Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn: Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Die Deutsche Bahn treibt die Leute mit noch höheren Preisen auf die Autobahn. So dreht sich die grüne Verkehrswende in eine Sackgasse.
E s ist kaum zu glauben: Mitten im größten Chaos der Deutschen Bahn erhöht der Staatskonzern die Preise. Ab dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember kosten reguläre Tickets im Fernverkehr im Schnitt stolze 5,9 Prozent mehr.
Im Nahverkehr müssen Millionen Fahrgäste, die mit dem Deutschlandticket unterwegs sind, statt 49 Euro künftig 58 Euro pro Monat zahlen. Und das bei schlechten Leistungen.
Verspätungen und Zugausfälle sind die Regel, pünktliches Ankommen ist die Ausnahme. Gleichzeitig werden die Bedingungen fürs Stornieren schlechter. Es wird umso teurer, je näher der Reisetag rückt.
Angesicht der Tatsache, dass die Deutsche Bahn ihrerseits ständig kurzfristige Änderungen vornimmt und so oft Anschlüsse nicht mehr klappen, ist das der reinste Hohn.
Hohe Preise sind ein Hindernis
Schlechter werdender Service und höhere Preise – das verträgt sich nicht. Die Deutsche Bahn ist eine Aktiengesellschaft, die zu hundert Prozent dem Bund gehört. Dass die Bundesregierung diese Preispolitik in dieser Lage zulässt, ist fatal.
Generell ist Bahnfahren in Deutschland zu teuer. Die zu hohen Preise sind ein enormes Hindernis, um Leute zum Umsteigen vom Auto in den Zug zu bewegen.
Die Bahnmanager:innen und -eigentümer:innen in Gestalt der Bundesregierung treiben die Kund:innen mit noch höheren Ticketpreisen systematisch auf die Autobahn.
So stehen viele oft im Stau und dürften in der Regel eher später ankommen als mit den unpünktlichen Zügen. Denn bei allen Problemen ist die Bahn ein sicheres und zuverlässigeres Verkehrsmittel als das Auto. Aber das glaubt keine:r mehr.
Kein Wunder, dass die Laune im Flixtrain besser ist
Der Schaden für die Verkehrswende weg vom individuellen Autofahren hin zu einer klimafreundlichen Mobilität ist immens. Begrenzt werden kann das nur mit einer schnellen, deutlichen Senkung der Preise.
Wer mit dem Bahn-Konkurrenten Flixtrain unterwegs ist, staunt über die gute Laune an Bord – trotz Enge und ungemütlicher Sitze in unkomfortablen Waggons. Die Fahrgäste sehen darüber hinweg, im Bewusstsein angesichts der vergleichsweise niedrigen Ticketpreise ein Schnäppchen gemacht zu haben.
Günstiges Bahnfahren ist ein Wahlkampfthema
Das Bahnchaos wird noch etliche Zeit anhalten, denn die über Jahrzehnte verschleppten, endlich angepackten Sanierungen dauern. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (noch in der FDP) ist nicht für die marode Infrastruktur verantwortlich. Aber dafür, dass die Sanierung auf dem Rücken der Kund:innen ausgetragen wird.
Sein:e Nachfolger:in muss es besser machen. Die grüne Bundestagsfraktion hat gerade ein Strategiepapier vorgelegt, wie das aussehen könnte. Das achtseitige Papier enthält viele gute Punkte, etwa die Anbindung von mehr Städten an den Fernverkehr oder Deutschland als europäisches Nachtzugzentrum.
Aber eine Senkung der Preise gehört nicht zu den Prioritäten. Die Grünen verpassen damit wieder einmal eine Gelegenheit, für eine breite Akzeptanz wichtiger Vorhaben zu sorgen. Denn Wähler:innen, denen das Bahnfahren zu teuer ist, interessieren sich nicht für den Ausbau des Schienenverkehrs.
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