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Offener Brief der AutobahnblockiererÖzdemir erscheint nicht

Die „Letzte Generation“ pausiert mit ihren Autobahnblockaden bis Sonntag. Am Mittwoch verlas sie ihre Forderungen an die Regierung.

Letzte Generation am Mittwoch vor dem Bundestag Foto: Christophe Gateau/dpa

Keine Blockaden der Autobahnen, und das bis Sonntag. An einem kalten und regnerischen Mittwochmittag ging der „Aufstand der letzten Generation“ den nächsten Schritt: ein Gespräch mit den zuständigen Personen für Ernährung suchen, um das von ihnen geforderte Essen-Retten-Gesetz nach französischem Vorbild umzusetzen. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, Justizminister Marco Buschmann und Bundeskanzler Olaf Scholz waren offiziell eingeladen. Der Treffpunkt: 14 Uhr vor dem Reichstagsgebäude.

Özdemir hatte sich zwar am Dienstag zu einem Gespräch bereit erklärt. Doch vor dem Reichstag war kei­n:e Po­li­ti­ke­r:in erschienen. Dafür rund 30 Ak­ti­vis­t:in­nen mit schwarzen Bannern mit der Aufschrift „Essen retten. Leben retten.“ Außerdem ein paar Po­li­zis­t:in­nen und viel Presse. Denn die Aufmerksamkeit, die sie wollten, haben die Ak­ti­vis­t:in­nen bekommen. Das geforderte Gesetz zur Einschränkung von Lebensmittelverschwendung in Deutschland jedoch nicht.

Nun pausiert die „Letzte Generation“ erst einmal mit ihren Blockaden. Stattdessen gab es ein zweiminütiges Schweigen vor dem Reichstagsgebäude. Danach verlasen zwei Ak­ti­vis­t:in­nen einen offenen Brief, in dem ihre Anliegen und Forderungen zusammengefasst sind. „Vielleicht endet unsere Spezies Mensch“, heißt es.

Entschuldigung an Au­to­fah­re­r:in­nen für die Störung

Mit Untergangsrhetorik appellieren die Ak­ti­vis­t:in­nen, man entschuldige sich aber auch aufrichtig bei allen Mitmenschen für die Störung. Nun richten sie sich direkt an die Bundesregierung: „Wir fordern Sie auf, bis Sonntagabend mindestens einen verlässlichen Zeitplan zu verkünden, bis zu dem Sie das Essen-Retten-Gesetz in den Bundestag einbringen werden.“

Ihre Aktionen könnten ausgesetzt werden, wenn die Verantwortlichen sich bis dahin zu den vorgetragenen Forderungen verlässlich und überprüfbar erklärten. Wenn nicht, werde die Gruppe zu weiteren Maßnahmen greifen und auch Häfen und Flughäfen blockieren. Mit den Worten „Wir müssen jetzt unser Essen retten, um unser Leben zu retten“, beendete Sprecherin Carla Hinrichs die Veranstaltung und ließ einen Teller mit Essen und ein volles Glas mit Trinkjoghurt auf die Pflastersteine fallen.

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26 Kommentare

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  • Ich kann den Druck nachvollziehen, den die Aktivisten empfinden. Nur, ihr Zwang hilft nicht, wenn sie nicht lernen, dass Aufmerksamkeit nicht zwangsläufig zu Auseinandersetzung und Entwicklung führt.

  • Flughäfen zu blockieren, da dachte ich im ersten Moment, das ist vielleicht eine gute Idee. Anders als bei Autobahnblockaden können dabei keine Einsatzfahrten von Feuerwehr und Rettungsdienst behindert werden. Man müsste aber eben viel Ahnung von Luftfahrt mitbringen, um sicherzustellen, dass man zwar den Abflug, nicht aber die Landung von Flugzeugen verhindert. Damit würde man ja auch wieder Menschenleben gefährden.

  • Wofür braucht man ein Gesetz, wenn das, was man in Frankreich mit dem entsprechenden Gesetz, dass die drastische Reduzierung von Lebensmittelabfällen runter von 16% forderte, in DE längst erreicht wurde.

    Gerade mal 4% Verlust gibt es in den Supermärkten n DE dank den Tafeln. Dass es da gerade die "Letzte Generation" ist, die die Tafeln dann auch noch kritisch sieht ( taz.de/Aktivistin-...neration/!5831243/ ) macht deren pathetische Weltuntergangs-Aktionen wenig glaubhaft und überzeugend.

    Und übrigens: Die Tafeln suchen ehrenamtliche Mitarbeiter. www.tafel.de/mitmachen Ohne ehrenamtliche Mitarbeit wird sonst die Menschheit aussterben 🤓

    • @Rudolf Fissner:

      Schön heraus seziert! So sieht´s doch aus:www.bmel.de/DE/the...e-deutschland.html

      • @zeroton :

        Machen Sie gerade ein Länderwettrennen :-)

        Es muss nicht heißen Frankreich liegt bei den Konsumenten vorne sondern, um den albernen Fokus der Helden der letzten Tage zu kritisieren: Verschwendet wird zu Hause.

        Die Grafik des bmel kenn ich. Nicht die paar 4% bei den Supermarktketten sind demnach das Problem sondern die 52% bei den privaten Verbrauchern und 14% Außer-Haus-Verpflegung (Restaurants, Pizza-Dienste und co.)

        • @Rudolf Fissner:

          "Machen Sie gerade ein Länderwettrennen"



          Nee, damit hast du angefangen.



          Übrigens beinhaltet die Forderung nach einem Gesetz nicht nur den Ausstoß des



          Handels zu begrenzen. Vll liegt darin deine Einschränkung. Die von dir gern zitierte Tafel begrüßt ein Gesetz und fordert darin: www.tafel.de/filea...lverschwendung.pdf

  • und überhaupt ...

    daß die spezies humanoid eines tages von der bildfläche verschwindet ist nur mehr als logisch auf dem planeten.

    wir sind evolutionsentsprechend auch nur eine kleine biomassenmutante.

  • taz: "Özdemir hatte sich zwar am Dienstag zu einem Gespräch bereit erklärt. Doch vor dem Reichstag war kei­n:e Po­li­ti­ke­r:in erschienen."

    Wahrscheinlich ist Bundesminister Özdemir mit seinem E-Bike nicht durch den Berliner Verkehr gekommen. Wenn der Klimawandel fortschreitet, dann müssen sich die jungen Aktivisten um Lebensmittelverschwendung ohnehin keine Gedanken mehr machen, denn dann ist es vorbei mit „Essen retten, Leben retten“, weil auf den Feldern nichts mehr wachsen wird, was man dann anschließend wegwerfen könnte.

    Mal eine Frage am Rande: Wofür haben die Leute eigentlich die Grünen gewählt, wenn grüne Politik schon nach ein paar Monaten 'Ampelkoalition' in die Biotonne geworfen wurde?

    • @Ricky-13:

      Die Frage ist doch eher, warum Porsche von der Linkspartei als Vorsitzender des Umweltausschuss nicht ,it seinem Wägelchen vorgefahren ist. Man wollte doch die Sperrsitze der Bewegungen sein.

      • @Rudolf Fissner:

        Ich hatte mich schon gewundert, dass Sie in letzter Zeit gar kein 'Linken-Bashing' mehr in der taz betreiben. Es freut mich, dass Sie jetzt wieder in alter Form sind.

        "Porsche-Klaus" - auf den Sie hier anspielen - fährt übrigens schon seit Jahren einen Audi. Im Gespräch mit der SZ sagte Klaus Ernst: "Der Porsche steht sehr umweltfreundlich in der Garage." [Süddeutsche Zeitung (SZ) - 15.12.2021]

        Man kann sich als Bürger die Leute in einer Partei halt nicht aussuchen, deshalb mussten wir ja auch jahrelang solche "Politiker" wie Andi Scheuer (CSU) ertragen, der dem Bürger Hunderte von Millionen Euro Schadensersatzleistung für seine "Pkw-Maut" beschert hat, oder Julia Klöckner (CDU), die das Unkrautvernichtungsmittel 'Glyphosat' verharmlost hat und die wohl auch heute noch behaupten würde, dass man das krebserregende Glyphosat mit harmlosen Schokobonbons vergleichen kann.

        • @Ricky-13:

          "Der Porsche steht sehr umweltfreundlich in der Garage."

          ROFL. Er hat also noch nen Zweitwagen! Lassens lieber, Sie machen es nur noch schlimmer für ihre Lieblingsfarbe. Und dann noch der Vergleich mit dem Scheuer ... Das hat Porsche Ernst nun auch nicht verdient. 🤪

          Überhaupt: Warum ist nicht due ganze Bundesregierung zu Besuch gekommen bei den Aktivisten?

  • Dieser Aktivismus ist Ergebnis eines politisch blinden Flecks, der durch die Ignoranz parlamentarischer Vertreter und der Mehrheit der Bevölkerung verursacht wird. In Anbetracht der Dringlichkeit zum Handeln sucht sich die Bewegung ein Ventil. Dabei ist so manchem braven Bürger dabei nicht klar, dass Vernichtung von Lebensmitteln auch ein Faktor der ungebremsten Klimaerwärmung ist.



    Gutheißen will ich diesen Aktivismus damit nicht, doch nachvollziehen lässt er sich schon. Verständnis für die Blockade eines Gesetzes das wirklich Sinn machte, bringe ich allerdings überhaupt nicht auf. Blockiert wird hier und anderswo nun ja ganz legal, nur die Folgen werden tragischer als der vorübergehende Stillstand auf den Verkehrswegen sein.

  • Soso liebe tazzis. Cem Özdemir, Marco Buschmann und Olaf Scholz waren also eingeladen und "kei­n:e Po­li­ti­ke­r:in" ist erschienen... Einfach nur aua.



