Neuer Landtag in Thüringen: Verletzte Rechte
Der AfD-Alterspräsident in Thüringen hat die Parlamentsrechte nicht beachtet. Doch entscheidend ist, dass die AfD das auch akzeptiert hat.

D er CDU-Politiker Thadäus König ist am Samstag zum Präsidenten des neu einberufenen Thüringer Landtags gewählt worden. Zuvor war die Geschäftsordnung des Landtags mit den Stimmen von CDU, BSW, Linke und SPD geändert worden. Denn nach den bisher geltenden Regeln hätte die AfD das Vorschlagsrecht für diesen Posten gehabt. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hatte bereits am Freitagabend entscheiden, dass die Regeländerung vor der Wahl verfassungskonform ist.
Die Begründung des Gerichtsbeschlusses überzeugt: Da die AfD keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf den Posten des Landtagspräsidenten hat, durften die Regeln auch zu ihren Ungunsten geändert werden. Und natürlich durften die Regeln schon vor der Wahl geändert werden und nicht erst hinterher. Denn jeder neu gewählte Landtag gibt sich seine Regeln selbst. Das gehört zur Parlamentsautonomie.
Die AfD wurde hier also nicht rechtswidrig ausgebootet, wie sie behauptete. Sie hat es sich vielmehr selbst zuzuschreiben, dass andere Fraktionen ihr keine wichtigen parlamentarischen Posten mehr zugestehen wollen. Die sehr parteiische Sitzungsleitung durch den AfD-Alterspräsidenten Jürgen Treutler am Donnerstag war ein erneuter Anlass dafür. Wie das Thüringer Verfassungsgericht nun feststellte, hat Treutler dabei die Rechte der anderen Abgeordneten verletzt.
Umgekehrt ist es aber auch übertrieben, das Verhalten Treutlers nun als Grund dafür zu nehmen, die Forderung nach einem demokratisch ohnehin fragwürdigen AfD-Parteiverbot erneut aufzuwärmen, wie es der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz tut. Dass die AfD nicht nur demütig zuschaut, wie immer wieder die Regeln zu ihren Ungunsten verändert werden, kann man psychologisch durchaus nachvollziehen.
Entscheidend ist aber nicht, dass die AfD am Donnerstag mit wenig überzeugenden juristischen Argumenten versuchte, die Änderung der Regeln zu blockieren. Entscheidend ist, dass sie den Beschluss des Thüringer Verfassungsgerichts am Samstag sofort akzeptiert hat.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen