Podcast „We Care!“ : Queer in Zeiten von Corona
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Queere Personen sind stärker als andere von den Auswirkungen der Coronakrise betroffen. Dabei ließe sich von ihnen gesamtgesellschaftlich viel lernen.
Doch was bedeuten die Maßnahmen für Menschen, die nicht in Kleinfamilien oder Haushalten mit einem:r Partner:in leben? Menschen, die nicht zu ihren Eltern oder Partner:innen gehen können oder wollen, deren Bezugspersonen in anderen Wohnungen leben, die Kinder mit Menschen haben, mit denen sie sich keine Wohnung teilen? Was bedeutet die Pandemie für Menschen, für die gemeinschaftlich organisierte Lebensräume die existenzielle Grundlage bilden?
Inzwischen gehört es zum weit verbreiteten Wissen, dass wir ohne Fürsorge nicht leben können. Wir brauchen einander. Doch wer nicht ins Modell passt, vereinsamt. Denn in der Pandemie werden heteropatriarchale Gesellschaftsstrukturen wie unter einem Brennglas sichtbar. Insbesondere queere und trans Personen stellt das vor existenzielle Herausforderungen.
„Die meisten Debatten im Zusammenhang mit Covid-19 orientieren sich am Modell der weißen heterosexuellen Mittelklassefamilie, die Auswirkung der Pandemie auf LSBTIQ-Personen bleibt unsichtbar“, schreibt Francis Seeck in der kürzlich fertiggestellten Doktor:innenarbeit. Seeck ist Kulturanthropolog:in, Geschlechterforscher:in und Antidiskriminierungstrainer:in und auf feministische Care-Forschung spezialisiert. Seeck beobachtet, dass in der Debatte über die Pandemie eine Art Retraditionalisierung stattfindet, in der sich immer wieder auf die Kleinfamilie bezogen wird, während Kritik an Hetero- und Cisnormativität nur selten auftauchen. Dabei, so Seeck, gebe es viel komplexere Fürsorgebeziehungen als die der Heterobeziehung.
In der Dissertation mit dem Titel „Care trans_formieren. Eine ethnographische Studie zu trans und nicht-binärer Sorgearbeit“ hat Seeck Interviews mit Personen geführt, die von dieser Entwicklung betroffen sind. Der Fokus liegt darauf, Praktiken der Selbstsorge und kollektiven Fürsorge, die trans und nicht-binäre Personen entwerfen und füreinander leisten, in den Fokus zu nehmen. Einige der Befragten berichteten darin von existenziellen Krisen und Vereinsamung durch Corona. Denn die Pandemie führt dazu, dass queere Begegnungsräume zunehmend wegfallen. Das isoliert viele trans und queere Personen noch mehr. Auch Modelle, in denen Fürsorge gemeinschaftlich und abseits der heterosexuellen Kleinfamilie organisiert wird, sind zunehmend erschwert.
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Bereits in den 80er Jahren sind im Zuge der AIDS-Krise sogenannte „Communites of Care“ gewachsen, Gemeinschaften, in denen es darum ging, kollektive Fürsorge zu organisieren. Auch heute noch sind diese solidarischen Netzwerke und Selbsthilfestrukturen elementar für queere Communities und trans Personen.
In der neuen Folge des taz-Podcast „We Care“ spricht Francis Seeck darüber, was unsere Gesellschaft von queeren Fürsorgepraktiken lernen kann und wie sich solche „Communities of Care“ aufbauen lassen. Aber auch darüber, was der aktuelle Diskurs für queere, nichtbinäre und trans Personen eigentlich bedeutet. Außerdem gibt Seeck Tipps, wie wir queere Räume unterstützen können. Denn: Nur weil es nicht der eigene Kampf ist, heißt es nicht, dass es kein wichtiger Kampf ist. Feministisch kämpfen heißt auch, solidarisch für die Kämpfe anderer Communities einstehen.
„We Care!“ Der feministische taz-Podcast zu emotionaler Arbeit und Care. Immer monatlich auf taz.de, Spotify, Deezer und iTunes.
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