Xavier Naidoos Musikerkarriere: Mannheims verlorener Sohn
Xavier Naidoo wollte ein auf Deutsch singender Soulinterpret werden. Aber dann ging in seinem Kopf zu viel durcheinander.
Xavier Naidoo, hier während eines Konzerts in Berlin Foto: foto-ritter/imago
Eigentlich hat Xavier Naidoo eine gute Stimme! Bevor Sie jetzt gleich in die Luft gehen: Die Betonung liegt auf dem Wort „eigentlich“. Denn Xavier Naidoo ist seit Langem ein Fall für Antisemitismusbeauftragte und Initiativen, an die sich jene wenden, die von dem rassistischen und homophoben Gebaren des finsteren Verschwörungsapostels verstört werden.
Schon bevor er circa 2007 in den braunen Schlick abgedriftet war, wurden Naidoos rührselige Musik und messianische Texte verballhornt. Er hat immer polarisiert. Naidoo gehört zur ersten westdeutschen Generation, die HipHop „gelebt“ hat. HipHop – wir erinnern uns – ist minoritäre Popmusik, entstanden in den afroamerikanischen Ghettos. In Texten, in der Haltung, im Sound drückt sich Protest gegen Diskriminierung und rassistische Stereotype aus. Das Selbstbewusstsein der vielfältigen afroamerikanischen Kultur wurde zeitgemäß aufgebohrt.
Als US-HipHop Mitte der 1990er Jahre auch in Deutschland Massenkultur wurde, ging beim Transfer viel durcheinander. Das Land steckte damals in der nationalistischen Phase nach der Wiedervereinigung fest, Neonazis schlugen brutal zu. Naidoo war sogar beim afrodeutschen Antifa-Projekt Brothers Keepers mit dabei. Aber dann hatte er sich in den Kopf gesetzt, ein deutschsingender Soulinterpret zu werden, der sich mit den Mitteln von HipHop zum R&B-Star inszeniert. Damit ist er bald gescheitert.
Erinnert sei auch an Mannheim, eine proletarisch und migrantisch geprägte Industriestadt, in der Naidoo geboren wurde und zeitweilig als Türsteher gearbeitet hat. So wie das gesamte Rhein-Main-Neckar-Gebiet wurde Mannheim durch die US-Army musiksozialisiert. Heute findet man dort eine renommierte „Pop-Akademie“, die Talente ausbildet und sie Bühnencharisma und Medienkompetenz lehrt.
Xavier Naidoo, der verlorene Sohn Mannheims, war da leider nicht. Er wollte größer hinaus. Jetzt muss er erstmal deprogrammiert werden. Vielleicht kann er dann irgendwann wieder singen.
Xavier Naidoos Musikerkarriere: Mannheims verlorener Sohn
Xavier Naidoo wollte ein auf Deutsch singender Soulinterpret werden. Aber dann ging in seinem Kopf zu viel durcheinander.
Xavier Naidoo, hier während eines Konzerts in Berlin Foto: foto-ritter/imago
Eigentlich hat Xavier Naidoo eine gute Stimme! Bevor Sie jetzt gleich in die Luft gehen: Die Betonung liegt auf dem Wort „eigentlich“. Denn Xavier Naidoo ist seit Langem ein Fall für Antisemitismusbeauftragte und Initiativen, an die sich jene wenden, die von dem rassistischen und homophoben Gebaren des finsteren Verschwörungsapostels verstört werden.
Schon bevor er circa 2007 in den braunen Schlick abgedriftet war, wurden Naidoos rührselige Musik und messianische Texte verballhornt. Er hat immer polarisiert. Naidoo gehört zur ersten westdeutschen Generation, die HipHop „gelebt“ hat. HipHop – wir erinnern uns – ist minoritäre Popmusik, entstanden in den afroamerikanischen Ghettos. In Texten, in der Haltung, im Sound drückt sich Protest gegen Diskriminierung und rassistische Stereotype aus. Das Selbstbewusstsein der vielfältigen afroamerikanischen Kultur wurde zeitgemäß aufgebohrt.
Als US-HipHop Mitte der 1990er Jahre auch in Deutschland Massenkultur wurde, ging beim Transfer viel durcheinander. Das Land steckte damals in der nationalistischen Phase nach der Wiedervereinigung fest, Neonazis schlugen brutal zu. Naidoo war sogar beim afrodeutschen Antifa-Projekt Brothers Keepers mit dabei. Aber dann hatte er sich in den Kopf gesetzt, ein deutschsingender Soulinterpret zu werden, der sich mit den Mitteln von HipHop zum R&B-Star inszeniert. Damit ist er bald gescheitert.
Erinnert sei auch an Mannheim, eine proletarisch und migrantisch geprägte Industriestadt, in der Naidoo geboren wurde und zeitweilig als Türsteher gearbeitet hat. So wie das gesamte Rhein-Main-Neckar-Gebiet wurde Mannheim durch die US-Army musiksozialisiert. Heute findet man dort eine renommierte „Pop-Akademie“, die Talente ausbildet und sie Bühnencharisma und Medienkompetenz lehrt.
Xavier Naidoo, der verlorene Sohn Mannheims, war da leider nicht. Er wollte größer hinaus. Jetzt muss er erstmal deprogrammiert werden. Vielleicht kann er dann irgendwann wieder singen.
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Kommentar von
Julian Weber
Kulturredakteur
Julian Weber, geboren 1967 in Schweinfurt/Bayern, hat Amerikanische Kulturgeschichte, Amerikanische Literaturwissenschaft und Soziologie in München studiert und arbeitet nach Stationen in Zürich und Hamburg seit 2009 als Musikredakteur im Kulturressort der taz
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