Neuseelands Coronapolitik: Von Scheitern keine Spur
Trotz strikter Maßnahmen hat die Deltavariante auch Neuseeland erreicht. Um das Virus einzudämmen, greifen die Kiwis auf ein bewährtes Rezept zurück.
V orbei ist der Dornröschenschlaf. Trotz strenger Einreisequarantäne hat die Deltavariante auch Neuseeland erreicht. Für die Kiwis war es nie eine Frage, ob Corona zurückkommt, sondern wann. Doch die internationalen Meldungen über den plötzlichen Lockdown wegen eines angeblich einzigen Covid-19-Falls klangen erstaunt bis hämisch: „Irrsinn“ und „absurd“, so schrieb die Bild. Viel Neid, viel Ehr.
Denn der Pazifikstaat hat als solidarisches „Team von fünf Millionen“ mit harten Maßnahmen das geschafft, wovon der Rest der Welt nur träumen konnte. Das gesamte Land einschließlich der Opposition unterstützte Jacinda Arderns mutige Entscheidung für einen sofortigen Lockdown – selbst auf der Südinsel, wo bisher noch niemand positiv getestet wurde. In der Hauptstadt Wellington und Metropole Auckland sind bisher 107 Fälle bekannt, die Zahlen steigen – noch.
Der eine Fall kann als Spitze des Eisbergs rasant zu Tausenden führen, so geschehen in Sydney, wo man zu lange mit einem Lockdown gewartet hat. Diesem Schicksal hofft Neuseeland zu entgehen. Im australischen Queensland hat es bereits funktioniert. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, da Neuseeland als eines der letzten westlichen Länder seine Pfizer-Rationen bekam. Bis letzte Woche waren erst 18 Prozent der Bevölkerung durchgeimpft, jetzt sind es eine Million – die Impfungen laufen auf Hochtouren.
Das ist jedoch nicht das Ende der bewährten Eliminationsstrategie, sondern der Kampf mit den gleichen Mitteln wie zuvor – aber unter erschwerten Bedingungen. „Go hard and go fast“ lautet die Parole der Premierministerin ein zweites Mal, nur dass es diesmal mit der Eindämmung noch schneller gehen muss als vor gut einem Jahr.
Parallel dazu wird in absehbarer Zeit die Grenze vorsichtig geöffnet. Laut Sir David Skegg, der die Regierung berät, ist Elimination kein Endziel, sondern ein Prozess. Von einem Scheitern der Coronapolitik Arderns kann daher keine Rede sein. Wer gescheitert ist, sind vielmehr all die Länder, die zu spät gehandelt und die Deltavariante unterschätzt haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen