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Neues LobbyregisterWer mit wem

Die Finanzbranche ist die größte Lobbygruppe im Bundestag, zeigt das neue Lobbyregister. Das Register ist ein Fortschritt – könnte aber strenger sein.

Fassade im Regierungsviertel. Gut zu wissen, wer sich miteinander trifft Foto: imago

Cum-Ex, Wirecard – das waren die großen Finanzskandale in Deutschland in den letzten Jahren. Milliardenminus für den Staat inklusive. Bei den Cum-Ex-Geschäften zum Beispiel ließen sich Unternehmen die Kapitalertragssteuer doppelt erstatten, zahlten sie aber nur einmal. Banken im In- und Ausland machten mit und verursachten dem Fiskus rund 10 Milliarden Euro Schaden. Die Finanzfirma Wirecard machte sich derweil in den Büchern ein paar Milliarden reicher, fälschte Bilanzen, damit die Investitionen weiter fließen.

In beiden Fällen spielte eine entscheidende Rolle: Lobbyismus. Wirecard etwa hatte direkten Kontakt zu führenden Po­li­ti­ke­r:in­nen, die damalige Kanzlerin persönlich warb in China für das Unternehmen.

Und im Cum-Ex-Komplex verzichteten Hamburger Behörden 2016 und 2017 auf Steuerrückforderungen in Höhe von 90 Millionen Euro an die Warburg Bank. Bundeskanzler Scholz, damals Hamburgs Bürgermeister, traf sich kurz vorher mit Warburg-Chef Christian Olearius. Warum? Daran erinnert er sich laut eigener Aussage im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss nicht.

Solche Verbindungen zwischen Politik und Lobbyisten transparenter machen, das soll das Lobbyregister des Deutschen Bundestags. Dieses gibt es nun seit einem Jahr, es führt über 5.500 Interessenvertreter im Deutschen Bundestag. Das Register ist ein großer Erfolg, lange wurde seine Einführung blockiert.

Nicht nur „wer“ – auch „wann“ und „über was“

Noch ist es weniger streng als andere. In der EU beispielsweise müssen Politiker genau dokumentieren, mit wem sie sich wann treffen. Im deutschen Register müssen sich lediglich alle Interessengruppen eintragen – als Voraussetzung dafür, dass sie Gespräche mit Po­li­ke­r:in­nen ersuchen dürfen. Die Lobbyisten geben zudem an, wie viel Geld sie etwa im Jahr für Lobbyismus ausgeben und wie viele Personen für sie im Bundestag tätig sind. Außerdem legen sie ihre Netzwerke offen, etwa Mitgliedschaften in Verbänden.

Die Bürgerbewegung Finanzwende hat nun die Daten vom ersten Jahr ausgewertet. Und bestätigt: Am meisten Geld für Einflussnahme in der Bundespolitik gibt die Finanzlobby aus. Mehr als 42 Millionen Euro ließen die 10 größten Akteure sich das im vergangenen Jahr kosten. Spitzenreiter, vor den anderen großen Bankenverbänden und Banken, ist der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) – mit 15 Millionen Euro Ausgaben und etwa 141 bis 150 Lobbyist:innen. Drei für jedes Mitglied des Finanzausschuss im Bundestag, rechnet Finanzwende vor. Die Finanzbranche sei somit der Zivilgesellschaft finanziell und auch im Netzwerken weitaus überlegen, sagt die Organisation.

Dennoch gäben die Zahlen nur einen kleinen Einblick in die Lobbyarbeit der Finanzunternehmen. Das Register habe viele Lücken. „Gerade die Finanzlobby profitiert erheblich davon, dass sie ihren Einfluss im Verborgenen ausübt“, sagt Daniel Mittler, Geschäftsführer von Finanzwende. In einer Petition fordert der Verband daher Nachbesserungen. Lobbyisten sollen künftig genau angeben müssen, für wen sie arbeiten.

Finanzwende fordert außerdem die Einführung einer „legislativen Fußspur“, die die Ampel bereits im Koalitionsvertrag angekündigt hatte. Damit soll festgehalten werden, von wem Vorschläge für konkrete Punkte in Gesetzen stammen. Für vielbeschäftigte Po­li­ti­ker:innen, gerade solche mit großen Gedächtnislücken besonders beim Thema Finanzlobbyismus, könnte ein solches strengeres Transparenzregister Abhilfe leisten.

In einem Lobbyregister nach EU-Vorbild etwa hätte Scholz seine Termine mit dem Warburg-Chef eintragen müssen – inklusive einiger Stichworte zum Thema der Gespräche. Und könnte nun dort nachschlagen, um sich auf die Sprünge zu helfen.

Aber beim Lobbyregister geht es um viel mehr als nur um Betrugsfälle. Ein gut geführtes Register könnte etwa helfen nachzuvollziehen, welchen Einfluss Finanzunternehmen auf die generelle Daseinsvorsorge nehmen – die Rente etwa. Welche Unternehmen haben sich beispielsweise für die Riesterrente eingesetzt und profitieren davon? Wer finanziert Lobbyismus gegen die Finanztransaktionssteuer?

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3 Kommentare

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  • Provokative neoliberale Idee: statt Arbeit zu besteuern und damit unwirtschaftlich zu machen, sollte Vermögen versteuert werden.

    Heute muss man um Geld zu verdienen Geld haben. Wer viel arbeitet verdient dagegen wenig. Wer sich körperlich und geistig kaputt arbeitet, am wenigsten.

    An Ende bleiben nur gut bezahlte Bullshit-Jobs (allen voran sog. CEOs), die den Unternehmen meist mehr schaden als nutzen.

    Deshalb: Lohn- und Einkommensteuer abschaffen, dafür Finanztransaktions- teuer einführen und die Vermögensteuern mindestens auf OECD-Durchschnitt anheben.

  • Immerhin ein Anfang.

    Aber für eine Politik, die allen Interessen einer demokratischen Gesellschaft gerecht wird, braucht es natürlich noch viel mehr Ausgewogenheit. Ich denke da insbesondere an die Arbeit der Ministerien, die eben nicht nur/ bevorzugt auf die Interessen der Industrie hören- sondern, in etwa anteilig, auch allen anderen Interessen (-Vertretern) Gehör schenken sollten..

    Wie ist das z.B. im Verkehrsministerium.? Wieviel Zeit verbringen die dortigen Mitarbeiter mit Vertretern der Autobranche...und wieviel mit Fahrrad..Fußgänger...und ÖPNV Vertretern.??

    Ist das transparent.? Oder kocht da jeder sein eigenes Süppchen.?

    Würde mich mal interessieren..

  • Danke, Finanzwende!