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Neue Regeln für EU-AgrarsubventionenUnverantwortlich und unnötig

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Die EU-Kommission will den Schutz von Wiesen und Weiden schwächen. Aber wenn Bauern Grünland zu Äckern umbrechen, steigt der CO₂-Ausstoß.

Schon 2023 verursachte die Landwirtschaft inklusive der Emissionen aus Böden und Maschinen 14 Prozent der Treibhausgase Foto: Bernd Feil/imago

D ieser Vorschlag der EU-Kommission schadet dem Klima: Empfänger von Agrarsubventionen sollen mehr Wiesen und Weiden umpflügen dürfen als bisher, verlangte die Behörde in Brüssel am Mittwoch. Bei diesem Umbruch von Grün- zu Ackerland könnten Millionen Tonnen Kohlendioxid frei werden. Das ist nicht zu verantworten. Schon 2023 verursachte die Landwirtschaft inklusive der Emissionen aus Böden und Maschinen in Deutschland 14 Prozent der Treibhausgase. Schon im vergangenen Jahr hatte die EU wichtige Regeln für mehr naturfreundliche Brachen gestrichen.

Offiziell will die Kommission weniger auf Verbote und mehr auf Anreize setzen, um die Bauern zu mehr Umweltschutz zu bewegen. Das ist eigentlich ein sinnvoller Ansatz. Aber bisher streicht sie vor allem Regeln. Es zeichnet sich überhaupt nicht ab, wie sie Bauern mehr Geld zahlen will, damit sie beispielsweise eine größere Artenvielfalt auf ihren Äckern erlauben. Ob es dafür genug Finanzmittel gibt, bleibt ungewiss bis unwahrscheinlich.

Deshalb ist das Risiko groß, dass die Umwelt am Ende den kürzeren zieht. Dabei trägt die Landwirtschaft nicht nur maßgeblich zum Klimawandel bei. Sie ist auch ein wichtiger Treiber dafür, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben. Von den Schäden durch Überdüngung etwa im Grundwasser ganz zu schweigen.

Die Begründung der Kommission überzeugt nicht. Agrarkommissar Christophe Hansen beklagte, dass Landwirte durchschnittlich 7 Arbeitstage pro Jahr mit Verwaltungsaufgaben verbringen würden. Eine Woche in einem gesamten Jahr ist keinesfalls zu viel für eine Branche, die im Schnitt die Hälfte ihres Einkommens vom Staat bekommt. Die Bauern müssen schon nachweisen, was sie für die Subventionen leisten.

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Ebenso wenig stimmt, dass die „Wettbewerbsfähigkeit“ der EU-Bauern gestärkt werden müsse. Schließlich sind die europäischen Landwirte in sensiblen Bereichen wie Milchprodukten durch hohe Importzölle geschützt. Aus diesen Gründen sollte Deutschland im Rat der EU-Staaten gegen die Vorschläge der Kommission stimmen.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik und die Lebensmittelindustrie. Journalistenpreis "Faire Milch" 2024 des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. 2018, 2017 und 2014 gewann er den Preis "Grüne Reportage" des Verbands Deutscher Agrarjournalisten. 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis (Essay "Mein Krieg mit der Waffe"), 2013 für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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11 Kommentare

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  • Immer wenn man denkt, es geht nicht schlimmer, kommt irgendetwas, was so absurd und sinnlos gegen jeden wissenschaftlichen Rat durchgezogen wird; und niemanden scheint es zu stören.

  • Der Grünlandumbruch ist immer ein sensibles Thema. Aber die alternative ist bei Zuviel zum Beispiel Ampfer im Grünland den dan chemisch zu bekämpfen. Das will auch keiner.



    Ich finde den Tenor das 7 Tage völlig ok sind weil“ sind ja Subventionsempfänger“.



    Richtig ist die Landwirtschaft bekommen Gelder aber gegen unendlich viele Auflagen die es im Ausland nicht gibt.



    Und es gibt als Gegenleistung bezahlbare Lebensmittel auch für das untere Einkommensdrittel plus den einzigen Sektor der seine Klimavorgaben einhält .

  • Ich möchte hier mal ganz sachlich anmerken, dass es nicht der Wunsch der Bauern ist, einen Großteil ihres Gehalts aus Subventionen zu bekommen. Dieses System wurde etabliert, u.a. damit die Lebensmittelpreise stabil bleiben. Nun das Argument umzukehren und zu fordern, dass die Bauern für dieses Geld ja wohl auch ein bisschen Schreitischarbeit in Kauf nehmen können ist schlichtweg unfair und entbehrt jeglicher Einsicht. Hat der Autor schon einmal einen einzigen solchen Antrag ausgefüllt? Ich bin selbst Landwirtin und weiß mit welcher Bürokratie die Bauern kämpfen. Und bitte nicht vergessen: Wir erzeugen Lebensmittel, wenn irgendwann mal niemand in der EU mehr Lust dazu hat müssen wir Lebensmittel aus anderen Regionen importieren, aber ob die Bedingungen dort soviel besser sind?

  • Jetzt hat D ja den dazu passenden Landwirtschaftsminister.

  • Sieben Tage für Verwaltung *pro Jahr*. Wahnsinn, für mich wird die Hysterie über angebliche oder tatsächliche unnötige Bürokratie damit noch unverständlicher.

    • @Ciro:

      Bürokratieabbau ist ja auch nur Code für Deregulierung.

      • @pumble:

        Richtig, ein Deckmantel für "wir wollen keinen Umweltschutz, keine Arbeitnehmer/innenrechte".

  • AgrarsozialhilfeempfängerInnen wieder (!) Grünlandumbruch erlauben.



    Und später dann Extrazahlungen zur Erhöhung des Humusgehalts im Oberboden als Klimaschutz?



    Ganz mein Geschmack.

    Wenn das auch bei torfbasierten ehemaligen Moorböden erlaubt würde.. unvorstellbar.



    "Den Bürger mitnehmen..."

  • Meine eigene Beobachtung in Südfrankreich sowohl als auch in Münsterland ist, das die Bauern, wenn sie eine Wiese Anlegen, diese alle paar Jahre umpflügen, damit sie nicht Unter diesen Schutzstatus fällt. Darum kann es sein, das eine Aufhebung einer solchen Regelung durchaus sinnvoll sein kann.

    • @joschking:

      Die Aufhebung wäre schon alleine deswegen sinnvoll, wenn wir ernsthaft den Anteil tierischer Nahrungsmittel reduzieren wollten. Für alles andere kann man Dauergrünland nämlich nicht wirtschaftlich nutzen.



      Und um die Fläche einfach liegenzulassen ist die Grundsteuer A seit der Reform doch ein bißchen hoch - vor allem, wenn sie nach dem Ertragswertmodell gerechnet ist.

    • @joschking:

      Effektiv koennte dadurch sogar weniger umgepfluegt werden.