogen werden!

    • @Jan :

      Shr richtig.

      Schäuble will ein Sparpaket schnüren,

      gleichzeitig steht die "horrende" Erhöhung der Hartz IV-Sätze um 5€ vor der abstimmung.

      Wenn da mal nicht gleich zu erkennen ist,wo ein Teil des Sparpaketes herkommt.

      Wenn dann noch Flaschenpfand erhöht wird,kann man gleich noch die Renten kürzen,

      denn viele Rentner müssen eh schon Pfandflaschen sammeln,um über die Runden zu kommen.

      Die Stromsteuer könnte man auch erhöhen und würde damit auch wieder den "kleinen Mann" treffen,der sich keine Stromsparer leisten kann,.....

      Da die Ärmsten im Lande eh keine Lobby haben,kann man die doch weiter rupfen.Oder sollen Arbeitslose streiken???Wäre auch in Schäubles Sinne,könnte man doch Sanktionen verhängen und wieder Geld sparen.

  • Bitte, was?

     

    Jetzt wird SOGAR der AHNUNGSLOSIGKEIT (wo jeder Zeitungsleser seit Jahren um das Problem weiß),

     

    der NAIVITÄT (ne, neben push-Faktoren gibt es tatsächlich auch pull-Faktoren! Was? Soziale Netzwerke lassen sich für Propaganda missbrauchen, echt jetzt?)

     

    und PLANLOSIGKEIT der Politik Merkels etwas Gutes abgewonnen?!

     

    Langsam beginne ich wirklich zu verzweifeln.

     

    Ist die TAZ bereits das Presseorgan der Regierung, oder was?

    • @Hunter:

      Egal welcher Sender,welche Printmedien:

      ALLESAMT begegnen nur Leuten,die das Alles gutheissen.Ich selbst war auf diesem Planeten dieser Umfragen noch nicht.

      Lediglich auf SAT 1-TextSeite 183 habe ich mal was gesehen,

      was man als "Abstrafung" bezeichnen könnte!

  • Chapeau, Frau Herrmann, Herr Reeh ! Sehr treffende und ausgewogene Kommentare !

  • Solang die Deutschen immer mehr Kriegsgeräte und Waffen in die Kriegsregionen exportieren, werden immer mehr Menschen zu Flüchtlingen!

    Also wird der Flüchtlingsstrom niemals weniger, sondern eher immer mehr!

  • "Wer das versucht, destabilisiert die sozialen Sicherungssysteme." Da stimme ich Herrn Reh nicht zu.

     

    Zunächst wird es sicherlich unserem Finanzminister nicht leicht fallen, sich zeitweilig wieder von seiner schwarzen Null verabschieden zu müssen. Aber unter ihm wurde unser Finanzhaushalt auf so solide Beine gestellt, dass wir - ohne leichtsinnig zu werden - unter Verlagerung einiger Haushaltsposten sowie Heranziehung von Steuermitteln derjeniger, die es verschmerzen können, durchaus die auf uns zukommenden Belastungen stemmen können. Unsere sozialn Sicherungssysteme müssen nicht angetastet werden wie seinerzeit unter der Wiedervereinigung.

     

    Möge er sich nur einmal vorstellen, wie er an Frau Merkels Stelle gehandelt hätte.

     

    Wir verhalten uns gerade wie die unzähligen "Heim"-Trainer der "Mannschaft", die mäkeln und besser wissen ohne sich darüber klar zu sein, dass sie nicht alles, aber doch so manches ziemlich gut managt. Und wenn sie sich von mir einen Berater empfehlen ließe - ich würde ihr einen ihrer Minister namens Gerd Müller - ausgerechnet aus der CSU - nahe legen. Der scheint mir am ehesten als Kenner der Materie geeignet und dürfte auch wissen, wo mit einem Marshallplan die Probleme an der Wurzel zu packen sind.

     

    Ich bin ganz erstaunt über mich selbst. Wer hätte das von mir gedacht, dass ich solche Sätze von mir geben kann. Nein - ich bin kein Opportunist! Ich bin Realist!

    • @noevil:

      Wer hat Ihnen denn den Floh von unserem auch so "soliden" Finanzminister ins Ohr gesetzt?

      Schäuble ist ein Krisenproduzent und Krisengewinnler gleichzeitig. Staatspolitische Weitsicht und Verantwortung sieht nun wirklich völlig anders aus!

      Was wir mit dem Flüchtlichsdrame vor uns haben ist der Offenbarungseid des neokolonialistischen Neoliberalismus. Die Büchse der Pandora wurde weit geöffnet, mit unabsehbaren Folgen

      • @Achtsamer:

        Schauen Sie sich einfach die für Deutschland derzeit vorweisbaren Zahlen und Fakten für den Finanzhaushalt an. Jenseits aller politischen Vorbehalte, die auch ich hege, ist ein Fakt unbestreitbar, nämlich der, dass Deutschland eines der reichsten Länder der Welt ist.

        • @noevil:

          ...eines der reichsten Länder mit einem gigantischen Schuldenberg, den noch die nächsten drei Generationen nicht abstottern werden können.

           

          Die "schwarze Null" heißt doch nicht, dass Geld für zusätzliche Ausgaben da wäre! Wenn tatsächlich ein Überschuss da wäre - sollte man den nicht nutzen, die Schuldenlast und damit die enorme Zinslast, einen der größeren Posten im Bundeshaushalt, zu verringern?

           

          Auf die Gefahr, hartherzig zu klingen: Wieviele Flüchtlinge würden Sie denn gerne so hier aufnehmen? (Und wer von denen kehrt dann nach dem Krieg zurück nach Syrien, um sein Land wieder aufzubauen?) Und was kostet das? Und wer zahlt's? Und warum eigentlich? Ein Flüchtlingslager in der Türkei mag nicht komfortabel sein, aber man ist dort sicher vor Krieg und Verfolgung durch IS und Assads Truppen. Natürlich ist's in Deutschland schöner, mit mehr Perspektiven, aber das Erreichen idealer Lebensverhältnisse ist immer noch kein Menschenrecht - nicht hier, nicht in den USA und auch sonst nirgends.

           

          Leider hört man von allen Befürworten einer praktisch unbegrenzten Flüchtingsaufnahme nur selten, wie die Zuwanderung organisiert, bezahlt und in die Gesellschaft integriert werden soll. Wird schon irgendwie gehen... Erst recht hört man nichts darüber, wie wir als Gesellschaft damit in Zukunft umgehen wollen. In einer Zukunft, in der die Wirtschaft 4.0 immer weniger Arbeitnehmer brauchen wird, und von denen nur die am höchsten Qualifizierten. Schade.

  • Tut mir leid, ich sehe weder bei Merkel oder der CDU eine besondere Strategie und Taktik. Möglicherweise hat der Vorlese-Zettel von Schabowski, der am 9.11.89, mit dem Wort „unverzüglich“ Mauerfall und Wiedervereinigung auslöste, nun durch Smartphone mit Merkel-Selfie für die weltweit Beladenen eine ähnliche dynamisierende Wirkung. Überall nur blühende Gärten – für Flüchtlinge, Demographie und Arbeitsmarkt. Roland Tichy und seine Neue-Medien-Theorie dazu erscheint ziemlich plausibel http://www.rolandtichy.de/daili-es-sentials/fluechtlingskrise-vermurkst-frau-merkel/ . Ich glaube gern mit Ulrike Herrmann an die Uno, aber nicht an eine neue Gartenidylle. Wo sollen die Arbeitsplätze bei fortschreitender Digitalisierung herkommen? Was soll das Demographie-Gebrabbel? Merkel isoliert uns in der EU mit dem Euro, nun mit Schengen und Dublin. Freilich, die CSU, die sich separatistischen Überlegungen hingab, ist nun wieder – weil München und die Eisenbahnschienen dort liegen, wo sie plötzlich zur politischen Lage wurden – tatsächlich wieder im „Deutschland-Spiel“. An Syrien und die Ukraine wagt man schon gar nicht mehr zu denken …

  • Die Grenzkontrollen sind absurd. Dadurch kommen nicht weniger Flüchtlinge nach Deutschland. Indem man aber mit deutscher Gründlichkeit sich jetzt bemüht alle Flüchtlinge zu registrieren, zwingt man auch die Menschen, die nach Schweden, Finnland, Belgien,Frankreich oder in die Niederlande wollen, dazu, in Deutschland zu bleiben. Letztendlich bleiben so mehr Flüchtlinge in Deutschland, nur der Zustrom verlangsamt sich für eine kurze Zeit.

    Wieso man glaubt, andere EU-Staaten zur Aufnahme von Flüchtlingen zu bewegen, wenn man Flüchtlinge zwingt in Deutschland zu bleiben, dass bleibt das Geheimnis von Merkel und Seehofer.

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Die Frau ist Physikerin mit Doktortitel. Logisches Denken sollte ihr also vertraut sein. Sie kann Konsequenzen sehr gut abschätzen. Das lässt somit nur einen Schluss zu: die will das alles. Genau so.

     

    Oder meine Grundannahme ist falsch. Dann ist die Frau aber auch eine hundsmiserable Wissenschaftlerin.

    • @970 (Profil gelöscht):

      Sie verorten Vernunft und Logik an einem Doktortitel oder Wissenschaft ? Das habe ich mir an Dr. Goebbels, Dr. Mengele and last but not least (Dr.) Guttenberg abgewöhnt.

      • 9G
        970 (Profil gelöscht)
        @lions:

        Dr. Goebbels und Dr. Mengele waren durchaus vernunftbegabt. Zur besseren Einschätzung empfehle ich dazu Dr. Hannah Arendt.

         

        Zu Herrn Guttenberg kann man nur sagen: arglistige Täuschung. Auch er wusste genau, was er tat.

    • @970 (Profil gelöscht):

      Die indirekte Folgerung Ihres Schlusses ist allerdings auch spannend: Merkel ist nicht Nutznießerin eines ihr zufällig in die Hände gefallenen Aufschwungs, sondern das Land steht heute da wo es steht weil Merkel genau darauf abgezielt hat.

      • @Questor:

        Wenn man in völliger Realitätsverkennung einen Aufschwung voraussetzt, ja.

    • @970 (Profil gelöscht):

      echt gut!

  • 2G
    23879 (Profil gelöscht)

    Natürlich hat Herr Reeh Recht. Merkels aktionistischer Plan- und Kopflosigkeit etwas Positives abgewinnen zu wollen, ist schon reichlich skurril.