Parteigründer Jürgen Todenhöfer: Ein unfassbarer Typ
Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Todenhöfer ist der rätselhafteste Politiker Deutschlands. Nicht alles, was er sagt, ist harmlos.
Telefoniert man mit Todenhöfer, wird immerhin eins schnell klar: Selbstbewusstsein hat der Mann genug, kaum einer seiner Sätze kommt ohne das Wort „ich“ aus. Man wundert sich nicht, Todenhöfer hat schließlich seine Partei einfach mal nach sich selbst benannt. Er hat aber auch was zu erzählen: Er sitze gerade in einem Hotel in Kabul, beim neuen Außenministerium der Taliban sei er gerade gewesen, habe sich für die Rechte von Schülerinnen eingesetzt. Auch das gehört zu Todenhöfer: Er kennt sich aus in der Welt, reist in gefährliche Gebiete, auch zu Islamisten. „Ich spreche immer mit beiden Seiten“, sagt er.
Kritiker:innen werfen Todenhöfer vor, er rede vor allem mit und für die Falschen: Zu Besuch war er schon bei Syriens Diktator Assad und in den 70er Jahren in Chile bei Pinochet. Auf Twitter verteidigt er Erdoğan, äußert sich auch mal positiv über das russische Wahlsystem. In seinem Buch „inside IS“ zeigte Todenhöfer stellenweise irritierend viel Sympathie für die Dschihadisten, die er bei seiner Reise ins sogenannte Kalifat traf. Doch den Vorwurf, er habe eine Vorliebe für die Autoritären und Illiberalen, weist Todenhöfer genauso zurück wie die zahlreichen anderen Vorwürfe gegen ihn.
Populistische Sprache? Er sei kein Populist, sagt Todenhöfer. Er sagt auch: „Wir wollen eine neue Politik und Politiker, denen die Bevölkerung wichtiger ist als die Wiederwahl.“
Ist er etwas zu sehr auf Israel fokussiert für einen, dessen Onkel direkt am Holocaust beteiligt war? „Ich kritisiere Deutschland genauso hart wie die israelische Außen- und Militärpolitik“, sagt Todenhöfer, der 2019 im Gazastreifen gegen Israel protestierte. Aber hat er nicht 2015 auf Facebook ein Lied vom auch damals schon rechts schwurbelnden Xavier Naidoo geteilt, in dem der singt, Muslime würden „den neuen Judenstern“ tragen? Doch, aber von Naidoo habe er sich inzwischen ja distanziert, sagt Todenhöfer. Und „Xavier Naidoo wollte damit den Holocaust nicht verharmlosen“.
Es sind solche Aussagen, die dafür sorgen, dass man im Gespräch mit Todenhöfer nicht nur Verwirrung empfindet, sondern auch deutliches Unbehagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern