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Plädoyer für Raison mit RechtenGoebbels-Vergleiche gewinnen nicht

Kommentar von Dirk Knipphals

Die Frankfurter Buchmesse ist vorbei – und zumindest Teile der Linken sind der Neuen Rechten voll in die Falle gegangen.

Sorry, liebe Linke, aber wer nur simple Parolen bietet, den zerfetzen die Rechten in der Luft Foto: dpa

E s ist jetzt also, kühl betrachtet, genau das passiert, was viele Menschen befürchtet hatten. Drei, vier Verlage und ein, zwei Veranstaltungen von mehreren Tausend bestimmten am Schluss der diesjährigen Frankfurter Buchmesse die Diskurse. In den Messehallen präsentierten sich eine vielfältige Branche und eine komplexe intellektuelle Welt – und alle fragen als Erstes nach den Rechten.

Im Grunde ist es der Worst Case. Und der Gedanke liegt nahe, dass es auch erst der Vorgeschmack auf kommende Auseinandersetzungen ist. Am 24. Oktober konstituiert sich der Bundestag – inklusive der AfD-Fraktion. Die Hoffnung kann nur sein, dass es da geschickter läuft als in Frankfurt.

Was lief schief? Mit etwas Abstand ist es vor allem wichtig, zu verstehen, dass bei einem solchen Spiel der Eskalationen, wie es sich am Schluss der Buchmesse hochschaukelte, nur die Rechten gewinnen können. Sie schlagen kulturelles Kapital aus der Aufmerksamkeit, die sie jetzt haben. Sie können sich als Opfer stilisieren. Sie können die Reihen fest schließen und sich ganz toll was drauf einbilden, dass ihretwegen – aus ihrer Sicht – versucht wurde, die Meinungsfreiheit außer Kraft zu setzen.

Wahrscheinlich lachen sich die Kubitscheks und Co sowieso gerade ins Fäustchen. Oder sie freuen sich über ihre gelungenen Coups, etwa den, dem hoch reflektierten Band „Mit Rechten reden“ von Per Leo, Maximilian Steinbeis und Daniel-Pascal Zorn ein eigenes Buch mit dem Titel „Mit Linken leben“ entgegenzusetzen. In ihm spielen sie sich als „Stachel im Fleische“ auf. So sehen sie sich gerne.

Im diskursiven Gerangel sehr geschickt

Und genau dieses Bild wurde ihnen nun zurückgespiegelt. Denn – und das darf man nicht vergessen – im diskursiven Gerangel mit der Linken sind die Rechten sehr geschickt. Sie kopieren, was ihnen passt, haben linke Verhaltensweisen gut studiert und wissen, wie sie Nadelstiche setzen können.

Und die Linke? Sie hat sich provozieren lassen und stand am Schluss dieser Buchmesse doofer da, als sie ist. Der Versuchung, gnadenlos zu vereinfachen, gab sie ohne viel Federlesens nach. Auch wohlmeinende linke, linksalternative und linksliberale Menschen ignorierten in den so­zia­len Medien sofort rechtsstaatliche Prinzipien und forderten Verbote. Obwohl etwa der Faustschlag gegen den Trikont-Verleger Achim Bergmann keineswegs vom Stand der Jungen Freiheit aus geführt wurde, sondern aus dem Publikum. So schlimm das ist: Man kann dafür nicht umstandslos die Junge Freiheit haftbar machen, so schrecklich man sie auch findet. Gut immerhin, dass der Schläger dingfest gemacht wurde.

Die Linke hat sich provozieren lassen und stand am Schluss doofer da, als sie ist

Überhaupt, was soll diese Formulierung, die Messe hätte die Rechten „eingeladen“. Verlage werden zur Messe nicht eingeladen, sie melden sich an. So eine Anmeldung muss man im Einzelfall prüfen. Liegt etwas strafrechtlich Relevantes vor, muss der Verlag verboten werden, klar. Aber das wegen des bloßen Verdachts zu tun oder weil einem angesichts von rechtskonservativen oder rechtsnationalistischen Thesen unwohl wird, käme tatsächlich Zensur gleich.

Damit nicht genug. Demagogische Vergleiche mit Goebbels-Reden machten die Runde. Die Nazikeule wurde sowieso geschwungen, als ob man noch nie davon gehört hätte, wie unbeholfen und schwierig sie ist (und wie leicht man mit ihr in Gefahr gerät, im Umkehrschluss die historischen Gräuel der realen Nazis zu relativieren; ­Auschwitz ist immer noch etwas anderes).

Nennt mich Liberalala

Der vermeintliche Naziangriff gegen den Frankfurter Stadtverordneten Nico Wehnemann, der die Wellen am Wochenende vollends hochschlagen ließ, erwies sich in der Realität als ein robustes, jedoch nachvollziehbares Eingreifen des Sicherheitsdienstes der Buchmesse in einer unübersichtlichen Situation.

Das Statement der Buchmesse zu den Vorfällen stellte rechte und linke Protestierer auf eine Stufe und war darin sehr unglücklich formuliert. Überhaupt muss man immer gegen die totalitaristischen Thesen angehen, nach denen sich die Rechten und die Linken als Extreme strukturell irgendwie gleichen würden (sie tun es in Wirklichkeit selbstverständlich nicht). Aber sagen wir es so, die Frankfurter Buchmesse des Jahres 2017 lieferte nicht gerade überzeugende Argumente für die These, die Linken seien die Klügeren. Man kann es schon so sehen: Teile der Linken sind der Neuen Rechten voll in die Falle gelaufen.

Das ist der schlimmste Punkt. Nennt mich Liberalala, aber so sind die anstehenden diskursiven Auseinandersetzungen mit der Neuen Rechten nicht zu gewinnen. Viel Sympathie und allen intellektuellen Feuerschutz allen lebensweltlichen Ansätzen, sich gegen die Neuen Rechten abzugrenzen. Aber die Frankfurter Buchmesse ist kein Wohnviertel, sie ist auch kein Fußballverein und keine Zeitungsredaktion. Sie ist ein Diskursraum. Und es wäre gefährliches wishful thinking, zu glauben, dass die Neue Rechte da­raus einfach wieder verschwinden wird. Das wird sie nämlich nicht.

Genau in dieser Situation provokativer Spielchen fühlt sie sich vielmehr pudelwohl. Denn in ihr müssen die Neuen Rechten keine Fragen beantworten. Was genau meinen sie mit dem „linksliberalen Gesellschaftsspiel“, das sie „abschaffen“ wollen? Nicht auch solche Errungenschaften wie Emanzipation, individuelle Freiheit, Gleichberechtigung? Was verstehen sie unter dem deutschen Volk? Auf welche Traditionen berufen sie sich – tatsächlich auch auf die der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg? Was soll das genau sein, eine rein deutsche Kultur? Was „die“ deutsche Sprache?

Was verteidigen wenn nicht der Willen zur Differenzierung?

Wie viel heiße Luft in dem intellektuellen Gedankengebäude der Neuen Rechten steckt, hat Arno Frank soeben großartig gezeigt. Ihr die Luft rauszulassen ist die bessere Strategie, als sich wie unter Wiederholungszwang immer wieder provozieren zu lassen.

Letztlich, was gilt es gegen die Neuen Rechten zu verteidigen? Das ist eben auch der Wille zur Differenzierung und auch der, sich nicht von den eigenen Projektionen gefangen nehmen zu lassen, es ist die Fähigkeit, Dissense gut auszutragen und untereinander bestehende Uneinigkeiten nicht durch die Produktion eines Feindbildes zu überspielen. Letzteres machen die Neuen Rechten schon mehr als genug.

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Literaturredakteur
Dirk Knipphals, Jahrgang 1963, studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Kiel und Hamburg. Seit 1991 Arbeit als Journalist, seit 1999 Literaturredakteur der taz. Autor des Sachbuchs "Kunst der Bruchlandung. Warum Lebenskrisen unverzichtbar sind" und des Romans "Der Wellenreiter" (beide Rowohlt.Berlin).
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52 Kommentare

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  • "Fehlt nur noch der geforderte Holocaust für Nazis."

     

    Ach Akaf, lenk doch deine überbordende Fantasie lieber wieder in Katzenkrimis. Dieses Rumgeopfere ist ja peinlich.

     

    "Als Demokrat muss man sich gewiß sein, dass dieses Land auch rechte Spinner aushalten kann" - Franz von Papen.

    (-> M. U. Kling, falsch zugeordnete Zitate)

    • @Earendil:

      "geforderter Holocaust für Nazis" ist keine Phantasie, sondern eine Analyse des verbreiteten Hass in den Artikeln. Hass hat keine Legitmierung, egal gegen wenn er gerichtet ist. Punkt.

      Zweitens habe ich keine Katzen sondern einen Hund (deutscher Schäferhung natürlich)

      Drittens: Das Zitat ist garantiert von mir und ich erhebe jetzt sofort einen Copyright darauf.

      Viertens: seit sanftmütig, sonst passiert das Gleiche wie in "Weimar", d.h. Linke und Rechte hauen sich auf die Schnauze und zum Schluss wählt die Mitte einen Adi H. . (Ist auch von mir, bitte Copyright ) Danke für die Veröffentlichung.

    • @Earendil:

      Sollte ne Antwort sein auf Lulu Schlawiner...

  • Ok - es hier in die Sprachlosigkeit @derer abgleitet -

    Die denen mit Deutschen Dichtern kommen -

    Die - & nicht nur die auch gelesen haben -

    Mal soviel - kerr!

     

    Nö.

     

    Unser Holgi Hoch vom Dachstuhl -

    Will nur seinen - "Eintopfknallzertreibling" -

    Richtig deutsch für "Motor" geschrieben sehen - gell!

    &

    Ja mit der Erfinderin von "Karlsson vom Dach" -

    Ist frauman denn doch geneigt -

    "Astrid Lindgren & "Das Untier kommt aus seiner Höhle" http://www.zeit.de/2015/21/astrid-lindgren-tagebuecher-biografie

    In Erinnerung zu rufen.

    &

    Auch wenn´s noch nicht so weit zu sein scheint - auch

    Astrid Lindgrens: «Die Menschheit hat den Verstand verloren» https://www.srf.ch/kultur/literatur/astrid-lindgren-die-menschheit-hat-den-verstand-verloren

    &

    Vor allem aber ihr unmißverständliches - "Raison" -

    "Picture with a Skin" ! https://www.google.com/search?q=Astrid+lindgren+6+nazis&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwiZk8S1mvjWAhVMb1AKHV4jBQcQ_AUICigB&biw=1350&bih=586#imgrc=XFOx9mRK5_1vEM:

    &

    Um das zu "Verteigende" mal nicht weiter auszurollen -

     

    "..."Was verteidigen wenn nicht der Willen zur Differenzierung" schreibt er, und es fehlt nach "verteidigen" ein Komma, und das zu Verteigende steht im Akkusativ, also "den Willen".

     

    kurz - Na - Letzteres will ich doch glatt gern glauben.

    Nu - das walte Hugo. Newahr.

  • Wenn die Rechten die Rechtschreibung und die deutsche Sprache verteidigen würden, hätte auch der Autor Knipphals etwas davon: "Was verteidigen wenn nicht der Willen zur Differenzierung" schreibt er, und es fehlt nach "verteidigen" ein Komma, und das zu Verteigende steht im Akkusativ, also "den Willen". Warum die Rechte so erfolgreich argumentieren, liegt nicht an der Linken und deren Ungeschicklichkeit. Eher daran, dass die linke Ideologie (auch das nichts Neues) die Lage der Fakten und die Situation der Menschen ignoriert. Aus höheren und vielleicht sogar moralischen Gründen. Das ist aber den Menschen, denen das Wasser bis zum Hals steht, egal. Und die sind gegen die erfahrungsfremde Ideologie und Großfressigkeit durch eigene Erfahrung imprägniert. Könnte man drüber nachdenken, tut man aber nicht, denn man weiß es als Linker eh immer schon besser. So etwa, wie die Grünen in Österreich. Servus!

    • @Holger Karlson:

      "Warum die Rechte so erfolgreich argumentieren"

       

      LOL. Als ob der Erfolg der Rechten ausgerechnet an deren argumentativer Brillanz und Faktentreue liegen würde. Der seit eh und je vernunftfeindliche und realitätsresistente rechte Diskurs ist vielmehr ein Beispiel dafür, dass Fakten und Argumente allein eben nicht ausreichen, sondern Lüge und Hetze unter bestimmten Umständen über Vernunft und Humanität triumphieren können. Argumentativ wurde der ganze rechte Quatsch ja schon vielfach widerlegt. Das war und ist zwar notwendig (auch wenn es ermüdend ist, sich immer wieder mit demselben, neu eingekleideten Blödsinn auseinanderzusetzen), reicht aber alleine nicht aus. Oder um es mit Marx zu sagen: "Die Waffe der Kritik ersetzt nicht die Kritik der Waffen." (Das bleibt auch richtig, wenn man "Waffen" beide Male nicht ganz wörtlich auffasst.)

       

      Übrigens, wenn man sich als Verteidiger der deutschen Sprache aufspielt, sollte man wenigstens selber richtig schreiben. Also entweder "die Rechten" oder "argumentiert".

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @Holger Karlson:

      Beispiel für die angeblich "erfahrungsfremde " linke Ideologie?

  • Das Gewaltpotential, dass man/frau hier in vielen Kommentaren zwischen den Zeilen lesen kann macht mir Angst.

    Bei einigen Kommentaren bekommt das Wort Linksfaschisten ja richtig Bedeutung. Fehlt nur noch der geforderte Holocaust für Nazis. Als Demokrat muss man sich gewiß sein, dass dieses Land auch rechte Spinner aushalten kann. Vorrang hat immer, immer die inhaltliche Auseinandersetzung. Wer die nicht führen kann gehört zu den Extremisten, egal ob rechts oder links, oben oder unten oderr kurz daneben. Danke für die Veröffentlichung

    • @lulu schlawiner:

      "Fehlt nur noch der geforderte Holocaust für Nazis."

       

      Ach Akaf, lenk doch deine überbordende Fantasie lieber wieder in Katzenkrimis. Dieses Rumgeopfere ist ja peinlich.

       

      "Als Demokrat muss man sich gewiß sein, dass dieses Land auch rechte Spinner aushalten kann" - Franz von Papen.

      (-> M. U. Kling, falsch zugeordnete Zitate)

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @lulu schlawiner:

      Unter "Linksfaschisten" ging es wohl gerade nicht bei dir?

       

      Peinlich, der extremistische Mitte-Extremismus.

  • Die Vorstellung, man könnte den Rechten durch Angriffe auf Infostände, Anzünden von Politikerautos etc. ernsthaft schaden, ist albern. Man kann die im Kampf gegen Straßennazis erfolgreichen Methoden nicht einfach auf den Kampf gegen AfD und Konsorten übertragen. Falsch wäre auch, deren Verlage von der Messe auszuschließen, zumindest derzeit.

     

    Aber ebenso albern ist die Vorstellung, man müsse die Thesen der Rechten nur argumentativ zerlegen, "die Luft rauslassen". Das ist zwar notwendig, aber alleine ist damit noch nichts gewonnen - die Rechten sind noch nie an ihren argumentativen Widersprüchen, Fehlern und Lügen zugrunde gegangen, eher im Gegenteil.

     

    Man muss ein Gespühr dafür entwickeln, welche Aktionsformen wo etwas bringen. Wie wär's denn - grade bei rechten Propagandaveranstaltungen wie auf der Buchmesse - mit ein bisschen mehr Kreativität? Rechte können nicht nur provozieren, die lassen sich auch ziemlich gut provozieren und geben sich dann gern mal der Lächerlichkeit preis oder lassen die bürgerliche Fassade fallen. Das erzeugt zwar auch Aufmerksamkeit (das ist eh nicht zu verhindern), kommt aber außer bei ihren eingefleischtesten Fans selten gut an.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Earendil:

      Die linke Demo wurde meines Wissens angegriffen, Schilder wurden gestohlen und zerstört. Wo kann man das nachlesen, dass es einen Angriff auf den Antaios-Stand gab? Ich habe nur von "Geschubse" und "Tumult" gelesen.

      Ein paar Tage vorher haebn die Börsenvereinveranstalter selbst demonstriert mit dem SPD-OB. Da war aber keine Lesung und denen hat auch keiner die Schilder weggenommen und zerstört.

       

      Da sollte man m.E. diskutieren ob die Einhaltung eines gewissen räumlicher Abstandes zur Lesung nicht wichtig gewesen wäre und warum sich die Veranstalter/Aufrufer/Anmelder keine Strategie bei Provokationen überlegt haben. Wenn das aus der Die PARTEI kam, wie der Politiker (oder "Politiker"?), der sich ja auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, dann wundert das mich eher nicht. Der Versuchung, auf Tuchfühlung zu gehen bei solchen Anlässen, sollte mensch auf jeden Fall tunlichst widerstehen. Dann heißt es immer bloß "links gegen rechts". Die Milliardärspressestellen in der Pseudokonkurrenz machen aus jedem Fehler von Linken noch einen Gewinn und diese "4. Säule der Demokratie" tut ihr Übrigstes für den "Rechtsruck" (kontinuierliche Entwicklung würde ich eher sagen).

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Das war eher generalisierend gemeint und nicht auf die konkreten Ereignisse auf der Buchmesse gemünzt.

  • 8G
    80336 (Profil gelöscht)

    Dass Schmierfinken Aufmerksamkeit zuteilwurde, liegt nicht an den Ereignissen vor Ort selbst, sondern an der überbordenden Anteilnahme des publizierenden Gewerbes. Als ob eine Erörterungspflicht bestünde, die vorschreibe, dass Seiten landauf, landab mit Texten zu einer lokalen Rangelei zu füllen sind, von der auch nur ein einziger Messestand betroffen, an dem zudem - noch nicht einmal auch nur ansatzweise - so etwas angeboten wurde, was als Lesestoff tauglich, da jenseits von Ästhetik und Sprachbeherrschung. Und dem gegenüber alle literarischen Angebote der Buchmesse nicht der Rede wert seien.

  • Kein Fussbreit.

  • Mal weg von den ganzen Moralismen, ob man darf, soll oder muss. Entscheidend bei Aktionen ist doch deren Wirkung.

    Eine Demo oder Blockade sollte jedoch an deren Wirkung gemessen werden.

    Und hier wie bei diesen ganzen Attacken auf Infostände etc. kann man nur konstatieren: Ziel verfehlt. Es schweisst die Rechten intern zusammen und wirkt abschreckend auf Passanten.

     

    Derlei Spielchen dienen lediglich der Selbstbestätigung unserer linken Snowflakes. Gut, auch legitim, bringt aber keinen Schritt weiter.

    • @Frank Erlangen:

      An den "Schneeflocken" sollt ihr sie erkennen.

       

      Ich war mir erst nicht sicher ob ironisch oder ernst gemeint. Ein kurzer Blick auf die History beantwortete die Frage.

       

      Übrigens ... Bannon zur Friedenstaube zu machen ist entweder querfrontlerische Ahnungslosigkeit oder aber wahrscheinlich eher ideologisches Kalkül. Nur weil der als erstes Zielobjekt seiner Dekonstruktionsstrategie zunächst die innenpolitischen Feinde auserkoren hat (den administrativen Staat in DC sowie die innenpolitischen Feinde , also alle "Liberals .. oder "Libturds"... in Eurem Sprachgebrauch). Den deutschen Terminus für uns kennen wir seit er von Meuthen parteitagskompatibel gemacht worden ist.

       

      Die IB im taz-Kommentatorengewand.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @Trollhunter:

        Das Wort Dekonstruktion hat er ganz bewußt gewählt, als kulturelle Aneignung, wie üblich. Dekonstruktion ist etwas anderes. https://de.wikipedia.org/wiki/Dekonstruktion

         

        Der Term "Destruktion" wäre angebrachter, denke ich.

  • "Die Frankfurter Buchmesse des Jahres 2017 lieferte nicht gerade überzeugende Argumente für die These, die Linken seien die Klügeren."

     

    Hat in letzter Zeit irgendwer diese These über "die Linken" ernsthaft - das heißt anders als im eigenen Oberstübchen - vertreten? Und klüger als wer wären diese "Klügeren"? Klüger als "die Rechten", klüger als die Nicht"linken", klüger als die durchschnittlichen Focus-Leser, … ?

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @M.Schneider:

      Solche steilen Thesen leben eh nur vom Effekt der Verallgemeinerung.

    • @M.Schneider:

      Linke fühlen sich wohl nicht unbedingt klüger, zumindest aber moralisch überlegen.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    Genau.

     

    Lasst uns noch einen Schritt zurück gehen..

     

    und noch einen...

     

    und noch einen..

     

    ..und der Höcke redet auch gar nicht wie der Goebbels und versucht nicht diesen zu imitieren.

     

    Alles ganz normal mit Blümchen und so..

  • Gut, dass es überhaupt Protest gegen die rechtsradikalen Verlage gab!

    Leider nicht antifaschistisch genug!

     

    Viele interessante...

    Nein das hat Priorität!

  • "Plädoyer für mehr Raison mit Rechten"

     

    Nunja. Aber so wenig ich annehme - daß der geschätzte Dirk Knipphals mit der Verwendung von -

    "Raison" - statt "Vernunft" - z.B. -

    Auf den bekannten Pfaden Goebelscher Wortbedeutungsverdrehungen zu wandeln gedenkt -

    Sei mir jedoch angesichts von -

     

    • zur Räson kommen/(veraltend:) Räson annehmen (dazu übergehen, sich so zu verhalten, wie es von einem erwartet, gefordert wird; einsichtig, vernünftig werden [und sich fügen])

    &/oder

    • jemanden zur Räson bringen (durch geeignete Maßnahmen erreichen, dass jemand zur Einsicht, Vernunft kommt)

     

    Doch die Frage gestattet -

    Tja - Wat denn nu?!

    Das eine tun - das andere nicht lassen?

    Doppelstrategie? - usw usf

    Etwas genauer konkreter hätt ich's schonn gern.

     

    ------- http://www.duden.de/rechtschreibung/Raeson

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Danke übrigens für den Link zu dem Carl-Schmitt-Aufsatz.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        ;) Das - "Na Sie haben sich wohl speziell mit der Materie beschäftigt!" eines gleichalten Senatsvorsitzenden OVG MS bei "Justiz & Nationalsozialismus" -

        Quittierte ich einst trocken mit -

        "Ja - was haben Sie denn als Studi 68ff - gelesen?" ~> "Öh - Stotter Stotter!"

        &

        Dem - "Naja - Carl Schmitt hat doch nur brillant ausgesprochen - was die meisten anderen dachten!" - eines was jüngeren Weggefährten, hab ich mit einer laminierten Ausgabe des üblen

        Carl--Schmitt- Aufsatzes zum Geburtstag abgeholfen. & siehe da -

        Erfolgreich. (& Gestern noch gejamt.)

        Na bitte. Geht doch!;)(

  • Irgendwie erinnert mich so manche linke "darf man denn da laut werden?"-Bedenken an die Juden, die bei der nächtlichen Abholung zum Transport in das KZ ganz leise waren, um die Nachtruhe ihrer Nachbarn nicht zu stören.

     

    Leute, die Angst davor, den Rechten erst eine Bühne zu schaffen, ist völlig unbegründet. Die hören nicht auf, wenn man sie ignoriert und nett zu ihnen ist.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Ach so: Den Demagogievorwurf gegen den Göbbelsvergleich sollte mensch als Philosoph aber zumindest erklären.

    Immerhin suhlt sich Höcke ja wohl aus aller Absicht in der Gosse des europäischen Denkens. Das Tausendjährige Reich hör ich da schon durchklingen.

    Dass das Morden nicht wieder losgehen würde mit der AfD an der Macht, solchen Optimismus hege ich nicht.

     

    Was genau demagogisch ist, also "volksverführend" sollte auch wirklich erläutert werden, denn sonst versteht es keine*r.

    Die bloße Behauptung kann auch als Totschlagargument verstanden werden.

     

    Ich habe auch Philosophie gelernt und kritische Wissenschaft, nur für den Kontext, und ich würde mich auf die Forderung beschränken, dass mensch sich bei einem solchen Goebbels-Vergleich doch möglichst textlich abarbeiten sollte und dass zu einem Vergleich Gemeinsamkeiten und auch Unterschiede gehören. Ansonsten wird daraus eine Gleichsetzung. Eine solche wäre sicher falsch.

     

    Insofern sind bloße Parolen eher Gleichsetzungen als Vergleiche.

    Wenn jeder sogenannte Nazivergleich tatsächliche ein Vergleich wäre, das wäre ja toll. Dann würde mit Blick auf die zahlreichen Äußerungen von Mordlust aus den Reihen der AfD besser klar werden, wie klein der Unterschied doch ist und dass es nur eine Frage davon wäre, welche ProtagonistInnen an die Macht kämen.

     

    Die Rede von "Neofaschisten" finde ich unmißverständlicher als die "Nazi"-Vokabel. Es ist schließlich nicht einfach dasselbe (nur dasselbe "in grün", womit nicht der Umweltschutz gemeint ist, sondern der neue Anstrich für altes Gedankengut).

     

    Das mit der Erklärungsnot meine ich ernst, wenn mensch das mit der Demagogie nur behauptet, dann geht man in dieselbe Falle, wie bei der Inflation der "Nazi"-Vokabel.

    Dann benutzt demnächst Christian Lindner diese Vokabel auch noch und macht nicht nur Ideologievorwürfe an alle außer der FDP, sondern es kommen noch Demagogievorwürfe dazu, er muss sich dann ja auch nicht erklären dazu. dann hat diese Vokabel auch ausgedient, wie "Ideologie".

  • Kluger Artikel. Egal wie man zu den Totalitarismus-Theorien und dem Hufeisen steht, hier hat man genau das Spiel gespielt, das die "Rechten" sich gewünscht haben.

  • Die Messe ist in der öffentlichen Hand. Insofern ist die Argumetation des Verbotes schon von der Warte her schwierig. Aber selbst bei einem privaten Träger ist ein Druck auf die Veranstalter egal von welcher Warter her nicht der langfristigen Entwicklung zuträglich.

     

    Man regte sich im Wahlkampf über die Störer bei den Merkelauftritten. An sich in der Form und Ausführung ein linker Klassiker. Jede Methode, die verwendet wird, bleibt als legitim gegen die "Bösen" hängen. Irgendwann wird man selbst zur Zielscheibe.

     

    Beim konkreten Fall wäre ohne die Störer und Sachbeschädiger wenig gewesen. Es waren drei Stände unter Hunderten. Wer sie besuchte war schon vorher interessiert. Der Vertrieb und die Werbung laufen sowieso über das Internet. Die Aktionen haben kostenlose Werbung verschafft. Vielen Dank auch.

     

    Es ist aber hoffnungslos zu erwähnen, dass man es lassen sollte. Diese Methoden werden sich später rächen und die Linke wird unter die Nase gerieben bekommen, dass es ja schon lange normal ist. Bis dahin wird man sie freilich benutzen, weil man sich zahlemässig und organisatorisch überlegen glaubt. Egal was ich so schreibe. Zerschiesst mir auch weiterhin die Demokratie mit euren Blockaden, Prangern, Sachbeschädigungen und angestrebten Berufsverboten.

    • @Reinhold:

      Zerschießt mir auch weiterhin die Demokratie mit Rechtsbeugung, "Generalpräventive Urteile", Polizeigewalt, Abschiebungen von Geflüchteten, Zwangsräumungen, Racial Profiling, Zwangsunterbringung von Behinderten in Heimen, sogenannte Deregulierung der Finanzmärkte, Privatisierungen, strukturelle Benachteiligungen von Frauen, Lobbyismus, Drangsalierung von Erwerbslosen durch HarztIV, Vertuschung von nazistischen Straftaten ...

