Parteitag der US-RepublikanerInnen: Die schwerfällige Trump-Show
Beim Parteitag der US-RepublikanerInnen geht es ausschließlich um die Person des Präsidenten. Donald Trump wird wie ein Messias gepriesen.
Es ist der Auftakt zu dem viertägigen republikanischen Parteitag. Traditionell preisen im Verlauf solcher Veranstaltung Dutzende von RednerInnen den Charakter, den Lebenslauf und die Politik des Kandidaten. Der selbst meldet sich erst zum krönenden Abschluss mit einer Dankesrede zu Wort. Doch Trump macht es anders. Er wird jeden Tag einfliegen oder sich per Video zuschalten.
Sein Parteitag ist eine Ein-Mann-Show. Das ist ein starker Kontrast zu der Veranstaltung der DemokratInnen in der vorausgegangenen Woche. Da traten politische Stars sowohl vom linken als auch vom rechten Rand der Demokratischen Partei auf, dazu zahlreiche RepublikanerInnen sowie drei ehemalige Präsidenten.
Bei den RepublikanerInnen gibt es nur Trump und solche, die klingen wie er. KeinE einzigEr innerparteilichEr KritikerIn kommt ans Mikrofon. Viele von ihnen sind schon 2016, bei dem vorausgegangenen Trump-Krönungsspektakel, ostentativ ferngeblieben. Dieses Mal sind sie mutiger geworden. Ein paar Stunden vor dem Beginn des Parteitag rufen mehrere Dutzend von ihnen – darunter ehemalige Kongressabgeordnete und ehemalige Trump-MitarbeiterInnen – zur Wahl des Demokraten Joe Biden auf.
Langsamer und schwerfälliger als bei den DemokratInnen
Ursprünglich sollte Trumps Parteitag in Charlotte in North Carolina stattfinden. Doch als die dortigen (demokratischen) Behörden eine Maskenpflicht, Sicherheitsabstände und reduzierte TeilnehmerInnenzahlen verfügten, bestrafte Trump sie mit einer partiellen Verlagerung nach Jacksonville in Florida. Ende Juli, als selbst die trumptreuen RepublikanerInnen in Florida nach Auswegen aus dem Infektionsrisiko bei Zigtausenden von Parteitagsgästen suchten und Trump in den Umfragen in Florida weit hinter Biden zurückfiel, machte der Präsident einen neuerlichen Rückzieher und sagte Jacksonville ab.
Stattdessen findet sein Parteitag zu einem kleinen Teil in Charlotte sowie zu einem großen Teil in der US-Hauptstadt Washington statt. Wie bei den DemokratInnen ist es ein virtueller Parteitag. Aber er ist nicht die perfekte Show der Vorwoche, bei der leichte und schwere Elemente, Politik und Unterhaltung, Musik und Videos in schnellem Wechsel aufeinanderfolgten.
Wegen des Hin und Her des Präsidenten muss die Trump-Show auf den letzten Drücker organisiert werden. Das Resultat ist langsamer, konventioneller und schwerfälliger. In zwei selten interaktiven Momenten des Auftakttages empfängt Trump Gruppen von DanksagerInnen im Weißen Haus. Die ersten sind „unverzichtbare Beschäftigte“, die ihn für seine Führungsstärke preisen. Die zweiten sind ehemalige „Geiseln“, die sagen dürfen, dass sie ohne ihn weiterhin im Iran, in der Türkei oder anderswo im Gefängnis sitzen würden.
Auch jenseits der Logistik steht Trumps Parteitag unter einem unglücklichen Stern. Sein innerer Kreis bröckelt. Am Tag vor dem Parteitagsbeginn kündigte seine langjährige Beraterin Kellyanne Conway an, dass sie zum Monatsende geht. Conway war wichtig zu Trumps Verteidigung. Seine Lügen nannte sie „alternative Fakten“.
Mit Biden drohen „Anarchie, Chaos, Gewalt und Sozialismus“
Gleichzeitig mit dem Parteitagsauftakt fällt einer von Trumps Verbündeten bei den evangelikalen ChristInnen in Ungnade. Jerry Falwell, der als Chef einer fundamentalistischen Universität strenge Familienregeln aufgestellt hat, soll in eine erotische Dreiecksbeziehung verwickelt gewesen sein. 2016 war Falwell Trumps Transmissionsriemen zu Millionen von fundamentalistischen WählerInnen.
Und in Trumps eigener Familie hat sich nach seiner Nichte auch seine Schwester von ihm abgewandt. Zum Auftakt des Parteitags wird bekannt, dass sie ihren Bruder „grausam“ und „verlogen“ nennt.
2016 hatte Trump ein „amerikanisches Comeback“ angekündigt, sich als Präsident für die „vergessenen Männer und Frauen“ vorgestellt und versprochen, Fabriken „zurückzuholen“. Heute stagniert die Arbeitslosigkeit auf dem höchsten Niveau seit Jahrzehnten. Und die Zahl der Corona-Infizierten hat die 6 Millionen überschritten. Mehr als 181.000 Menschen sind bereits daran gestorben. Die USA mit nur 4 Prozent der Weltbevölkerung haben 25 Prozent aller weltweiten Coronafälle.
Trumps Botschaft lautet, dass er erfolgreicher war als jeder seiner Amtsvorgänger. Unbeeindruckt von den Fakten sagen auch die AuftaktrednerInnen, dass Trump sowohl die Ökonomie – inklusive des Arbeitsmarkts – als auch das internationale Standing des Landes gestärkt habe. Sie sagen, mit einem Präsidenten Biden drohten den USA Anarchie, Chaos, Gewalt und Sozialismus. Mit Trump hingegen stünde ihnen „das Beste noch bevor“.
Trumps Familie klingt schrill
Der Präsident hatte einen positiven Parteitag versprochen. Stattdessen kommt am Montag ein weißes Paar aus St. Louis, Missouri, zu Wort, das mit gezückten Schusswaffen vor seinem Haus stand, als eine Black-Lives-Matter-Demonstration daran vorbeizog. Bei ihrem Auftritt per Video warnen Mark und Patricia McCloskey vor „Gewalt und Pöbelherrschaft“, falls Biden gewinnt. Es bleibt Trumps Geheimnis, wie er mit solchen Botschaften WählerInnen jenseits seiner radikalen Basis gewinnen will.
Lediglich zwei RepublikanerInnen äußern unabhängige Gedanken. Beide erwähnen den Rassismus in den USA, den die meisten RepublikanerInnen ignorieren. Beide vermeiden den wütenden, rückwärtsgewandten Ton ihrer ParteifreundInnen. Der schwarze US-Senator Tim Scott erzählt von seinem Großvater, der nie lesen und schreiben gelernt hat. Seinen eigenen Weg beschreibt er so: „Von der Plantage in den Kongress.“
Die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley nennt sich eine „stolze Tochter von indischen Immigranten“. Beide klingen, als würden sie an die Zeit nach Trump denken. Und als würden sie glauben, dass die Repubikanische Partei ihn überleben kann.
Trumps Familie hingegen klingt, als wäre Kommunistenjäger Joseph McCarthy wieder auferstanden. Die ehemalige Ansagerin von Fox News und jetzige Kampagnen-Mitarbeiterin Kimberley Guilfoyle warnt in ihrer beinahe schreiend vorgetragenen Rede vor einem menschenleeren Auditorium, die DemokratInnen wollten „das Denken kontrollieren“ und „die Menschen versklaven“.
Ihr Freund, Trumps ältester Sohn Donald jr., spricht mit glänzenden Augen von dem „Virusgeschenk der Kommunistischen Partei Chinas“, nennt den demokratischen Präsidentschaftskandidaten „Peking-Biden“ und beschreibt die Wahl der USA im November als Alternative zwischen „Kirche, Arbeit und Schule“ und „Ausschreitungen, Plünderungen und Vandalismus“.
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