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Neuer EU-MenschenrechtsmechanismusBrüssel will China bestrafen

EU-Staaten einigen sich wegen der Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren auf Sanktionen gegen China.

Sicherheitspersonal in der chinesischen Nordwestprovinz Xinjiang im September 2018 Foto: Thomas Peter/reuters

Berlin taz/afp/rtr | Die EU-Staaten haben sich am Mittwoch auf Sanktionen gegen China verständigt. Grund ist die Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in der chinesischen Nordwestprovinz Xinjiang. Wie die Nachrichtenagenturen Afp und Reuters von Diplomaten in Brüssel erfuhren, stimmten die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten für Strafmaßnahmen wegen Menschenrechtsverletzungen in insgesamt sechs Ländern.

Im Falle Chinas betrifft dies vier Einzelpersonen und eine Organisation. Es werden die ersten neuen Chinasanktionen der EU wegen Verletzung von Menschenrechten seit 1989 sein. Damals wurde nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung („Tiananmen-Massaker“) mit hunderten Toten ein noch heute gültiges Waffenembargo beschlossen.

Namen und Details über die Betroffenen der neuen Sanktionen will die EU erst am Montag veröffentlichen, wenn diese beim Außenministertreffen formal beschlossen werden.

Die EU setzt dafür den erst im Dezember verabschiedeten Rechtsrahmen ein, durch den Menschenrechtsverletzungen weltweit besser geahndet werden sollen. Neben China sind auch Eritrea, Libyen, Nordkorea, Russland und der Südsudan betroffen. Insgesamt sollen ein Dutzend Personen und mehrere Organisationen auf die Sanktionsliste gesetzt werden.

Umstrittene Lager in Xinjiang

Nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen sind in Xinjiang mindestens eine Million Uiguren in Hunderten Lagern eingesperrt. Dort sollen sie zur Aufgabe ihrer Religion, Kultur und Sprache gezwungen werden und sie werden teils misshandelt. Auch Zwangsarbeit und Zwangsabtreibungen seien verbreitet.

Menschenrechtler sprechen von Konzentrationslagern, China nennt sie Ausbildungszentren. Die Lager sind für Unabhängige nicht zugänglich und konnten nur durch Satellitenfotos, Behördendokumente und von Geflohenen identifiziert werden.

Peking behauptet, in Xinjiang offen zu sein für Besuche der UN-Menschenrechtskommission und von EU-Botschaftern. Letztere wollen aber auch den seit 2014 zu lebenslänglicher Haft verurteilten uigurischen Ökonomen Ilham Tohti treffen, was Peking ablehnt. Tohti erhielt 2019 den Sacharow-Menschenrechtspreis des Europaparlaments.

Warnung Pekings vor Konfrontation

China hatte am Dienstag die EU gewarnt. Neue Strafmaßnahmen würden als „Konfrontation“ gesehen, sagte EU-Botschafter Zhang Ming. „Sanktionen, die auf Lügen basieren, könnten als Versuch interpretiert werden, bewusst Chinas Sicherheit zu untergraben.“

Die EU-Sanktionen sehen für Verantwortliche von Menschenrechtsverletzungen Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögen in der EU vor. Mit sanktionierten Unternehmen dürfen EU-Unternehmen keine Geschäfte machen.

Erstmals hatte die EU ihre Menschenrechtssanktionen Anfang März im Fall des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny eingesetzt und vier Vertreter des russischen Justiz- und Strafverfolgungssystems auf die Sanktionsliste gesetzt.

Ende Dezember hatte sich die EU mit China auf ein Investitionsabkommen geeinigt. Dieses muss noch vom EU-Parlament ratifiziert werden. Parlamentarier vermissen darin verbindliche Regeln, um Zwangsarbeit zu verhindern.

