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Neue Corona-RegelnKein Bier ohne Test oder Booster

Bund und Länder beschließen striktere Zugangsregeln für die Gastronomie und Lockerungen bei der Quarantäne. Auch eine Impfpflicht soll bald kommen.

Geboosterte bei Abendgestaltung: bald 2G+ in Kneipen und Restaurants Foto: Annette Riedl/dpa

Die Omikron-Variante des Coronavirus ist deutschlandweit auf dem Vormarsch und lässt die Inzidenzen wieder steigen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten beschlossen bei einem virtuellen Treffen am Freitag deshalb ­unter anderem weitere Reglementierungen in der Gastronomie und Quarantäneverkürzungen.

Demnach erhalten bundesweit einheitlich künftig auch Geimpfte und Genesene nur noch mit einem negativen Antigen-Test oder einer Booster-Impfung Zutritt (2G+) zu Restaurants und Kneipen. „Das ist eine strenge Regelung“, sagt der SPD-Politiker bei einer Pressekonferenz am Nachmittag. „Aber es ist eine Notwendige, die dazu beiträgt, dass wir die Infektionen besser kontrollieren können, als es jetzt der Fall ist.“

Aktuell sind laut Robert-Koch-Institut knapp 34,5 Millionen Bürger dreifach geimpft. Die Auffrischungsimpfung soll sofort nach der Verabreichung gültig sein. Die Änderungen sollen schnell in Kraft treten – wann genau, war am Freitagnachmittag allerdings noch unklar.

Vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) kam scharfe Kritik an der Maßnahmenverschärfung. „Flächendeckend 2G+ wäre eine Katastrophe für Kneipen und Restaurants“, sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der Bild-Zeitung. Wirte dürften nicht die Leidtragenden sein, wenn die Regierung „offenbar Anreize für die dritte Impfung“ schaffen wolle.

Bei der Gaststättengewerkschaft NGG hat man dagegen keine Einwände gegen 2G+. Die Maßnahme könnte die Sicherheit von Gästen und Personal erhöhen, und „es kann ja auch sein, dass Menschen sich dann künftig beim Restaurantbesuch sicherer fühlen und eher aus­gehen“, sagte eine NGG-Sprecherin der taz.

Zeitplan für die Allgemeine Impfpflicht steht

Während die Maßnahmen in Kneipen strikter werden, gibt es bei den Quarantänezeiten Lockerungen. Aus Sorge, die kritische Infrastruktur könnte bei Masseninfektionen mit der Omikron-Variante leiden, werden die Absonderungszeiträume verkürzt. Statt wie bisher 14 Tage müssen Kontaktpersonen, die geboostert sind, gar nicht mehr in Quarantäne. Das gilt auch für frisch Geimpfte und Genesene.

Für alle Übrigen enden Isolation (Infizierte) und Quarantäne (Kontaktpersonen) nach 10 Tagen. Beide Personengruppen können sich aber nach 7 Tagen durch einen PCR- oder zertifizierten Antigen-Schnelltest „freitesten“. Für Beschäftigte in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe gilt die Regelung ebenfalls. Hier müssen Infizierte allerdings 2 Tage symptomfrei sein und benötigen ein negatives PCR-Testergebnis, um die Absonderung zu beenden. Die Gesundheitsministerkonferenz hatte am Mittwoch sogar gefordert, die Quarantänezeit für Arbeitnehmer in der kritischen Infrastruktur auf nur 5 Tage zu reduzieren.

Auch in Sachen Impfpflicht wollen Bund und Länder Anstrengungen unternehmen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst sagte – neben Scholz sitzend: „Wir brauchen Tempo und auch Führung bei dieser Frage“. Weiter sagte der CDU-Politiker: „Die Länder gehen davon aus, dass bald ein Zeitplan für das weitere Vorgehen zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht vorliegen wird.“

Auch der Bundeskanzler selbst bekannte sich erneut zum verpflichtenden Coronaschutz und gab an, dass alle Regierungschefs der Länder die Maßmahme ebenfalls befürworten: „Ich fühle mich da maximal unterstützt“, sagte Scholz. Der Bundestag werde demnächst über Entwürfe dazu beraten.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) fügte hinzu, dass im Februar der entsprechende Gesetzgebungsprozess eingeleitet werde. Der Zeitplan müsse würdigen, dass auch Gesetzgebungszeit benötigt werde für diese schwierige Frage, die 80 Millionen Menschen betreffe.

