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Polizeieinsatz am Hamburger HauptbahnhofEskalierter Corona-Konflikt

Bei einem Polizeieinsatz am Standort des früheren Lampedusa-Zeltes wird ein schwarzer Mann im Schwitzkasten gehalten und verhaftet.

Mit „einfacher körperlicher Gewalt“ zu Boden gebracht: Aktivist der Lampedusa-Gruppe wird gefesselt Foto: Lampedusa in Hamburg

Hamburg taz | Das Video eines Polizeiein­satzes am Montagabend auf St. Georg wirft Fragen auf. Ein schwarzer Mann liegt auf dem Boden, umringt von zwei Polizisten und Hochbahnmitarbeitern. Der eine Beamte hält ihn im Schwitzkasten, die Beamtin fesselt ihm hinter seinem Rücken die Hände. Eine Stimme hinter der Kamera ruft aufgeregt, „Racist Control, racist Control“ und zu den Polizisten: „Do you want to kill another one?“

Das Ergebnis des Einsatzes sind laut Abimbola Odugbesan, dem Sprecher der Gruppe Lampedusa in Hamburg, vier verhaftete Männer, von denen erst drei wieder frei seien. Odugbesan war Augenzeuge und wirft der Polizei vor: „Sie hat eskaliert.“

Laut Polizeisprecher Holger Vehren wurden drei Männer in Gewahrsam genommen und nach erkennungsdienstlicher Behandlung wieder entlassen. Es lägen mehrere Strafanzeigen vor, wegen Verdachts auf Widerstand und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte sowie versuchter Gefangenenbefreiung.

Klar ist: Der Konflikt wäre ohne die Corona-Auflagen so nicht eskaliert. Er ereignete sich auf einem Platz am Steindamm, etwa 20 Minuten bevor dort die Lampedusa-Gruppe für die Wiederaufstellung ihres Zeltes eine erlaubte Kundgebung abhielt. Das Zelt war im März wegen Corona geräumt worden. Die Gruppe ist 2013 nach dem Libyen-Krieg nach Hamburg gekommen und kämpft seither für ein kollektives Asyl.

Gegen Rassismus

Zu den US-Ereignissen will die Lampedusa-Gruppe am Samstag von 15 bis 17 Uhr auf dem Rathausmarkt protestieren.

Von 14 bis 16 Uhr heißt es auf dem Jungfernstieg „Nein zu Rassismus“.

Am Freitag plant „Lampedusa“ eine Kundgebung von 15 bis 17 Uhr vorm US-Konsulat.

Laut Odugbesan kamen zwei Polizisten zu dem Mann, der später am Boden lag, und forderten ihn auf, eine Maske zu tragen. Da habe dieser gefragt, warum die Polizisten selbst keine Maske trügen. Dann hätten die Polizisten den 24-Jährigen festnehmen wollen. „Then he tried to run away“, sagt Odugbesan.

Masken zu tragen, ist in der Öffentlichkeit keine Pflicht, kann aber bei Versammlungen zur Auflage werden. Polizeisprecher Vehren spricht von einem „Verstoß gegen die Eindämmungsverordnung“. Die Polizisten hätten den jungen Mann und weitere wegen zu geringer Abstände angesprochen, es aber bei einer Ermahnung belassen.

Dieser habe sich entfernt, aber kurz danach wieder mit zwei weiteren „zu eng zusammen“ gestanden. Weshalb man für die Verfolgung der „Ordnungswidrigkeit“ die Identität der drei habe feststellen müssen. Dem habe der Mann sich zu entziehen versucht und der Aufforderung zum Stehenbleiben durch einen Schubs widersetzt. Als er weg rannte, hätten sich andere Leute den Polizisten in den Weg gestellt.

Es sei gelungen, ihn zu ergreifen. Er habe sich gegen das Festhalten gesperrt, sei mit „einfacher körperlicher Gewalt“ zu Boden gebracht worden und hätte sich weiter gesperrt, sagt der Sprecher. Andere hätten versucht, den Mann zu befreien. Einer habe den fesselnden Beamten an den Hals gegriffen und versucht, diesen nach hinten zu ziehen. Auch den habe die Polizei festgenommen und Pfefferspray eingesetzt.

Der Sprecher der Lampedusa-Gruppe sagt, die Polizei habe die Situation zugespitzt. Sie hätten es bei einer Warnung belassen und sagen können: „Wir nehmen dich mit, wenn du wiederkommst.“ Auch sollte die Polizei sich selbst an die Regeln halten und Masken tragen, wenn sie das Einhalten der Regeln verlange. Die Gruppe hat aus Anlass der Ereignisse in den USA für Freitag und für Samstag Kundgebungen angemeldet.

Polizeisprecher Vehren bleibt auf Nachfrage dabei, dass die Beamten einschritten, weil er Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten wurde. Dass Polizisten bei Bürgerkontakten Schutzmasken tragen, sei zwar wünschenswert, aber nicht Pflicht. Die sei auch immer „im Lichte der Einsatzdynamik“ zu bewerten. So erkläre sich, dass im Video nicht alle Masken tragen.

Deniz Celik, Abgeordneter der Linken, will eine Anfrage zu dem Vorfall stellen. Die Vorgeschichte sei aus dem Video nicht ersichtlich, „aber schon dass ein schwarzer Mensch auf dem Boden liegt und von Polizisten in den Schwitzkasten genommen wird, ist ein fatales Bild“. Gerade nach der Tötung von George Floyd durch einen Polizisten in den USA müsste sich die Polizei hierzulande sensibilisiert zeigen. „Sie sollte alles tun, damit solche Bilder nicht entstehen“, sagt Celik. „Schon gar wegen eines so geringfügigen Anlasses wie Abstandhalten.“

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9 Kommentare

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  • Wir haben verdammt noch mal viele Rassismus-Probleme, das aber war keins.

  • Wobei die Rolle des Hochbahnmitarbeiters nicht geklärt ist der offensichtlich direkt am polizeilichen Festnahmegeschehen beteiligt ist (Foto). Seit wann dürfen “Private“ die Polizei bei Festnahmen unterstützen?

    • @Thomas Brunst:

      Schon immer.

  • Dazu im Vergleich die Corona-Demos an den letzten Wochenenden: Hunderte Leute stehen eng zusammen und tragen keine Masken. Die Polizei tut.... nichts!

    Die Polizei selbst muss sich nicht an die Verordnung halten (alle Beamten sind ausgenommen). In dem sie es aber nicht, bzw. sehr selten tut, gefährdet sie ihre eigenen Beamt*innen und alle, die von solchen Polizeimaßnahmen betroffen sind. Dass ausgerechnet die Polizei nicht gewillt ist, ihre Abläufe anzupassen (während das jedes Unternehmen hier tut), ist inakzeptabel. Dass die Medien darüber nicht berichten, auch.

    • @Karin Möller:

      Die Polizei tut.... nichts!



      #



      "Für die Polizisten sind alle Menschen gleich. Das gehört zur DNA der Polizei" sagt Michael Maatz hier;



      www.zeit.de/gesell...13636#cid-52913636



      Das darf man alles nicht si "eng" sehen. Hängt immer vom Einsatzgeschehen & "der aktuellen Lage" ab.



      .



      Das dann ein paar "Gleicher als gleich sind" kann im "Eifer des Gefechts" mal vorkommen.



      Alles "Peanuts", oder doch nur "Vogelschiss" wie man in "bestimmten Kreisen" vornehm zu sagen pflegt!



      Brummt Sikasuu



      .



      Disclaimer: Dieses Beitrag kann Spuren von Sarkasmus usw. enthalten & kann bei "Nichtversteher"erhöhten Puls & Schaum vor dem Mund auslösen!

  • "... im Lichte der Einsatzdynamik"

    Polizeisprech für: "Wir machen was wir wollen. Gegebenenfalls wird nachträglich gerechtfertigt".

    Und dann jammert Ihr, wenn mensch Euch nicht mag.

    Polizei, Ihr habt ein Problem.

  • Das ist ja wirklich unfassbar. 20 Minuten vor der Kundgebung, die Polizisten tragen selber keine Masken und wegen mangelndem Abstandhalter wird ein Mann zu Boden geworfen und in den Schwitzkasten genommen. Drei Mann halten ihn fest.

    Das ist reines Dominanzgebaren weißer Polizisten. Plus, genau wie in Minneapolis verteidigt die Dienststelle den Unsinn, den die Beamten verzapft haben. Unglaublich.

    Dass dieser Fall nur in der taz thematisiert wird, spricht Bände darüber, wie es um die Rassismus Debatte in Deutschland steht. Es ist immer noch ein Nischenthema für engagierte Linke und Grüne Freaks.

    • @JuR:

      Wieso geht es denn hier um Rassismus?



      Die Polizei hat vielleicht ein wenig unverhältnissmäßig reagiert, vielleicht auch nicht.

      Die Opferrolle und die bösePolizei. Die muss sich zurzeit von wirklich allen Seiten beleidigen und rumschupsen lassen, dafür bleiben die meistens echt entspannt finde ich. Jetzt müssen die auch noch diplomatisch, grenzübergreifend reagieren auf Dinge die in den USA passieren. Harter Job finde ich.



      Klar gibts auch Rassismus bei der Polizei, genau wie bei Blumenhändlern oder Bäckern. Und klar auch, dass das Thema gerade bei der Polzei besonders brisant ist (Neutralität des Staatsorgans und so), aber in dem Fall unfug.



      Masken hätten die aber wirklich mal tragen können. Mit guten Beispiel voran und so. Und das Gegenüber hat ein Argument weniger.

       

      Kommentar gekürzt. Bitte unterlassen Sie Vermutungen und Unterstellungen.

      Die Moderation

      • @Ojemine:

        Nur, dass die Blumenhändler in der Regel niemanden verletzen oder gar töten.

        Viele schwarze Menschen können von solchen oder ähnlichen Erfahrungen wie im Artikel geschildert, berichten.

        Es wird ihnen nur selten zugehört.