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Plagiatsjäger zu Vorwurf gegen Grüne„In das Thema Baerbock verbissen“

Stefan Weber wirft der Grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock vor, abgeschrieben zu haben. Die taz hat mit ihm gesprochen.

Teilweise kopiert? Baerbocks Buch „Jetzt: Wie wir unser Land erneuern“ Foto: Annegret Hilse/reuters
Ulrich Schulte
Interview von Ulrich Schulte

Herr Weber, Sie erheben den Vorwurf, Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock habe Teile ihres Buches „Jetzt“ abgeschrieben. Werden Sie für diese Untersuchung bezahlt? Wenn ja, wer ist der Auftraggeber?

Ich habe keinen Auftraggeber und bekomme für meine Nachforschungen zu Annalena Baerbock kein Geld. Ich mache das unbezahlt aus wissenschaftlichem Interesse und reiner Neugier. Natürlich ist da auch ein bisschen sportlicher Ehrgeiz im Spiel, es geht ja um eine Kanzlerkandidatin.

Warum interessiert Sie das Thema Baerbock so sehr?

Ich habe mich in das Thema Baerbock verbissen. Die Debatte begann ja mit der Frage, ob sie den Bachelor hat oder nicht. Die Überprüfung von Lebensläufen, Doktorarbeiten und anderen Veröffentlichungen ist mein auch berufliches Metier. Der Fall hat mich damals brennend interessiert. Seitdem bleibe ich dran – und habe ja schon mehrere Schlampereien in ihrem Lebenslauf nachgewiesen.

Wie argumentieren Sie, dass eine Urheberrechtsverletzung vorliegt?

Die Frage einer Urheberrechtsverletzung ist gegenüber dem Plagiatsvorwurf sekundär. Mir geht es um Zitierethik, nicht ums Urheberrecht, dessen Kritiker ich sogar bin. Dennoch halte ich absatzweise wörtliche Übernahmen für urheberrechtlich problematisch.

Auch Baerbocks Masterarbeit wollen Sie durchleuchten. Wie reagiert Baerbocks frühere Universität, die London School of Economics, auf den Wunsch, die Masterarbeit einsehen zu dürfen?

Stefan Weber: Die LSE weigert sich bisher, die Masterarbeit von Annalena Baerbock herauszugeben. Ich bleibe dran – unter Berufung auf den Freedom of Information Act.

Bild: Joachim Bergauer
Im Interview: Stefan Weber

ist 51 Jahre alt, Medienwissenschaftler und selbsterklärter „Plagiatsjäger“.

Haben Sie vor, auch Texte zu überprüfen, die CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz verfasst haben?

Zu Laschet und Scholz plane ich nichts, das sollen andere machen. Bei mir steht jetzt erstmal an, das Baerbock-Buch komplett zu durchleuchten. Ich habe schon wieder zwei neue problematische Stellen gefunden.

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28 Kommentare

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  • Naja wissenschaftliches Interesse...is klar😂



    Ich denke der Hauptantrieb ist es keine grüne Regierung zu bekommen🤨



    Aber ja ok, Baerbock war leider die falsche Wahl...😧

  • "Zitierethik" — ja klar, Ethik anführen, weil er weiß, dass er keine Argumente hat. Ethik beginnt mit Grundsätzen, aus denen Schlussfolgerungen gezogen werden. Solande er die nicht nennt, ist "Ethik" an der Stelle dummgelaber.

    Er will eine neue Moral etablieren, die Sachbuchschreibende zu so langsamer Arbeit verpflichtet wie wissenschaftlich schreibende.

    • @Arne Babenhauserheide:

      Nun die Ethik ist hier näher begründet: www.belleslettres....t-doktorarbeit.php



      Man sieht am Thema Schavan, dass das schon länger diskutiert wird, aber ich kenne keine besser Argumentation, warum korrektes Zitieren auch in Sachbüchern (und erst recht in Fachbüchern oder gar Dissertationen) Standard sein muss!

      Also durchhalten beim Lesen bis zu den Abschnitten, bei denen es um Sachbücher geht.

  • Irgendwie erinnert das plötzliche Auftauchen dieses Plagiatsjägers, dem es dann auch gerne in nicht-wissenschaftlichen Texten um "Zitierethik" geht, an ein typisches Wahlkampfscript von Arthur Finkelstein. Ich will damit nicht behaupten, dass diese Firma dahinter steckt, aber die Arbeitsweise ist wiedererkennbar. (Und auch "plagiierbar")

  • CROWDFUNDINGCAMPAGNE starten & Geld bieten für denjenigen der LASCHET's Veröffentlichungen auseinandernimmt.

    Wenn schon SCHMUTZWAHLKAMPF dann aber auch richtig!

    DIE GRÜNEN sind zu zahm & zu anständig.

    "Gloves off" ist das einzige was heute zählt!

  • Ich sach's mal so: Ein Baerbockbeißer am Werk.

  • "Zu Laschet und Scholz plane ich nichts, das sollen andere machen."



    das bedeutet für mich: die wenigen, die dagegen sind.



    Diese angebliche "wissenschaftliche Interesse" ist ein rein politischen Akt gegen der Grünen. Unbezahlt? Glaube ich kaum. Aber auf jeden Fall politisch.



    Die wichtige Frage ist: warum Wahrheitsbruch gegen der Grünen ist für die Medienlandschaft in Deutschland wichtig und Laschet kann lügen (un betrogen) wie er will? Die Kampagne ist echt schmutzig geworden und die Lobby der Autoindustrie und die Energiekonzerne werden gerne dafür "spenden".



    Ich hätte von der TAZ mehr Hintergründe in dieser Reportage gewünscht, wie das Thema in den medien platziert ist und vor allem von wem.

  • Irgendwie nehmen mir die Schweizer Milliardäre und die Österreichischen "Plagiats"-jäger ein bisschen zu viel Einfluss auf diesen Wahlkampf. Ist es zu viel verlangt, dass sich jeder erstmal in die Probleme vor der eigenen Haustür "verbeist"?

    • @Janek:

      Also meinen Sie auch, die deutschen Medien hätten Ibiza nicht veröffentlichen sollen?

      Oder ist das was anderes, weil es da die "Richtigen" trifft?

    • @Janek:

      wieso denn, machen wir doch auch nicht. siehe boehmermanns take auf ischgl und kurz.

  • Das haben die Grünen jetzt davon, wenn sie meinen, anstatt überzeugender Inhalte (Klimawandel, Stadtentwicklung ) das Spiel der Medien mitspielen zu müssen und eine vermeintlich medienwirksame hippe Kandidatin herauszustellen..

  • Hmm. Kennzeichenaufschreiber, Nachbarheckenvermesser, Frauenärtzeanzinker, Kinderlärmanzeiger und Plagiatsjäger.

    Fast hätte ich geschrieben, "Deutschland, was wärst du ohne deine Spießer?".

    Aber Weber ist ja Österreicher. Ich fress nen Besen, wenn den nicht jeden Tag ein Gedanke an Ibiza durchzuckt.

  • RS
    Ria Sauter

    Dass die CDU und die SPD nicht gerade zu den Wahrheitsfanatikern gehören ist bekannt.



    Die Grünen allerdings sind mit einem anderen Anspruch angetreten.



    Deshalb verstehe ich total, wenn der Mann sich auf Bärbock konzentriert.



    Sie wollte doch einen Neuanfang und alte Strukturen durchbrechen.

    • @Ria Sauter:

      Den Neuanfang und die Kraft alte Strukturen zu überwinden würde ich Frau Baerbock und natürlich der gesamten Partei der Grünen (!!) dennoch zugestehen. Sie erscheint mir noch immer als die weitaus Lernfähigere als andere sogenannte Volksvertreter, die sich angeblich 'dem Wohle des deutschen Volkes' verpflichtet fühlen, ihm dienen wollen und dennoch nur als willfährige Handlanger der sie umschmeichelnden Lobbyisten ihr eigenes Wohlergehen im Sinn haben. Obwohl diese zusammenzucken würden, würde man sich ihren Arbeiten intensiver widmen.



      Aber, stimmt, da gibt es ja wortgewandte Kollegen wie bspw. Blume und Ziemiak, die unter Beifall befreundeter Presse das Interesse der Öffentlichkeit besser auf sich ziehen und damit erfolgreich und eifrig von etwaigen Gefahren oder gar Fehlverhalten der Vergangenheit für eigene Parteimitglieder abzulenken vermögen. Diesen Fakten sollte sich die Aufmerksamkeit der Medien zuwenden, anstatt gespannt darauf zu lauern, wer als nächste 'Sau durchs Dorf gejagt wird'.

      So könnte man das als Zyniker einen gelungenen Wahlkampfauftakt nennen!

  • das Weber sich damit befasst ist sein gutes Recht, kann er machen, darf er machen, vlt sogar muß er machen. Merkwürdig kommt mir nur das Medieninteresse an solchen Randerscheinungen vor. Ein erstes Interesse ist berechtigt, das es aber nicht wirklich substanziell Wichtiges ist, stand schnell fest.



    Die Frage, die ich mir stelle, wollen wir wirklich solche Politiker, die lupenreine, sprich aalglatte Lebensläufe haben, die bereits in früher Jugend Worte auf die Goldwaage legen, damit diese später nicht gegen sie verwendet werden können?



    Keine Frage, geht es um Plagiate bei Doktorarbeiten, muß das Konsequenzen haben, zumindest was den Titel angeht. Aber falsch ausgesprochene Worte, wortgleiche Sätze, Beschönigungen im Lebenslauf, mein G... wovon reden wir hier. Ich werde die Grünen nicht wählen, ich sehe die Kritikpunkte an anderer Stelle, an inhaltlicher Stelle und nicht bei Stilfragen... da hat jeder CSUler mehr auf dem Kerbholz.



    Wäre es möglich zu Inhalten zurückzukehren?



    Zur Erinnerung, die CDU/CSU hat gerade in der Maskenbeschaffung ordentlich Verfehlungen vorgelegt, da redet kaum noch jemand von. Das waren keine Fragen des Stils, der Ausdrucksweise, der Nachlässigkeiten, das waren handfeste finanzielle Verfehlungen. Mir scheint hier der Kompass, was Verfehlungen sind ziemlich verbogen.



    Um politische Inhalte geht es gefühlt schon seit wochen nicht mehr. Einen Laschet kann das nur freuen, segelt er doch gerade unter dem Radar Richtung Wahl...

    • @nutzer:

      Lupenrein und aalglatt sind das eine, Unehrlichkeit das andere.

      Ein Politiker, der ein Alkohol oder Drogenproblem hat, sich dazu bekennt, eine Therapie macht und erhobenen Hauptes daraus hervorgeht, ist alles andere als lupenrein und all glatt, aber er ist integer, ehrlich und offen, und das ist es, was die Leute sehen wollen.

      • @Tony Mississippi:

        Warum kommt dann Martin Schulz nicht mehr politisch auf die Beine?

    • @nutzer:

      Die Idee mit der Veröffentlichung des Buches für Marketingzwecke war eigentlich clever. Nur die Umsetzung...

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Nach dem Motto, dass immer etwas hängen bleibt, wird sich die konservative Presse auf die Erkenntnisse dieses „Zitieretik“ers stürzen.



    Dies wird ihm sicher bewusst sein und dürfte auch den eigentlichen Antrieb darstellen: Es denen da oben mal so richtig zeigen, gemeinsam mit den mächtigen „Verbündeten des kleinen Mannes“.

  • Er scheint ein wenig obsessiv, der Herr Weber...



    Wieso denn bloß?



    Ach ja, klar - pures akademisches Interesse natürlich!



    No bad feelings ;)

  • In das Thema Baerbock verbissen - ein verbissener Grünenhasser oder was?

    Was ist mit den richtig Kriminellen in den schwarzen Parteien, die Steuerzahlern um etliche Millarden geschädigt haben!?



    Tolles Ablenkungsmanöver - hoffentlich geht der Schuss nach hinten los!

    • @Rossignol:

      Ruzz den Bouben

    • @Rossignol:

      Wenn er die Grünen hassen würde wieso hat er dann für sie gearbeitet?

    • @Rossignol:

      Kürzlich haben seine Recherchen zum Rücktritt der österreichischen Arbeitsministerin geführt und die war von der ÖVP. Er hat es also keineswegs nur auf die Grünen abgesehen.

  • 6G
    68514 (Profil gelöscht)

    "Zu Laschet und Scholz plane ich nichts, das sollen andere machen." ... Das ist dann aber inkonsequent. Oder gibt es da vielleicht gar nichts Substanzielles zu überprüfen?

    • 1G
      14390 (Profil gelöscht)
      @68514 (Profil gelöscht):

      Warum sind Sie der Meinung, die Entscheidung von Herrn Weber, sich nur mit Frau Baerbock zu befassen, sei inkonsequent? Herr Weber ist keine staatliche Behörde, die dem Gleichheitsgrundsatz verpflichtet ist, es steht somit in seinem freien Ermessen, sich nur mit einem einzigen Kandidaten zu beschäftigen.

      • 6G
        68514 (Profil gelöscht)
        @14390 (Profil gelöscht):

        Klar ist er keine staatliche Stelle und kann somit untersuchen was er für richtig hält. Politikern auf die Finger zu gucken ist immer wichtig. Und dass dieses Thema derzeit so hoch kursiert ist ja letztlich auch ok. Ich habe nämlich den Eindruck, dass bei den Grünen inzwischen viel zu viel PR-Strategie 'ne Rolle spielt, was sich wohl auch in der Buchveröffentlichung widerspiegelt. Insofern: Daumen hoch.

        Nur dürfen wir dabei nicht die Ignoranz der Union zu Umwelt- und Sozialthemen aus den Augen verlieren. ;-)

      • @14390 (Profil gelöscht):

        "...es steht somit in seinem freien Ermessen, sich nur mit einem einzigen Kandidaten zu beschäftigen."

        Ich würde sogar noch weiter gehen: es steht jedem frei, sich den anderen Kandidaten zu widmen, statt über Herrn Weber zu schimpfen.