Pannen bei Corona-Tests in Bayern: 46 Infizierte weiter ahnungslos
Bisher haben die bayerischen Behörden nur 903 der 949 positiv getesteten Urlaubsrückkehrer erreicht.

Demnach wurden die Ergebnisse von 44.000 bis zum 11. August getesteten Rückreisenden nicht oder sehr verspätet mitgeteilt, darunter waren 949 Corona-positiv. Von diesen konnten bisher 903 informiert werden, bei 46 Betroffenen gelang das nicht, so die Ministerin. Zu ihnen lägen „keine passenden Personendaten vor“.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte die Einrichtung von mobilen Testzentren für Reiserückkehrer an den Autobahnen in Grenznähe und auf Bahnhöfen in aller Eile durchgesetzt. Damit wollte sich Söder an die Spitze der Coronabekämpfer stellen und lobte die Tests als „Service für ganz Deutschland“. Denn nicht nur bayerische Bürger, sondern alle Einreisenden können sie auf Wunsch kostenlos in Anspruch nehmen.
Mitte vergangener Woche musste Huml die Öffentlichkeit informieren, dass ein Großteil der Reiserückkehrer nicht über die Ergebnisse informiert worden war, auch nicht die Infizierten. So bestand die Gefahr, dass diese unwissentlich weitere Menschen anstecken. Das Debakel sorgte bundesweit für Kritik, vor allem an Söder. Ministerin Huml bot Söder am vergangenen Freitag zwei Mal ihren Rücktritt an, Söder lehnte ab.
Servus Ehrenamtliche!
Das Coronatestchaos wurde damit erklärt, dass noch keine passende Software zur Erfassung der Personendaten zur Verfügung gestanden habe. Als Zwischenlösung notierten häufig Ehrenamtliche von Hilfsorganisationen wie dem Bayerischen Roten Kreuz die Daten per Hand. Da sich sehr viele Einreisende testen ließen, kam man mit dem Informieren der Betroffenen nicht mehr hinterher.
Zuständig für die Organisation ist das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), dessen Präsident Andreas Zapf von Söder nach dem Skandal versetzt wurde. Nun sollen die Tests von kommerziellen Laboren übernommen werden.
Laut Huml hat das LGL jetzt „mit großartiger Unterstützung der Bayerischen Bereitschaftspolizei“ daran gearbeitet, die positiv Getesteten zu erreichen. Allerdings war das schon zuerst für den Freitag und dann für den Samstag versprochen worden. Bei den fehlenden 46 Menschen wird dies wohl kaum noch gelingen. Sie haben beispielsweise nicht korrekte Handynummern angegeben, sind nicht erreichbar oder die Personalien stimmen nicht.
Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Grünen im Bayerischen Landtag, kritisierte, das „CSU-Testchaos mit deutschlandweiten Auswirkungen“ dürfe sich nicht wiederholen. Söder und Huml müssten lernen, „absehbare Herausforderungen in der Coronakrise frühzeitig zu erkennen, und ihr Handeln am Leistbaren und Vertretbaren ausrichten“.
Für an bayerischen Grenzen Getestete hat das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eine Hotline eingerichtet: 0 91 31/68 08-51 01.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn