Ökonomin Veronika Grimm: 4 gegen 1 bei den Wirtschaftsweisen
Es kriselt bei den wichtigsten ökonomischen BeraterInnen der Bundesregierung: Die Ökonomin Veronika Grimm soll das Gremium der Wirtschaftsweisen verlassen.

Im Dezember erfuhren die Mitglieder des wichtigsten ökonomischen Beratergremiums der Bundesregierung offenbar aus den Medien von der Nominierung der Erlanger Wirtschaftsprofessorin als Aufsichtsrätin bei Siemens Energy. Und waren „entsetzt“, wie aus dem Gremium zu hören ist: Der Energietechnik-Konzern habe Staatsbürgschaften in Höhe von 7,5 Milliarden Euro erhalten und buhle um Aufträge durch die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung.
Deshalb sei die Nominierung für den Siemens-Posten zwar eine „Auszeichnung“ für Grimm, aber auch eine „Herausforderung“ für den Rat, heißt es in einer Mitteilung der „Wirtschaftsweisen“ Monika Schnitzer, Achim Truger, Ulrike Malmendier und Martin Werding. Mögliche Interessenskonflikte berührten „die Arbeit des Sachverständigenrates in Kernbereichen“.
Das Sachverständigenratsgesetz von 1963 schließe zwar die Wahl eines Ratsmitglieds in einen Aufsichtsrat nicht aus. Jedoch habe die „öffentliche Sensibilisierung für Compliance-Themen stark zugenommen“. „Wenn wir Veronika in Zukunft von Beratungen über grünen Wasserstoff oder Windenergie ausschließen müssen, wäre das eine Katastrophe, das ist ja ihr Fachgebiet“, lässt sich die in den USA tätige Ökonomin Malmendier zitieren. „Wenn sie andererseits das Problem selbst nicht sieht und sagt, nee, ihr müsst mich gar nicht ausschließen, haben wir noch ein größeres Problem.“
„Weise“ schon in Aufsichtsräten
Grimm sieht das anders – und will sich in der kommenden Woche auf ihren neuen Posten wählen lassen: Sie will die Doppeltätigkeit vom Habeck-Ministerium und vom Bundeskanzleramt prüfen lassen. Was nun? Aus dem FDP-geführten Finanzministerium hieß es am Donnerstag, es sehe keine Gründe für einen Ausschluss der Ökonomin.
FDP-Wirtschaftspolitiker Reinhard Houben meinte gar, es sei „perfide“, einen Interessenkonflikt zu konstruieren, auch frühere „Weise“ hätten in Aufsichtsräten gesessen. Dass Grimm vergleichsweise häufig in den Medien auftaucht und konservative Standpunkte vertritt, sei auf jeden Fall nicht der Grund gewesen, die Sache öffentlich zu machen, heißt es unisono aus Ratskreisen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen