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OEZ-Anschlag in MünchenEs war rechter Terror

Drei Jahre galt der neunfache Mord am Olympia-Einkaufszentrum als „Amoklauf“. Nun wurde der Abschlussbericht vorgelegt.

Die Tatwaffe von David S., eine Pistole vom Typ Glock 17 Foto: Sven Hoppe/dpa/picture alliance

München taz | Noch am Tag der Tat legte David S. auf seinem Computer eine Datei mit dem Namen „Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen egal wer.docx“ an. Die Bewohner seines Stadtviertels bezeichnete er als „ausländische Untermenschen“ mit meist „türkisch-balkanischen Wurzeln“ und „Kakerlaken“. Und während einer Psychotherapie soll er den Hitlergruß gezeigt und Hakenkreuze gemalt haben.

Am 22. Juli 2016 zog S. los und ermordete am Münchner Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen mit Migrationshintergrund, fünf weitere wurden verletzt. Am Ende erschoss er sich selbst. Als rechts motiviert wollte die bayerische Staatsregierung das Verbrechen jedoch nicht gelten lassen.

Gewiss, der 18-Jährige habe eine rechtsextremistische Gesinnung gehabt, für seine Tat sei sie jedoch nicht ausschlaggebend gewesen, diese sei nicht politisch motiviert gewesen. Hauptmotiv für den „Amoklauf“ sei Rache für jahrelanges Mobbing gewesen. Etliche Gutachter sahen das anders. Ihnen zufolge handelte es sich bei der Tat um ein sorgsam geplantes, rechtsextremes Hassverbrechen, um einen Terroranschlag.

Die Einordnung des Attentats spielt auch für die Kriminalitätsstatistik eine bedeutende Rolle: Neun Morde mehr oder weniger haben natürlich auch eine signifikante Auswirkung auf die Einschätzung der allgemeinen Bedrohung von rechts. Vor allem Grüne und SPD im bayerischen Landtag machten immer wieder darauf aufmerksam, dass das Attentat als „Politisch Motivierte Gewaltkriminalität rechts“ eingestuft werden müsse.

Mehr als drei Jahre nach dem Anschlag ist dies nun geschehen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann legte dem Bayerischen Landtag jetzt einen Abschlussbericht zu den jüngst abgeschlossenen Ermittlungen und Bewertungen des Bayerischen Landeskriminalamts vor. Die nun erfolgte Einstufung als politisch motivierte Tat sei „unter Würdigung aller Umstände in der Gesamtschau folgerichtig“, ließ Herrmann per Pressemitteilung verlauten – nicht ohne einschränkend anzufügen: „Auch wenn die Ermittlungen ein ganzes Bündel an Motiven zutage gefördert haben, hatte der Täter zweifelsohne auch rassistische Beweggründe.“

Spurenverfolgung bis in die USA

Auch von einer „unheilvollen Kombination verschiedener Ursachen“, spricht Herrmann. Beim Täter, dessen iranische Eltern Flüchtlinge gewesen seien, hätten persönliche Mobbing-Erlebnisse durch Mitschüler mit deutscher, deutsch-türkischer, polnischer, serbischer und bosnisch-herzegowinischer Nationalität in der Schule ebenso eine gewichtige Rolle gespielt wie „massive persönliche Störungen und schwere soziale Defizite“. Daraus habe sich ein Hass gegen Türken sowie eine gewisse Identifikation mit rechtsmotivierten Attentätern wie dem Norweger Anders Breivik ergeben.

Herrmanns Fazit: „Selbstverständlich müssen und werden wir jegliche Ansätze des Rechtsextremismus vehement bekämpfen. Wir müssen aber auch Mobbing und massive psychologische Probleme im Auge behalten. Auch das kann sich zu einer Fremdgefährdung entwickeln.“ Die Ermittlungen waren laut Herrmann äußerst komplex und konnten daher erst vor kurzem abgeschlossen werden. Man habe Spuren bis in die USA verfolgt.

Bei der Opposition zeigt man sich erleichtert, dass es nun doch noch zu einem Wandel der Einschätzung der Ermittler kam. „Die Einstufung des schrecklichen OEZ-Attentats als politische Kriminalität von rechts war überfällig“, sagt etwa Oppositionsführerin Katharina Schulze von den Grünen. Sie sei „richtig und wichtig, um die Dimension des Rechtsterrorismus in Bayern aufzuzeigen und dessen Bekämpfung konsequenter angehen zu können“. Auch bei den Angehörigen der Opfer würde so eine lange klaffende Wunde geschlossen.

Ähnlich sieht es Florian Ritter, der Sprecher zur Bekämpfung von Rechtsterrorismus der SPD-Landtagsfraktion: „Es wurde höchste Zeit, diese Tat eines Rechtsradikalen auch als solche anzuerkennen. Dass die Staatsregierung so lange für diese Erkenntnis gebraucht hat, ist dem Kampf gegen Rechtsradikalismus allerdings nicht gerade zuträglich.“ In der Vergangenheit sei die Staatsregierung oftmals auf dem rechten Auge blind gewesen. „Es bleibt zu hoffen, dass die Gefahr des Terrors von Rechts jetzt endlich ernst genommen wird.“

Viola Schmidt, Sprecherin der Amadeu-Antonio-Stiftung, sieht zudem Parallelen zum Attentat von Halle: „Die Gefahr von allein agierenden, rechtsextremen Attentätern, die sich in Online-Foren radikalisieren und sich an internationalen Rechtsterroristen orientieren, hätte schon viel früher erkannt werden müssen“, sagt sie in einem Statement der Stiftung. Die Entscheidung der bayrischen Behörde ließe hoffen, dass „in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus ein Umdenken“ eingesetzt hätte und die „Gefährdungslage in Zukunft realistischer eingeschätzt“ werde.

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9 Kommentare

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  • 9G
    93441 (Profil gelöscht)

    So wie ein Sven wegen Unterstützung islamistischer Terroristen in Haft landen kann, kann ein Ali rechtsextremistisch motivierte Morde begehen.

  • Jetzt warte ich auf den ersten Kommentar, der die Gefahr durch linksextreme Straftaten thematisiert .... und dann kotze ich...

    • @Paco:

      Sie lesen ungern die Meinung Ihrer Mitmenschen? Es scheint so, als hätten Sie Ihre Filterblase noch nicht vollständig kalibriert.

  • Rechter Terror bleibt rechter Terror, egal ob er von Ali oder David begangen wird.

  • War bestimmt ein „Gamer“.



    Werden bei islamistischen Attentaten eigentlich auch andere Gründe wie Mobbing so stark berücksichtigt?

    • 7G
      75064 (Profil gelöscht)
      @Michi W...:

      Bei den sieben (seit 1993) in Deutschland verübten und islamistischen Tätern zugeordneten Anschlägen geht die Spanne von "Der islamische Staat bekannte sich zu der Tat" bis "Der Tatverdächtige gilt (mutmaßlich) als Sympathisant des islamischen Staates".



      (Quelle: Bundesamt für Verfassungsschutz)

  • Guten Morgen Deutschland ,



    Schlaf Schön weiter !..

    www.youtube.com/watch?v=h9KnjyNRyyE

  • Ja Himmel, Herrgott, Sakrament! Kann denn vielleicht in Bayern einer, der "eine rechtsextremistische Gesinnung" hat und sich zugleich für "jahrelanges Mobbing" rächen will, nicht auch "politisch motiviert" Amok laufen, nur weil er einen sogenannten Migrationshintergrund besitzt? Wenn nein, wieso nicht? Weil für den Bayern alle Einwanderer gleich sind und Leute, die in Bayern leben, schon qua Gesetz nicht durch den Wind sein können?

    Wie viele Gutachten braucht ein Durchschnittsbayer im Dienste seines Freistaates eigentlich, um zu kapieren, dass Hass nicht unbedingt rein politische Ursachen haben muss, um sich politisch auszutoben? Und wie viel Studien werden benötigt, bis klar ist: wir alle haben eine Psyche. Eine, die leiden kann unter den Umständen und dann nicht mehr so reagiert, wie es von anderen erwartet wird?

    Für die Kriminalitätsstatistik spielt die Einordnung dieses Attentats womöglich eine "bedeutende Rolle". Für die Angehörigen der Opfer spielt sie womöglich keine. Was aber daraus folgt? Vermutlich nichts. Hoffentlich nichts. Denn dass es vor dem Hintergrund der allgemeinen Vernunft-Situation - nicht nur in Bayern - tatsächlich positive Folgen hätte, wenn die Verantwortlichen (und/oder die, die zuständig wären) "eine signifikante Auswirkung auf die Einschätzung der allgemeinen Bedrohung" erkennen angesichts der Einordnung dieser Gewalttat in eine bestimmte Schublade, ist leider (noch) nicht zu erwarten. Schon weil die Opposition keine anderen Vorschläge hat als die Regierenden: Alle und alles permanent "im Auge behalten" und "vehement bekämpfen", falls sich "Verdachtsmomente" blicken lassen.

    Wer nicht umgehend auf Kommando Sitz und Platz macht und die Schnauze hält, ist schon verdächtig - und muss auf größtmögliche Brachialgewalt gefasst sein. Jetzt auch als Zugereister, denn denen ist ja alles zuzutrauen. Nun sogar Rechtsextremismu. Wer hätte das gedacht? Passt aber gut, nicht wahr, liebe Bayern?

  • Die richtige Einschätzung dieser Tat fiel auch deshalb so schwer, weil die 'bürgerliche Mitte' tatsächlich ein Rassismusproblem hat, wie die Reaktion in deren Medienforen heute wieder demonstriert:



    Die Unfähigkeit diese Tat aufgrund der Abstammung des Täters als rechtsextrem einzustufen, trotz eindeutiger Täterstatements entlarvt die Denke vieler Rechtsbürgerlicher, denn sie zeugt davon, dass diese der Abstammung eine höhere Bedeutung zumessen als der Individualsozialisation und dies ist eine geradezu Lehrbuchhafte rassistische Prämisse.