piwik no script img

Panzer und TreibhausgaseAufrüstung treibt die Klimakrise an

Deutschlands Militärausgaben explodieren – und mit der größeren Bundeswehr auch deren CO2-Emissionen. Das liegt vor allem am Kraftstoffverbrauch.

Ausgebrannter russischer Panzer in der Ukraine Foto: Thomas Peter/reuters

Berlin taz | Dass Deutschland die Bundeswehr ausbaut, hat nicht nur militärische, sondern auch ökologische Folgen: Die CO2-Emissionen, die durch die Armee entstehen, haben sich im vergangenen Jahr um 55 Prozent erhöht, warnen Ex­per­t*in­nen in einer Studie, die am Dienstag erscheint und der taz vorab vorlag.

Demnach seien im vergangenen Jahr fast 9,5 Millionen Tonnen Treibhausgas angefallen. Zum Vergleich: Insgesamt verursachte die Bundesrepublik 673 Millionen Tonnen. Der Anteil des Militärs daran ist also immer noch überschaubar – aber rapide wachsend.

Die Studie mit dem Titel „Climate Crossfire“ (zu deutsch „Klima-Kreuzfeuer“) stammt von einem Bündnis mehrerer internationaler Organisationen, darunter der Thinktank Transnational Institute, die niederländische Gruppe Stop Wapenhandel, Tipping Point North South aus Großbritannien und das spanische Centre Delàs. Aus Deutschland zählen die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) zu den Mitherausgeber:innen.

Deutschland steckt immer mehr Geld in die Bundeswehr: Im Jahr 2022 war der Verteidigungsetat knapp über 50 Milliarden Euro groß, im Jahr darauf ebenfalls und hinzu kamen noch 8,4 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Bundeswehr.

Deutschlands Klimaziele in Gefahr

Im laufenden Jahr ist es noch deutlich mehr: Insgesamt gibt Deutschland nun 72 Milliarden Euro für das Militär aus. Das entspreche 2,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, frohlockte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im Januar im Bundestag. Damit habe Deutschland erstmals das Zwei-Prozent-Ziel des Nato-Bündnisses erreicht.

Das 1,5-Grad-Ziel, das Deutschland sich zusammen mit den anderen Regierungen der Welt im Pariser Weltklimaabkommen gesetzt hat, rückt damit hingegen weiter in Ferne. Dafür muss der Ausstoß von Treibhausgas schließlich weltweit deutlich sinken. Im vergangenen Jahr war das in Deutschland zwar der Fall, um 10 Prozent gingen die Emissionen zurück. Das lag aber zu großen Teilen an der schwachen Wirtschaft statt an dauerhaft wirksamer Klimapolitik.

Entsprechend warnt der Expertenrat für Klimafragen, der laut deutschem Klimaschutzgesetz die Politik der Bundesregierung überwacht: Es ist nicht gewährleistet, dass Deutschland sein Klimaziel für 2030 oder die Klimaneutralität bis 2045 erreicht.

Das größte Problemfeld ist dabei der Verkehrssektor, es gibt zu viele Autos – vor allem solche, die mit Benzin oder Diesel fahren. Und auch bei den klimaschädlichen Emissionen des Militärs ist der Kraftstoffverbrauch, etwa von Panzern, der treibende Faktor, warnen die Au­to­r*in­nen der Studie.

Auch international wirkt sich die Aufrüstung demnach schlecht aufs Klima aus. Das Wachstum der Militäremissionen ist aber insgesamt nicht ganz so stark wie das in Deutschland. Im weltweiten Schnitt betrug es laut Studie im vergangenen Jahr 15 Prozent.

Zwölf Monate über 1,5 Grad

Derweil reiht sich ein Negativrekord beim Weltklima an den anderen. Der Juni war weltweit der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen, meldete das EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus am Montag.

Es sei bereits der 13. Monat in Folge, in dem ein Temperaturrekord festgestellt worden sei. Außerdem liege die Durchschnittstemperatur schon seit einem Jahr bei mehr als 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Neben der Klimakrise liegt das auch an dem natürlichen Wetterphänomen El Niño, das alle paar Jahre vorübergehend auftritt und erhitzend wirkt.

Auch auf den Ozeanen war es besonders heiß. An der Meeresoberfläche erreichte die durchschnittliche Temperatur im Juni laut Copernicus zum 15. Mal einen Rekordwert für den jeweiligen Monat des Jahres.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Womit werden eigentlich die ganzen Drohnen und Raketen angetrieben, die tagtäglich in den grossen und kleineren Kriegen auf der Welt " verbraucht" werden und dann wieder unter großen Material und Energieeinsatz ersetzt werden ( müssen)?



    Kurz gesagt, wenn die Menschen vernünftig wären, könnten alle gut leben. Und das nicht auf Steinzeitniveau. 70 ziger Jahre hat mal jemand ausgerechnet. Ich habe diese Zeit als durchaus angenehm in Erinnerung. Es fehlte an nichts. Die Autos waren kleiner, aber 4 Räder hatten sie auch schon und erfüllten ihren Zweck und den ganzen digitalen Overkill hat auch kein Mensch vermisst und vor langer Weile ist auch niemand ums Leben gekommen!

    • @Matt Gekachelt:

      Ich denke die Autos der 70er würden kaum den Sicherheitsvorgaben der Gegenwart gerecht werden. Das macht sie natürlich schwerer. Trotzdem verbrauchen sie deutlich weniger Treibstoff als die 70er Jahre Leichtmodelle.

      Stichwirt Drohnen: Fragen Sie mal Herrn Putin wo das ganze Gerät jeden Tag Emissionen generiert. Der Ukraine-Krieg emittiert viel mehr CO2 als Deutschlands Aufrüstung, welche wiederum eine Folge von Putins Kriegslust ist.

  • taz: *Aufrüstung treibt die Klimakrise an*

    "Der Krieg ernährt den Krieg", sagte schon Wallenstein (1583 - 1634), aber der Krieg "ernährt" natürlich auch die Rüstungsfirmen. Und die Ölkonzerne freuen sich natürlich auch, denn so ein Panzer verbraucht im Gelände ca. 500 Liter Diesel auf 100 Km.

    Wie soll Klimaschutz mit noch mehr klimaschädlichem Wirtschaftswachstum ('deutsche Rüstungsfirmen gehören ja auch zur Wirtschaft') eigentlich funktionieren? Nun ja, um das zu verstehen muss man wohl Politiker sein.

  • Es fehlt der Hinweis, dass Russlands Krieg bereits jetzt ca 200 Mio to CO2 generiert hat…nur um Zahlen in Perspektive zu setzen.

  • Dumm gelaufen. Wir müssen Putin zeigen wo der Hammer hängt.



    Auch wenn das CO2 produziert.

  • Deutschland und die Nato muss verteidigungsfähig sein, und insbesondere Deutschland hat die Bundeswehr kaputtgespart. Was soll das, auf Klimaverträglichkeit bei Kriegsgerät zu schauen. Putin jukt das nicht und wer glaubt, dass bei einem Angriff durch Putins Truppen auf klimafreundlichkeit geachtet werden sollte ist gelinde gesagt ein Phantast.

  • In den den Feuerlöschsystemen von Panzern und Flugzeugen werden Halon-Gase benutzt.Ein sehr klimaschädliches Gas.

  • Um in Freiheit zu leben, sollten wir die Klimaziele anpassen. Als die Ziele festgelegt wurden, lebten wir noch in einer anderen Zeit.

    • @Dirk Osygus:

      Egal, wie die Klimaziele formuliert werden - sie interessieren nicht mal Eltern und Großeltern.



      Wenns um Malle (u. ä.) geht: F... the Nachkommen!

  • Es gibt eben Dinge, die werden einem ungewollt aufgezwungen. Ja, Panzer und Armeefahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe sind nicht Umweltschonend oder CO2-freundlich. Was für eine Erkenntnis ...



    Aber da ist eben ein imerialistischer Faschist und Kriegstreiber im Kremel, der Krieg führt und uns alle bedroht. Der zwingt uns das auf.

  • Vielleicht kommt ja morgen, am offiziellen Vorstellungstag, etwas mehr aus der Studie, damit die Überschrift mit Substanz gefüllt wird. Es wäre interessant, woher die CO2 Emissionen stammen, Verbrauch, Panzerbau, Munition, Kasernen heizen, Soldaten pendeln etc.