    Von diesem sprachlichen Tiefschlag abgesehen: Erst wurde genötigt, dann gefordert - das Strafgesetzbuch kennt sowas als versuchte Erpressung. Außer man steht auf der "richtigen" Seite nechwar. Auch besteht an keiner Stelle zu befürchten, dass die Spezies Mensch "endet". Eher bleibt sie mit den Kakerlaken allein übrig

  • Nur mal zum Nachdenken:

    Der Terror ist die systematische und oftmals willkürlich erscheinende Verbreitung von Angst und Schrecken durch ausgeübte oder angedrohte Gewalt, um Menschen gefügig zu machen. Wikipedia

    • @TheoTheo Praktisch:

      und was hat das mit dem Artikel zu tun ?

  • Noch leben wir in einer Demokratie mit gewissen Regeln. Gesetze zu erpressen ist keine davon. Politik darf sich nicht zwingen lassen, unabhängig von der Sinnhaftigkeit. Nicht von der letzten Generation, wen immer die damit meinen, aber auch nicht von der EU oder unseren Freunden in Go West.

  • Es wird Zeit, dass der Gesetzgeber aktiv wird.

    Er sollte Strafgesetze konkretisieren und Strafrahmen verschärfen, um gegen jene Form des Aktivismus vorzugehen und diese Aktivisten für eine ganze Weile von der Straße zu holen.

    • @DiMa:

      Ich weiß nicht was Sie mit "Strafgesetze konkretisieren" meinen. Soweit mir bekannt ,reichen die gegenwärtig bestehenden Gesetze aus.Den Strafrahmen braucht man meistens auch nicht "verschärfen" sondern ausschöpfen.



      Und es muß auch im Verhältnis stehen.Wenn man für die fahrlässige Tötung von vier Menschen und Gefährdung des Straßenverkehr zwei Jahre auf Bewährung bekommt, zwas soll man dann für eine bloße Blockade bekommen?

      • @Mustardmaster:

        Derzeit weigern sich Richter wohl noch, Strafen im Zusammenhang mit den Blockaden auszusprechen. Insoweit bestehen wohl noch Unklarheiten bei der Rechtsauslegung. Daher sollte beispielsweise § 105 StGB entsprechend konkretisiert werden. Mindeststrafe wäre dann 6 Monate (ggf. auf Bewährung).

        Das jüngst ergangene Urteil zur fahrlässigen Tötung finde ich einen Skandal, selbst wenn sich im Verfahren heraus gestellt haben sollte, dass der Fahrer nicht über seine Fahruntauglichkeit belehrt gewesen sein sollte.

        Daher insgesamt Strafrahmen anpassen und gesetzlich mehr Mindeststrafen vorgeben.

  • „Vielleicht endet unsere Spezies Mensch“

    Wer glaubt denn so etwas? Tatsächlich wird die Menschheit in den nächsten Jahrzehnten weiter stark wachsen. Also, wer wirklich Angst hat, dass die Menschheit ausstirbt, soll sich mit diesem Thema wissenschaftlich befassen.

    • @V M:

      Wissenschaft? Na dann empfehle ich doch noch einmal das hier:



      www.youtube.com/watch?v=O133ppiVnWY



      Bemerkenswert ist, daß der Vortragende bereits seit 2013 nicht mehr unter uns weilt und der Vortrag so um die Jahrhundertwende anzusiedeln ist. Da geht es um die mathematischen Grundlagen des Wachstums und Ressourcenverbrauchs. Und darauf aufbauend ist es sehr wohl möglich, daß der Homo sapiens aufgrund seiner Aktivitäten verschwindet. Oberföörster Pudelich würde als Vergleich vielleicht eine Borkenkäferkalamitt in einer Fichtenmonokultur heranziehen.

    • @V M:

      Grob geschätzt sind 99 % aller Spezies ,die jemals auf dem Planeten gelebt haben, ausgestorben.Es ist davon auszugehen das auch Homo sapiens eines Tages nicht mehr sein wird. Die Frage ist innerhalb welchen Zeitraumes ( Jahre,Jahrzehnte, Jahrhunderte, Jahrtausende,... ) und wie . Neben dem Aussterben durch Umweltkatastrophen im weitesten Sinne,wäre ja auch die evolutionäre Entwicklung zu einer neuen Spezies möglich .



      Sich aber gegenwärtig als Letzte Generation zu bezeichnen ist schon stark übertrieben.

      • @Mustardmaster:

        So siehts aus.

      • @Mustardmaster:

        "Letzte Generation" bezieht sich auf die Tatsache, dass es die letzte Generation ist, die aktiv gegen die Erhitzung des Klimas vorgehen kann, die letzte Generation, die die Klimakatastrophe durch ihr Tun einbremsen kann, bevor es zu sogenannten Kaskadeneffekten kommt .de.wikipedia.org/w..._im_Erdklimasystem

    • @V M:

      Selbst wenn die Spezies Mensch bei ungebremster Erwärmung der klimatischen Verhältnisse irgendwo und irgendwie überlebt, dann ist das sicher nicht die Welt, wie wir sie heute kennen. Es könnte angesichts komplett unbewohnbarer Regionen eng werden und es könnte schwierig werden, die Menschen zu ernähren...

      Wenn man ein wenig im Netz recherchiert, finden sich genügend seriöse Artikel dazu.

      www.fr.de/wissen/s...chen-13755591.html