       

      Btw. nachdem Adenauer ebensolchen Erlass einführte, gab es Anfang der 70er von der SPD-Regierung einen sogenannten Radikalenerlass, mit Hilfe dessen Linke aus Berufen gedrängt werden sollten.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Reinhold:

      Das hat zumindest auf Seite der Ungläubigen - andere Linke gibt es in Sachsen wohl nur eine Handvoll - nichts mit gut und böse zu tun. Das Neofaschisten in die Hölle kommen, glaubt wohl keiner.

       

      Ich teile zwar die Kritik an zuviel Indifferenz bei Parolen und zu weitgehenden Verbotswünschen, aber wenn man Sitzblickaden verbieten will, um die Demonstrationsfreiheit zu schützen, finde ich das doch seltsam.

      Die Aktionsreihe "Leipzig sitzt" hat Legida gut die Fahrt genommen. In Dresden bei Pegida sieht das anders aus.

       

      Dass es sich die Bevölkerung von Leipzig Connewitz und der Südvorstadt nicht gefallen lassen will, dass aller Nase lang Neofaschisten sich zum Ziel setzen, in Connewitz einzumarschieren, ist ihr kaum zu verdenken.

       

      Wie das aussieht haben wir gesehen, als 215+ von Ihnen in einem abendlichen Angriff (während bei Legida auch ein bekannter rechtsextremer Hooligan auftrat) die Hauptstraße bei mir um die Ecke verwüstet, Steine in alle möglichen Läden reingeworfen, besonders die vom RSL und auch in Kneipen, die voller Leute waren, den Döner verwüßtet etc. und alle angegriffen, die nicht schnell genug weg waren.

      Danach ergaben Sie sich geschlossen und friedlich der Polizei. Die muss eh jede Straftat einzeln zuordnen und es ist noch keine einzige Anzeige gestellt worden, nach fast zwei Jahren.

       

      Da sage ich "wir", denn so etwas schafft Identität, auch wenn mensch es gar nicht bearbsichtigt. Vorher hätte ich kaum "wir" geschrieben.

       

      Übrigens ist in Sachsen eine Sitzblockade gegen eine neofaschistische Demonstration (mit neofaschistisch meine ich jetzt mal gar nicht unbedingt einfach Pegida oder die AfD, sondern gerade den harten Kern wie bei Legida) eine linksextremistische Gewalttat und geht als solche auch in die Statistik ein, egal wer das macht, auch bei SPD-Mitgliedern. Deswegen ist in manchen Jahren auch die Statistik etwas höher als in anderen, das ist deutlich nachvollziehbar.

       

      Entspricht das eher ihrer Vorstellung von Demokratie?

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Sitzblockaden, die eine genehmigte Veranstaltung verhindern, sind nicht demokratisch. Ich habe hier nicht einmal davon geschrieben, dass diese Sitzblockaden verboten werden sollen. Ich meine lediglich, dass sämtliche Methoden durch deren Anwendung legitimiert werden. Man wird später nicht behaupten können, dass es ja gegen die Fieslinge in Ordnung gewesen ist, aber nun ja nicht. Wer der Fiesling ist, entscheidet Jeder selbst.

         

        Die Methode der Verbote über dass Privatrecht ist mittelfristig genauso zerstörerisch. Sie ist in autoritären Staaten äusserst beliebt. Der Staat verbietet dort auch lieber selten. Es ist meist die "empörte Bevölkerung" und das "private Hausrecht". Da ist es egal ob das Hausrecht mit einer Monopolstellung einhergeht und die "empörte Bevölkerung" irgendwie von Staatszuschüssen in ihren Aktionen abhängig ist.

         

        Was mir die Geschichten mit dem Neonazi sagen sollen weiss ich nicht. Aus ihr folgt nicht die Legitimation für das Verhalten auf den Buchmesse. Noch dämlicher wird es wenn man es auch noch mit Lügen flankiert, wie mit den erfundenen Sieg Heil Rufen (auf den Videos hört man Nichts).

         

        Im Endeffekt Werbung und Legitimation für Methoden, die später gegen andere Strukturen zurück-feuern werden. Das habe ich aber auch schon vor zehn Jahren gesagt.

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @Reinhold:

          Über die Nutzung des Hausrechts kann man trefflich streiten. Das war aber nicht mein Ziel.

           

          Ich habe noch niemals erlebt, dass sich Rechte zu einer Sitzblockade formieren, um eine linke Demonstration zu blockieren. Da sind sie ganz schön weltfremd, tut mir leid, das zu sagen. Das wäre sehr zu begrüßen, wenn Neofaschisten so etwas täten. Dann könnten sie weder stramm stehen zum Hitlergruß, noch Gegenstände schmeißen, auch keine Journalisten angreifen, die linke Demonstration oder vereinzelte Demonstranten.

           

          Dann würde man sich gegenüberstehen, sich gegenseitig zeigen, dass man es nicht nur sagt, sondern auch ernst meint. Das wäre auch einfacher für die Polizei zu handhaben.

          Demokratie muss auch vermittelt werden, nicht nur als Meinungsäußerung, sondern auch als physische Willensdemonstration. Das ist meine Meinung und das wären nur andere Spielregeln und ein demokratisches Dipositiv mehr, das ich ganz klar auch anderen einräumen will. Ich bin kein Spielverderber.

           

          Nach einer Weile wäre die Sache ohne gewalttätige Zusammenstöße beendet. Das wäre zu mindest zu hoffen.

           

          Wenn man sich alles gefallen läßt, wird man Ende vertrieben, das habe ich hier in Sachsen in der Nachwendezeit lernen müssen.

          Eine Ahnung davon, wie die Demokratie hier funktioniert und warum es gerade in Sachsen solche Probleme gibt, bekommen sie vielleicht mit folgendem taz-Artikel aus dem Jahr 2011: https://www.taz.de/!5117474/

           

          Sie gehen immer davon aus, dass es schon demokratische Institutionen gäbe, die von allein dafür sorgen würden, dass es demokratisch zuginge ooder es demokratisch bleibt. Ich halte das für eine kontrafaktische Unterstellung, für Idealismus, könnte man sagen.

          Ich will mal sagen, dass ich mir das nicht leisten kann und Linke in Sachsen generell eher auch nicht. Mit "leisten können" meine ich eine Ökonomie des Denkens, der Zeichenproduktion, die Différance, die basaler, grundlegender (ist), als Bedeutungen.

          Vertrieben zu werden in Aussicht zu haben, bringt anderes Denken hervor.

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @85198 (Profil gelöscht):

        Eine Frage hab ich noch. Ich habe überall nur gelesen, dass der Börsenverein des Deutschen Buchhandels die Buchmesse ausrichtet. Wissen Sie da was anderes?

        Der SPD-Bürgermeister war auch der Meinung, dem Antaios-Verlag hätte man keine Fläche geben sollen. Immerhin haben die Organisatoren direkt daneben den Stand der Amadeu Antonio Stiftung platziert. Die war übrigens gegen einen Ausschluss des Verlages. Sie wird ja oft gescholten, als sei sie eine neue Stasi.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Vorhin am Connewitzer Kreuz kam mir einer entgegen, drehte sich um und beschimpfte eine junge Linke als "F...e" und dann: "ich stech dich ab".

    Den hab ich auch nur angeschnauzt, dass hier überhaupt keiner abgestochen wird. Ein Referat hat den nicht interessiert.

     

    Passiert war folgendes: Er hatte ein junges Paar vorm Rewe angesprochen, warum ihn alle so anschauen. Die haben einfach erklärt, dass er ein Yakuza-T-Shirt trägt und dass das eine Nazimarke ist, sie gehört immerhin Rechtsextremen.

    Daraufhin kam dann die Drohung mit dem Abstechen und zig unflätige und sexistische Beschimpfungen. Das Pärchen dagegen war ganz ruhig.

     

    Selbst wenn ganz normal geredet wird, wird sich als Opfer stilisiert. Hat der Autor schon mal Morddrohungen bekommen? Da fällt es nicht jede*r leicht, ruhig zu bleiben.

     

    Ich denke auch, dass ich den Unterschied machen sollte zwischen den Nazis, die mich oder meinen Bruder etc. angegriffen haben und den rechtsgerichteten Poppern, die das gleiche getan haben.

    Aber so zu tun, als seien die etwas wortgewandteren akzeptabler als ihre Schlägerfreunde, die sehrwohl am Stand vertreten waren, etwa durch die Vertreter der Identitären, deren Mitglieder für Gewaltaktionen bekannt sind, dass kann ich mir auch nicht leisten. Dafür fehlt mir der Elfenbeinturm. Zufall ist es keiner, dass dort Neonazis im Publikum saßen.

    Angriffe, wie sie auf IB-Mitglieder schon mehrfach vorkamen, heiße ich auch nicht gut.

     

    Ich kenne Punks, denen ist die Empathie solchen Zuständen gegenüber von Faschos (das Wort mag ich mehr als "Nazis") und Bullen buchstäblich aus dem Leib geprügelt worden. Solche Polizisten nenne ich auch Bullen. Trotzdem verhalten sich die Punks, auf die ich mich beziehe, nur verbal aggressiv.

    Linksliberale Jugendliche ohne solche Erfahrungen sollten sich eigentlich besser im Griff haben, da stimme ich dem Autor zu.

    Für mehr bräuchte es Gesprächsangebote und nicht solche Merbitz-Granaten wie, die Zeit zum Reden müsse vorbei sein, jetzt müsse gehandelt werden.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Sehr gut beschrieben!

       

      Bei Faschos kommt stets der, sagen wir mal so, der Faktor der kritischen Masse hinzu. Allein sind sie stets „klein mit Hut“, vor allem dann, wenn ohne szenetypischen Sweatshirt-Aufdruck sondern nur mit Aktenordner vorm Flachschädel beim Gerichtstermin.

       

      Präsenz im Sinne der Anzahl an Bomberjacken, Lodenmänteln oder Jankern (Kubitschek in der New York Times) ist das Stichwort. Dann fühlen sie sich bestärkt. Sie wissen, dass ihre krude Ideologie allein für sich nie genug Anhänger findet. Macht durch Masse, Einschüchterung der "linken Zecken", Gewaltandrohung … ganz diffus... ausgeübt durch Verfolgen der Junx auf der Buchmesse bis auf´s Klo wie beschrieben im anderen taz-Artikel zuvor. Das schafft "Respekt" bei rechstsdrehenden Leuten, die sich das zunächst eher sympathisierend still ansehen.

       

      Neofaschismus funktioniert wie der alte Faschismus. Auch verbal in den Foren. Ein Blick auf eher biedere Kommentarforen wie bei tageschau.de zeigt, wie das in Schriftform aussieht. „Zeit“ oder „Spiegel“ können davon ein Lied singen. Orchestriertes oder spontanes Fluten der Kommentar-Webseiten durch AfD- und IB-Umfeld führt dazu, dass sich Demokraten angewidert abwenden, damit aber gleichzeitig öffentliche Räume aufgeben. Die ARD-Doku zur “Hetze im Netz“ zeigte vor ein paar Wochen ein Interview mit einem AfD-Funktionär der dritten Reihe, der aus über 400 Online-Profilen den ganzen Tag lang online seinen braunen Müll absonderte. Mit x-Identitäten oder Admin-Rechten für Facebook-Gruppen. Die rechte kritische Masse wächst und sie haben dann wieder Räume erobert. Nichts wirkt bei Mitläufern mehr als das Gefühl sich in einer gleichgerichteten Massen mitzubewegen.