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6 Kommentare

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  • Nicht nur China.Alle Diktaturen müssen Konsequent mit einem absoluten Handelsverbot bedacht werden.Wir brauchen alle unsere Kraft um Europa ökölogisch und sozial aufzubauen.Was wir nicht brauchen sind Kontakte zu Ländern wir Russland,China,alle arabischen Diktaturen,Nordkorea,Türkei.Es bleibt noch genug übrig.Es gibt viele Länder die unsere Unterstützung dringend nötig hätten.Mit diesen Demokratien sollten wir uns besser stellen.

  • Richtig so. Komisch nur, bei Staaten wie Russland und China schaffen wir es (ok beim Iran und ähnliche unliebsamen Staaten auch), nur was ist mit den USA? Israel? Saudi-Arabien. Die "westlichen" double-standards sind leider wieder einmal so offenbar. Und dann fragt man sich immer noch, warum jene Staaten bei denen wir Sanktionen quasi immer gleich durchwinken können und etablieren können, warum die nicht so gut auf uns zu sprechen sind....

    • @Daniel Drogan:

      Ja, ich stimme Ihnen zu!... auch die Hungersnot in Syrien, auch ein Resultat westlicher Sanktionen... und dann das Schicksals des psychisch abgewrackten Julian Assange... usw..

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @Daniel Drogan:

      1.. Wer ist uns? Who the fuck soll das sein?

      2.. Bis zu den Gewässern des Arabischen Golfs und des Indischen Ozeans vorzustoßen, ist traditionell Teil der geostrategischen militärischen Agenda Russlands.

      Die diplomatische Vertretung Russlands in Saudi-Arabien wurde bereits 1991 eingerichtet, 2007 untermauerte Putin eine Erklärung mit einem offiziellen Besuch im Königreich Saudiarabien und demonstrierte das Streben Russlands nach einer Präsenz und einem Verbleib in der Region.

      Das Bestreben, intensive Beziehungen mit Saudi Arabien aufzunehmen, bestand auf der russischen als auch auf der saudischen Seite.

      Der Punkt:



      Ähnliche Beziehungen hat Novichok - Putin auch zu Israel.

      Wenn sie beide Staaten direkt sanktioniert sehen möchten - warum wenden sie sich nicht direkt an den Kreml?

      Oder liegen Ihnen Hinweise oder Indizien vor das Putin --- sicherlich als erstes kurz nach dem Aufstehen --- morgens immer die TAZ liest?

  • Jede Maßnahme gegen die brutale und grausame Unterdrückung der Uiguren ist berechtigt. Die chinesische Regierung scheint die Uiguren entweder umzuerziehen oder ausrotten zu wollen. Wieviel dieser Menschen sind in Umerziehungslagern?

    Gleiches hat China mit dem selbständigen Staat Tibet gemacht. Fast kein Hahn kräht heute noch nach diesem Vorgang. Mönche wurden gefoltert, Frauen zwangssterilisiert, das Land ist heute mt so vielen Han-Chinesen bevölkert, so dass Tibeter heute im eigenen Land eine Minderheit sind.

    Welches Unrecht tut die Zentralregierung vertragswidrig der Bevölkerung in Hong Kong an? Sie wird bald die totale Kontrolle übernehmen.

    China bedroht den selbständigen Staat Taiwan. Die Chinesen der Partei- und Regierungsspitzt werden nicht müde, diesen Staat als Teil ihres Landes zu deklarieren.

    Im CHinesischen Meer besetzt China kleine Inseln und erklärt sie als chinesisches Hoheitsgebiet. Nach internationalem Recht ist das Gebiet Teil Japans, Vietnams und der Philippinen. Ein weiterer Fall einer Verletzung des Völkerrechtes.

    Ist es da verwunderlich, wenn sich die Stimmen mehren, dass man mit einem solchen Terrorregime keine Geschäfte mehr machen will?

  • Ganz einfach allgemein:



    weltweiter Boykott aller Waren, die aus den Zwangsarbeitslagern von Uiguren kommen.



    1947 hatte China ja Tibet besetzt und annektiert.



    Nach der Niederschlagung der Meinungsfreiheitsbewegung in Hong Kong kommt Taiwan dran.