Organisator über Anti-Seehofer-Demo: „Angela, schmeiß ihn raus!“
Seehofer arbeitet an einer nationalistischen Kehrtwende und alle schauen zu. Am Montagabend soll die bayerische Landesvertretung umzingelt werden.
taz: Unter „Heimat-Horst muss weg“ soll heute vor der bayerischen Landesvertretung in Berlin demonstriert werden. Was soll mit Seehofer geschehen?
Karsten Grabowski: Die Forderung „Seehofer muss weg“ stellen wir dem AfD-Wutbürger-Slogan „Merkel muss weg“ entgegen. Denen hat sich der Heimat-Horst ja voll und ganz angeschlossen. Wir sagen daher: Angela, lass dich nicht verseehofern und schmeiß ihn raus. Wenn die CSU – was offensichtlich ist – lieber mit der AfD regieren will, sollte Merkel die Konsequenzen ziehen und die Unionsgemeinschaft mit der CSU endlich aufkündigen. Seehofer sollte nach Ungarn auswandern und seinen Bruder im Geiste, Alexander Gauland, gleich mitnehmen. Am Plattensee können sie dann zusammen nackt baden gehen.
Was werfen Sie Seehofer vor?
Seehofer setzt auf die Achse Sebastian Kurz, Matteo Salvini und Viktor Orbán. Das sind chauvinistische, teils faschistische Kräfte. Von Österreich, über Italien und Ungarn bis zu Trumps Amerika, tut sich eine menschenverachtende Front auf – und Seehofer will da voll mit reingehen. Dabei geht es ihm gar nicht um einzelne Sachfragen, wie die Abweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze. Es gibt keine Notsituation an den Grenzen, das ist herbeifabuliert. Aber es gibt eine Besessenheit auf dieses Thema.
Worum geht es ihm dann?
Seehofer geht es wie der AfD darum, den Diskurs immer weiter zu verschieben und eine rechtsnationalistische Kehrtwende hinzulegen. Damit wird er auch nicht aufhören, selbst wenn seine aktuelle Forderungen von der Kanzlerin erfüllt würden. Er möchte eine Gesellschaftsform durchsetzen, die gegen jene Grundwerte steht, die hierzulande hochgehalten wurden. Gleichheit und Freiheit existieren für ihn nicht. Das ist eine historische Bedrohung.
ist Aktivist der Hedonistischen Internationale, Sektion Homeland Security. Er organisiert die Kundgebung gegen Horst Seehofer vor der bayerischen Landesvertretung.
Auf den Straßen ist es ruhig, Protest gegen Seehofers Politik ist bislang nicht zu vernehmen.
Wir fragen uns genau das: Was ist denn los in Deutschland? Wo ist der liberale Teil der Gesellschaft? In erster Linie versagt die SPD. Sie wäre der wichtigste politische Gegenspieler. Indem sie immer noch in der Koalition ist, ermöglicht sie diesen Amoklauf von Horst Seehofer. Macht einer von denen mal das Maul auf? Wo ist denn der Bundespräsident? Wann haben wir jemals erlebt, dass eine Bundeskanzlerin so massiv erpresst wurde, und auch er kriegt das Maul nicht auf. Die Gewerkschaften sind still, die Kirchen, die Parteien; Intellektuelle, Schriftsteller, Künstler – Fehlanzeige. Niemand scheint aktuell in der Lage zu sein, die historische Bedrohung zu erkennen.
Warum ist das so?
Heimat-Horst muss weg - Kundgebung. Bayerische Landesvertretung umzingeln.
Montag, 25. Juni 2018, 18 Uhr, Behrenstraße 21/22, 10117 Berlin.
Alle hoffen wie narkotisiert, dass es von alleine vorbeigeht. Aber das wird es nicht.
Was soll auf der Kundgebung passieren?
Es wird Redebeiträge geben, etwa von SeaWatch, einer der jetzt kriminalisierten Rettungsmissionen im Mittelmeer. Wenn es genug Leute werden, schließen wir eine Menschenkette um die bayerische Landesvertretung. Im Anschluss werden wir am Brandenburger traditionelle Berliner Volkstänze aufführen. Falls uns Horst Seehofer begegnet, werden wir ihn an die bayerische Landesgrenze bringen. In München wollen Menschen heute ebenfalls auf die Straße gehen, denn verständlicherweise ist das für sie keine Lösung. Sie können ihn ja dann gleich weiter nach Ungarn transportieren.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung