piwik no script img

Ökonom Achim Truger über Wachstumszwang„Das hat noch niemand versucht“

Wegen der grünen Transformation müsse sich Deutschland vom Wachstumszwang lösen, rät Achim Truger. Es braucht auch einen neuen Begriff von Wohlstand.

Wohlstandplatz: Ein teures Auto vor der Garage gilt immer noch als wertvoll. Eine Szene in Berlin-Wannsee Foto: Jens Gyarmaty
Simon Poelchau
Interview von Simon Poelchau

taz: Nachdem die Wirtschaft vergangenes Jahr um 0,3 Prozent leicht geschrumpft ist, wird sie ihren Schätzungen zufolge dieses Jahr um 0,2 Prozent leicht wachsen. Ist die Lage tatsächlich so schlimm, wie zuletzt behauptet?

Achim Truger: Wenn die Wirtschaft schrumpft oder stagniert, dann haben die Menschen weniger in der Tasche. Und es gab in Deutschland seit fünf Jahren de facto kein Reallohnwachstum mehr. Das heißt, dass sich die Menschen weniger leisten können als noch vor der Coronakrise. Gleichzeitig spart der Staat wegen schlechterer Finanzlage statt in die Zukunft zu investieren. Diese beiden Probleme hätten wir nicht, wenn es ein kräftiges Wachstum gäbe.

Bild: Frederic Kern/imago
Im Interview: Achim Truger

Achim Truger seit 2019 Mitglied bei den sogenannten Wirtschaftsweisen, einem Beratergremium der Bundesregierung. Der Ökonom lehrt und forscht an der Universität Duisburg-Essen

Deutschland ist ein reiches Land. Zuletzt hat die Ungleichheit aber noch weiter zugenommen. Sowohl den schwachen Konsum als auch die schlechte öffentliche Haushaltslage könnte man auch mit Umverteilung via höherer Löhne sowie Steuern angehen. Warum braucht es deswegen ein starkes Wirtschaftswachstum?

Weil es nicht so einfach ist, wie Sie sagen. Wenn es weniger zu verteilen gibt, verschärfen sich gerade in Abschwungphasen die Verteilungskonflikte. Statt mehr Verteilungsgerechtigkeit wird deswegen ein Abbau des Sozialstaates diskutiert. Die FDP-Spitze zum Beispiel stellt derzeit das Bürgergeld und die Rente mit 63 in Frage.

Es braucht also Wirtschaftswachstum für den Erhalt des sozialen Friedens?

Kurzfristig ist ein stärkeres Wirtschaftswachstum wichtig, um Verteilungskonflikte zu vermeiden. Langfristig sollte sich die Gesellschaft aber vom Wachstumsparadigma lösen und diskutieren, was Wohlstand für sie ist und wie dieser gerecht verteilt werden kann.

Müssen wir nicht eh im Zuge der ökologischen Transformation weg vom Imperativ des Wachstums?

Es hat in der Vergangenheit durchaus Fortschritte und eine gewisse Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch gegeben. Aber ob wir es in der kurzen Zeit, die uns noch bleibt, zur Klimaneutralität schaffen, wenn die Wirtschaft weiter wächst, steht in den Sternen. Denn dafür gibt es keine Blaupause. Das hat noch niemand versucht.

Sie sind also weniger optimistisch.

Selbst wenn wir wüssten, dass wir für das Erreichen der Klimaneutralität schrumpfen müssen, wissen wir nicht, wie das geht. Was die Gesellschaft bisher lediglich kann, ist krisenhaft zu schrumpfen. Das geht aber mit einer massiven Arbeitslosigkeit und anderen gefährlichen sozialen Konflikten einher. Deswegen sollte die Gesellschaft auch nicht darüber streiten, ob wir uns noch Wachstum erlauben können oder nicht, sondern über die richtigen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität diskutieren. Wenn wir dieses Ziel sozial gerecht erreichen können, ist es nebensächlich, ob es dann noch ein Wachstum gibt.

Was wären die richtigen Maßnahmen?

Als erstes muss massiv in die Klimaneutralität investiert werden. Dafür ist eine Reform der Schuldenbremse notwendig. Auch die Länder und Kommunen müssen in der Lage sein, den Investitionsstau zu beheben. Auch die Menschen und Unternehmen müssen fit gemacht werden für die klimaneutrale Zukunft.

Einige Öko­no­m*in­nen setzen vor allem auf den CO2-Preis, um Emissionen teurer zu machen…

Der CO2-Preis alleine wird uns nicht in die klimaneutrale Zukunft führen. Stattdessen könnte es sogar sinnvoll sein, im Zuge der Transformation für bestimmte Güter Preisbremsen einzuführen.

„Wirtschaftsweise“ dämpfen Prognose

Deutschland tritt auf der Stelle

Die sogenannten Wirtschaftsweisen haben ihre Prognose gesenkt. Im Herbst gingen die Berater*innen der Bundesregierung noch von einem Wirtschaftswachstum von 0,7 Prozent für dieses Jahr aus. In ihrem am Mittwoch veröffentlichten Frühjahresgutachten sind es nur noch 0,2 Prozent. 2025 wird die Wirtschaft demnach um 0,9 Prozent wachsen.

In der EU läuft es besser

Unterdessen geht die EU-Kommission in ihrer Frühjahrsprognose von einem Wachstum in der EU in diesem Jahr von 1,0 Prozent aus. Für 2025 schätzt sie ein Plus von 1,6 Prozent.

Inflation geht zurück

Eine gute Nachricht zum Schluss: Die Preise steigen nicht mehr so schnell. Die Wirtschaftsweisen gehen von einer Inflationsrate von 2,4 Prozent für 2024 und 2,1 Prozent für 2025 aus. Vergangenes Jahr lag die Inflation bei 5,9 Prozent. (spo)

Warum?

Ein steigender CO2-Preis kann die Inflation antreiben und zu sozialen Spannungen führen. Arme Haushalte werden sich nämlich keinen neuen, sparsameren Kühlschrank leisten können, um die steigenden Stromkosten durch einen geringeren Verbrauch zu kompensieren.

Die gestiegenen Strompreise waren in den vergangenen Monaten auch Thema in der Debatte um den Industriestrompreis. Kann man nicht in Kauf nehmen, dass gewisse, energieintensive Teile der Industrie aus Deutschland abwandern, statt diese langfristig zu subventionieren?

Klimapolitisch ist nichts gewonnen, wenn energieintensive Unternehmen abwandern und im Ausland weiterhin CO2-intensiv produzieren. Gleichzeitig hat die Debatte um Subventionen eine zweite Dimension: Es geht auch um Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft. Und die Wirtschaft wird auch in Zukunft einen gewissen Umfang an Stahlproduktion und chemischer Industrie brauchen. Hinsichtlich der gestiegenen geopolitischen Spannungen wäre es heikel, diese Branchen wegen zu hoher Energiepreise komplett ziehen zu lassen.

Aber das wird doch bestimmte Güter wieder teurer machen.

Deswegen muss klar gesagt werden, welche Industrien man in Zukunft im Inland braucht. Dann müssen diese Teile auch hier bleiben und hier dekarbonisiert werden.

Heißt das letztlich auch, dass sich viele Menschen in Zukunft weniger leisten werden können als früher?

Wenn dadurch die Wirtschaft etwas schrumpft, heißt es nicht, dass die Gesellschaft automatisch an Wohlstand verliert und es den Menschen wirklich schlechter geht.

Warum?

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist ein schlechter Indikator für Wohlbefinden. Wenn es steigt, geht es den Menschen auch nicht automatisch besser. Deswegen sollte es einen umfassenderen Begriff von Wohlstand geben. So dient ein großer Teil der Produktion auch der Produktion von Statussymbolen. Folglich wäre viel an Ressourcen gespart und Wohlstand geschaffen, wenn in einen guten und verlässlichen öffentlichen Nah- und Fernverkehr investiert wird, statt SUV mit 300 Sachen über Autobahnen brettern zu lassen.

Derzeit wird im Rahmen der Diskussion um die Viertagewoche viel über die Verkürzung von Arbeitszeit debattiert. Kann mehr Freizeit nicht auch mehr Wohlstand bedeuten?

Gerade Liberale sollten sich fragen, welche Präferenzen die Menschen haben. Wenn sie lieber weniger Arbeit statt höhere Löhne haben wollen, dann ist das ein legitimes Bedürfnis. Gleichzeitig gilt: Weniger bezahlte Arbeit ist nicht automatisch weniger Arbeit. Viele gesellschaftlich notwendige Aufgaben wie Ehrenämter, Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen werden außerhalb der bezahlten Arbeitszeit erledigt. Diese Arbeiten spiegeln sich nicht im BIP wider. Sie sind aber extrem wichtig für den gesellschaftlichen Wohlstand.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die meisten Entschuldigungsträger sind narzisstisch veranlagt und interessieren sich nicht wie die Menschheit in 100 Jahren leben wird

  • "Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist ein schlechter Indikator für Wohlbefinden"

    Und warum wollen die Leute aus Ländern mit geringem BIP lieber in Länder mit hohem BIP?

    Liegt es vielleicht doch daran, dass das Wohlbefinden bei höherem BIP auch er ist?

  • Ökonom Achim Truger: *Langfristig sollte sich die Gesellschaft aber vom Wachstumsparadigma lösen und diskutieren, was Wohlstand für sie ist und wie dieser gerecht verteilt werden kann. [...] Folglich wäre viel an Ressourcen gespart und Wohlstand geschaffen, wenn in einen guten und verlässlichen öffentlichen Nah- und Fernverkehr investiert wird, statt SUV mit 300 Sachen über Autobahnen brettern zu lassen.*

    Holla, bin ich jetzt aus Versehen in ein Paralleluniversum geraten, wo Ökonomen und Wirtschaftsweise noch logisch denken können und nicht die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder an den Meistbietenden verhökern wollen? Wenn da nicht wieder ein versteckter 'hinterhältiger Haken' im Spiel ist, dann hat der Mann doch sehr gute Ansichten.

  • Die aktuelle Bedeutung von Wohlstand ist schnell erklärt:



    Einfach viel mehr haben als die anderen.

  • Die Frage ist doch nicht so sehr ob etwas geht, sondern wie der Weg dorthin aussieht und an welche Folgen zu denken ist.



    Heute wird die Verteilung über unterschiedliche Geld Zuflüsse geregelt. Soweit ganz einfach.



    Die Produktionsentscheidung, was wie produziert wird, hängt von der Antwort auf die Frage ab, ob ich danach mehr habe als davor, was ein andere Aspekt von Wachstum ist.



    Bis dato führt nur ein „Ja“ zu einer Produktion. Ein „Nein“ zu keiner. Zu sehen an der nicht Produktion von neuen Antibiotika. Also wer entscheidet bei Null- oder Negativwachstum darüber Wer Was Wie produziert? Was machen wir mit Fonds, die Gewinne ausschütten wollen und denen die süchtig nach deren leistungslosen Geldzuflüssen sind?

  • Hallelujah.

    Jetzt nur noch die Entscheider*innen davon überzeugen, dass sie von der Mont Pelerin Society seit 1947 belogen werden.

    und oh, @DIMA, von wegen steuern: natürlich kann man das steuern -- deshalb haben alle neoliberalen "Revolutionen" versucht, als erstes die Presse in den Griff zu kriegen, von Thatcher, die sich Rupert Murdoch ins Land holte, über Bunga-Bunga-Berlusconi und Orbán, der die Landesmedien dadurch "liberalisiert", dass er sie an seine Oligarchenfreunde verteilt.

    Auch die FDP hierzulande ist, schaut man sich ihre Klientel und die Höhe der Parteispenden pro Mitglied an nichts anderes als eine Werbeagentur: Geld gegen Zustimmung, pfeif' auf Wahrheit.

    Oder -- wie Kenan Malik Quinn Slobodian [1] zitiert, irgendwie muss man ja den Kapitalismus vor der Bedrohung durch die Demokratie schützen.

    [1] www.theguardian.co...-global-capitalism

  • Ich hatte hier wieder einen unreflektierten Text zu Degrowth befürchtet, aber der Artikel war schön fundiert.

    Danke für die positive Überraschung!

  • Wirtschaftswachstum führt nicht automatisch zu Wohlstand; ja, aber Stagnation oder gar Rückgang führen zwangsläufig zu dessen Verlust. Und zwar in allen Bereichen des Lebens. Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch -relativ oder absolut -gelingt; leider auch in die falsche Richtung. Ein katastrophales Missverhältnis zwischen diesen Raten ist gleichzeitig Symptom und Ursache eines "Erfolgsmodells" für das es nicht unbedingt der Tauschwirtschaft bedarf.



    Eine sozial gerechte- und "klima"-sinnvolle Entkopplung bedarf unbedingt eines starken Wachstums von Forschung und Entwicklung; ohne Wirtschaftswachstum ist das illusorisch. In "Klimaneutralität investieren" bleibt leider ein leeres Schlagwort wenn darin die fatale Vorstellung herrscht, Begrenzung könne eine Lösung sein. Leider geistert Malthus immer noch in vielen Köpfen herum.

    • @Jutta57:

      Wir werden uns so oder so irgendwann begrenzen müssen. Die Ressourcen eines begrenzten Planeten sind endlich und die Verteilungskämpfe habennschon begonnen

  • Nun, ich vermute mal, ein Ökonom wird es wissen - oder sollte es zumindest -, was Wohlstand ist und wie notwendig er ist.

    Fakt ist, der Wohlstand, der UNS ALLE ernährt - ist grundsätzlich einer, der Ressourcen VERBRAUCHT. Ohne das bekommen wir ihn NICHT. Das fängt beim Essen und Wohnen an, geht aber noch deutlich darüber hinaus. Ob das Haus aus Holz oder Beton und Steinen gebaut, ob man Kartoffeln oder Getreide erntet - stets werden damit und dadurch Ressourcen verbraucht. Und durch JEDEN Esser MEHR - steigt dieser Verbrauch: Hundert Leute benötigen mehr als nur zehn; und Milliarden mehr - als Millionen (Das ist übrigens schon seit Adam Smith bekannt ...). Ein Brot lässt sich nur EINMAL essen; und auch Kleidung braucht jeder allein für sich: Die Hose wird nicht gleichzeitig von Zweien getragen - auch wenn man sie nutzt, bis sie verschleißt.

    Ganz anders ist das - zum Beispiel - bei Büchern und Filmen: Heute lese ich das Buch und morgen du. Ja, es geht durch hunderte Hände (Jede Bücherei zeigt uns das!), ohne dass auch nur einer verzichten muss. Und doch werden sie zahllos hergestellt. - Ja, es ist sogar so kurios und verrückt, dass der Buchmarkt - vom NICHTLESER lebt. Da werden die Bücher gekauft und NIE gelesen! Was mich zu der Frage führt: Wird dadurch der Wohlstand gemehrt - oder ist das Ganze eigentlich überflüssig? Kann man das also tatsächlich Wohlstand nennen?

    Wenn es zu wenige "Brote" gibt - steht synonym für vieles! - , VERHUNGERN in der Folge Menschen. Auch ohne Wohnungen sieht's trübe aus, wie man aktuell wohl sehen kann. Doch was passiert, wenn's weniger Bücher gibt? Ist das dann der Weltuntergang? (Und auch die Bücher stehen nur synonym für vieles ...)

    Also: Ja, es ist tatsächlich wichtig, dass man sich überhaupt erst einmal klar wird, WAS Wohlstand ist, der notwendig ist, und WAS und wie vieles im Grunde eigentlich VERZICHTBAR. Doch WER legt uns das fest?

    • @Kahnt Karl-Heinz:

      Mal angenommen, die Wirtschaft wäre auf Notwendiges beschränkt.