       

      Euch Leipzigern übrigens ein dickes Lob, dass es gegenüber Dresden bei euch noch anders zugeht im öffentlichen Raum. Weiter so!

  • Meine Deutung...

    Gehen wir davon aus, es müsse sich angemeldet werden - ein Veranstalter kann sich antifaschistisch positionieren und u.a. neurechte Literatur samt Verlagen ablehnen.

    Das so etwas Zensur wäre, ist Blödsinn. Zensieren kann der Staat, nicht eine Messe. Die Bücher der Neurechten sind doch bereits bei (rechten) Verlagen erschienen und erhältlich. Die Proteste setzen hier bei der Messe an, um den Rechten keine Verbreitungsplattform zu ermöglichen oder zumindest störungsfrei nutzen zu können. So ein Protest auf der Messe ist nichts anderes als Protest vor dem AFD-Parteitag oder zur Verhinderung einer NPD-Demo... Findet der Autor Dirk Knipphals letztgenannte Proteste auch falsch?

    Falsch oder eine falsche Entwicklung würde es nehmen, wenn sich rechte Positionen normalisieren, wenn keine Präsention, Demo, Parteitag ... von Rechten zum Anlass genommen würde, dagegen zu protestieren. Dann nämlich wäre es zu spät. Dann erst mit Auschwitz zu kommen, würde dies nichts mehr helfen. Der Diskurs wäre dann schon von Rechten zu dominiert. Dass Rechte denken/Fühlen, sie kriegen Oberwasser, ist bereits auf Facebook zu beobachten an Kommentaren a la "Bin stolz Rechter zu sein".

    - Denk' ich an Deutschland in der Nacht...

    • @Uranus:

      "Falsch oder eine falsche Entwicklung würde es nehmen, wenn sich rechte Positionen normalisieren, wenn keine Präsention, Demo, Parteitag ... von Rechten zum Anlass genommen würde, dagegen zu protestieren."

       

      Richtig beobachtet und beschrieben. Dann wären wir nämlich in einem Zustand wie er sich in den letzten 30 Jahren in Österreich schleichend entwickelt hat. Dort erlebt die FPÖ genau diesen Widerspruch nicht mehr. Dort ist sie rechter Mainstream, der Boulevard hat sie seit Jahren z.B. in seinen noch unter BILD-Niveau liegender Ergüssen der dortigen Gossenpresse eingemeindet.

       

      Der Banalisierung neu-alt-rechter Menschenfeindlichkeit im Alltag gilt es entgegenzuwirken. Durch ausdauernde Analyse, Aufklärung, Gegenrede in intelligenter Form und weniger durch aktionistische Nazi-raus- und Verbotsforderungs-Rituale! Demos ja, aber die Auseinandersetzung anschließend muss verbal und intelligent geführt werden.

  • Endlich, endlich mal ein sachlich nüchterner Artikel zum Thema NeuRechts. Ich bin es leid seit Monaten immer , immer wieder die gleichen süffisant ausgetragenen Reden/Artikel von Politikern , Redakteuren, Schauspielern, etc. zu hören, in denen sie ihren, seit der Schulzeit, verinnerlichten Antifaschismus zum Besten geben, nach dem Motto "ich bin der bessere Antifaschist". Es ist doch müßig zu beschreiben wer und wie die Vertreter der AfD sind. Wichtiger ist doch das WARUM, warum wurden sie so erfolgreich gewählt. Wäre ja nicht die erste Partei, die als Protestpartei geboren und später Regierungsverantwortung hatte.

  • Individuelle Freiheit genießen Sie in Miami.

     

    Deutschland ist ein Land der Verbote und Unterdrückung und es wird zunächst auch so bleiben.

  • Empathie lernt man in der Kindheit, richtig. Und wo sind Sie gewesen, als Empathie unterrichtet wurde?

  • Tut mir leid, aber da habe ich Wichtigeres zu tun, als besorgte Bürger von Nazis zu unterscheiden. Ab einer gewissen Schwelle hat man sich einfach eine Schublade verdient. Die hier diskutierte Schublade beginnt übrigens schon lange vor der AfD, darum ist die Diskussion darum schon absurd. Egal wie "Die Linke" es macht (wird gekuschelt, so fragen uns unsere Enkel, warum wir denn damals nichts getan haben. Wird sich gewehrt, so prophezeit man uns Trotz.), am Ende ist es dann doch falsch gewesen. Denn es liegt nicht am Umgang mit dem Egoismus, sondern am Egoismus selbst. Das mag frustrierend sein, ist aber nicht so überraschend. Nicht neu, sondern gestrig. Also wehrt Euch - sei es mit Diskussion, Sitzblockade, Sabotage oder In-den-Arm-nehmen. Jede Methode hat ihre Berechtigung - aber Metzger kann man eben in den seltensten Fällen zu Veganern machen. Empathie lernt man in der Kindheit.

    • @Christian Clauser:

      Ach Gottchen, wie einfach ist dieses Weltbild.

      • @J_CGN:

        Das trifft mich hart, vor allem ob der differenziert vorgetragenen Gegenargumente. Ich versuche also - sozusagen in vorauseilendem Gehorsam - anzunehmen, dass mir inhaltlich entgegnet wurde, man müsse sich mit den Gründen für den Empathiemangel auseinandersetzen. Das fällt dann vermutlich unter "In-den-Arm-nehmen". Da ich diese Methode bei geeignetem Anlass durchaus gutheiße, wenn nicht gar vorschlagen würde, liegen wir offenbar gar nicht so weit auseinander - es sei denn ich misinterretiere und es ging nur um eine Rechtfertigung dafür, Parteien zu wählen, die Menschen wegen nicht selbst gewählter Merkmale diskriminieren.