      Der Bäcker backt jahrein jahraus täglich die gleiche Menge Brote. Verkauft sie stets zum gleichen Preis, hat stets die gleiche Anzahl Kunden, die seine Brote erwerben.



      Wird in diesem konstruierten Beispiel der Wohlstand kleiner? Nicht? Obwohl die Wirtschaft stagniert? Wie kommts?



      Es muss niemand festlegen, was notwendig ist und was nicht. Aber ebenso muss eine Wirtschaft nicht wachsen, um Wohlstand zu erhalten.

      • @Herma Huhn:

        Liebes Huhn, ich muss gestehen: Ich weiß nicht, was mir dieses Beispiel soll? Ich vermag seinen Sinn nicht zu ergründen.

        Wenn wir also beim Beispiel bleiben: JEDER bekommt, was er (wirklich) braucht. Tag für Tag. Weil der Bäcker nur herstellt - was nötig ist. Kein Brot mehr und kein Brot weniger (Selbstverständlich auf die Menge der Menschen angepasst, denn diese Menge wächst STÄNDIG.). Wir haben also GLEICHBLEIBENDEN Wohlstand. WAS also KONKRET ist Ihr Begehren? - Ich sehe jedenfalls keinen Bezug zu meiner Ausführung ...

        Und nun schauen wir uns das Ganze mal etwas anders an: Das Dorf steht in Flammen. Zahlreiche Häuser brennen bis auf die Grundmauern nieder. Wenn wir das Dorf nun nur wieder aufbauen: Entsteht damit neuer Wohlstand - oder wird eigentlich nur der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt? Jetzt sind womöglich Sie irritiert. Denn das ist jetzt so sinnvoll - wie Ihr Beitrag: Er hat mit Ihren Zeilen so wenig zu tun, wie die Ihren - mit meinem. Auch wenn sich bei beidem über Wohlstand nachdenken lässt ...

        Nur: Ist es die richtige Richtung? Was bringt uns das wirklich? Eigentlich NICHTS.

        Wie gesagt: Definiere man doch erst mal, was wirklicher Wohlstand ist ...

        Ach so: Falls Sie in Geschichte beschlagen sind, dann wissen Sie ganz gewiss, dass man über Jahrhunderte nur produziert hat, was wirklich notwendig war. Also nicht in sinnlosem Überfluß - denn den konnte man sich gar nicht leisten. Denn der NATURZUSTAND war für die Menschen die längste Zeit die ARMUT.

        Wohlstand meint also NICHT Überfluss, sondern dass es für ALLE zum Leben reicht. - Nur: Ich habe auch NICHTS anderes gesagt.

        Denn das wohl Wichtigste scheint Ihnen entgangen: "Der Wohlstand, der UNS ALLE ernährt - ist GRUNDSÄTZLICH einer, der Ressourcen VERBRAUCHT. Ohne das bekommen wir ihn NICHT. (...) Und durch JEDEN Esser MEHR - steigt dieser Verbrauch: Hundert Leute benötigen mehr als nur zehn; und Milliarden mehr - als Millionen." Und (nur) deshalb wird mehr Wohlstand gebraucht ...

        • @Kahnt Karl-Heinz:

          Der Naturzustand war für Menschen also Armut?



          Nach welcher Wohlstandsdefinition legen Sie das fest?



          Wohlstand existiert erst, wenn es Überfluss gibt? Nun nach der Definition ist ohne Ressourcen-verbrauch wohl tatsächlich nichts zu machen.

          Übrigens: Auch das Bevölkerungswachstum ist kein unabänderliches Naturgesetz. Es werden weltweit jedes Jahr weniger Kinder geboren. Bald sind wir in der Phase der Stagnation und dann bei sinkenden Bevölkerungszahlen angekommen. Sind die rechten deswegen gegen Zuwanderung, weil die Wirtschaft bei sinkenden Bevölkerungszahlen gar nicht mehr wachsen braucht? Passt auch nicht zu den aktuell betrachteten Zahlen.



          Ich bleibe dabei: Das aktuelle Wirschafswachstum ist nicht notwendig, um Wohlstand in einer Gesellschaft zu erhalten.

  • Endlich einmal ein Querdenker ! Das Hauptproblem ist die Währung, mit der wir alles abwickeln und in der das BIP gemessen wird und mit der Arbeit letztlich entlohnt wird. Daher werden höhere CO²-Kosten auch immer den Gegensatz zwischen arm und reich vergrößern, wenn nicht mehr verdient wird mit dem Nachteil, das mit der Inflation der Gegenwert der Arbeit weiter schrumpft. So ist es kein Wunder, dass Truger sich quasi zu einem Apologeten einer Planwirtschaft zeigt: Wir MÜSSEN schrumpfen, wenn wir irgendwie die Klimakatastrophe noch überleben wollen: Kein teurer Stahl, mit dem viel zu teure und zum Überleben überflüssige Fahrzeuge hergestellt werden. Chemische Produkte sollten nur noch als Arzneimittel, aber nie mehr für Verpackungsmüll (bitte für viel weniger, meist überflüssige Produkte) dienen, Elektronik wirklich nur für den unmittelbaren Bedarf und für einen längeren Einsatz geplant inklusive Reparaturchnce und später zum Recykling. Lebensmittel nur noch aus einem regionalen Bereich, wo doch Wein inzwischen auch in Schleswig-Holstein wächst und dabei auch neue, auskömmlich bezahlte Arbeitsplätze schaffen. Statt um Arbeit betteln zu müssen, gehört zu einer neuen Wirtschaftsgesellschaft auf gemeinnütziger Basis auch das Recht auf Arbeit und Auskommen als oberstes Prinzip, das grundgesetzlich verankert werden MUSS. Abrüsten, um alle gleichermassen und fair versorgen zu können, ohne noch mehr Energie von einer uns alle in Abhängigkeit haltenden Industrie verschleudern zu lassen, das Lied müssen Habeck & Co noch lernen.

  • Das Bruttosozialprodukt ist eine meßbare, statistisch erfassbare Größe.



    Im Gegensatz dazu: Wer definiert dann diesen neuen "umfassenden Bedriff von Wohlstand"? Die Politik? Je nach nach Parteiprogramm der jeweils regierenden Parteien?



    Geht dann auch die Qualität des Fernsehprogramms in die Wohlstandsmessung mit ein, z.B. die Einschaltquote der Helene Fischer Show? Oder der Tabellenstand der Bundesligavereine, aber welcher? Wirkt illegale Zuwanderung wohlstandserhöhend oder -mindernd? Was erhöht den Wohlstand mehr, Arbeitszeitreduzierung (= Gewinn an Freizeit, weniger CO², mehr Zeit für Familie, Ehrenamt, etc.) oder Vollzeitarbeit (= mehr Einkommen, mehr Sozialbeiträge, mehr Steuereinnahmen, d.h. mehr Mittel zur Umverteilung), die Beispiele sind endlos.



    Den für sich geltenden "umfassenden Bedriff von Wohlstand" kann nur jeder Bürger für sich selbst formulieren. Da soll sich die Politik gefälligst heraushalten. Wir brauchen kein "Glücksministerium".

    • @Pfennig:

      Als messbare Kriterien könnte man zum Beispiel nach Einkommensunterschieden innerhalb der Gesellschaft fragen. Danach, wie viele Stunden Arbeitszeit man für eine gesunde Mahlzeit leisten muss.



      Es gibt sehr viele Ideen, wie man Wohlstand objektiver messen kann als mit dem BIP. Wird teilweise auch jetzt schon getan. Hat nichts mit einem "Glücksministerium" zu tun.

    • @Pfennig:

      Warum?

  • Der Interviewte mahnt die Gesellschaft im Artikel zu einer Neudefinition des Wohlstandsbegriffes an und mahnt gleichzeitig die FDP zur Beachtung von Präferenzen der Menschen an.

    Das ist schon sehr beachtlich, den der Wohlstandsbegriff ist von den Präferenzen der Menschen abhängig und diese lassen sich ganz sicher nicht so einfach steuern, dass wir demnächst einen anderen Wohlstandsbegriff haben werden.