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9 Kommentare

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  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    Das Jammern der Gastwirte ist teilweise unbegründet.



    Wenn nur noch geboosterte Menschen oder mit aktuellem Test in die Kneipen und Restaurants gehen, ist das ein Stück Sicherheit. Wenn ich schon am Eingang feststelle, dass die Kontrolle lax gehandhabt wird, drehe ich um. Habe ich aber in den letzten Wochen so nicht erlebt.

    Ja, das soll auch ein Anreiz sein, sich impfen zu lassen und das ist richtig so. Wir dürfen uns von ein paar Irren nicht das Leben kaputt machen lassen.



    Eine Alice Weidel und ihre Leute sind für mich irrgeleitete und berechnende Volksverhetzer.



    Die sitzen doch im Bundestag, weil dies ein liberaler Staat ist. Genau das nutzen sie aber für ihre Zwecke aus.

  • Wenn es bei den genannten Maßnahmen bleibt, ist es nur wieder ein Beispiel von verzweifeltem Aktionismus. Die weitgehende Planlosigkeit und die Unfähigkeit der Politiker, wirklich gemeinsam zu wissenschaftlich fundierten Entscheidungen zu gelangen, die nicht nur einen billigen Kompromiss darstellen, ist kein Ruhmesblatt für unsere Demokratie.

    Im Restaurant sitzen zumeist Menschen aus einem Haushalt, vielleicht noch mit Freunden aus einem weiteren Haushalt in kleinen Gruppen, meterweit getrennt von weiteren Gästen. Warum gerade dort ein erhöhtes Ansteckungsrisiko vorhanden sein soll, wird wohl ein gut gehütetes Geheimnis bleiben.



    Kontaktsport darf weiterhin mit zehn Menschen verschiedener Herkunft ohne Test erfolgen, in Supermärkten werden Abstandsregeln seit über einem Jahr nicht mehr kontrolliert, im Modehandel gelangen anprobierte Waren ohne Desinfektion wieder in die Auslage zurück...



    Meine Kristallkugel sagt mir, dass durch die neuen Maßnahmen die Ausbreitung des Virus kein Stück weit abnehmen wird. Aber immerhin haben unsere gewählten Volksvertreter mal wieder mit der Faust auf den Tisch gehauen und gezeigt, dass sie jeden Cent Diäten wert sind.

  • Mir fehlt bis dato die medizinische bzw. wissenschaftliche Erklärung, wieso man mit einer Booster-Impfung keinen (negativen) Test benötigt.

    • @Mopsfidel:

      Darauf können Sie lange warten. Das ist keine medizinisch begründete Entscheidung, sondern eine politische. Ich denke, es gibt 2 Gründe:



      1. Wer (wie ich) brav war und geboostert ist, soll dafür belohnt werden.



      2. Nur wenige werden dazu bereit sein, sich extra testen zu lassen, nur um ins Restaurant zu dürfen. Da es aber schon recht viele Geboosterte gibt, besteht die Chance, dass mit der verabredeten Regelung jedenfalls ein Teil der gastronomischen Betriebe weiter öffnen kann. 2 G+ ohne Ausnahme für Geboosterte käme einem Lockdown für die Gastronomie schon sehr nahe.

      Umgekehrt kann man sich fragen, wieso negativ Getestete nicht rein dürfen sollen, wenn sie nicht vollständig geimpft sind. Denn wenn der negative Test nach Ansicht der Konferenzteilnehmer keine hinreichende Aussagekraft haben sollte, stellt sich die Frage, warum sich die 2 x Geimpften dann noch zusätzlich testen lassen müssen. Auch dies ist hauptsächlich eine politische Entscheidung; die Ungeimpften sollen "bestraft" werden, und es soll ein Anreiz geschaffen werden, sich doch noch impfen zu lassen.

  • Blickt eigentlich noch irgendjemand durch, vor allem zum Thema Quarantäne?



    Nach einem positiven Test eines sog. "Haushaltsangehörigen" habe ich versucht herauszufinden, wer von uns jetzt wie lange in Quarantäne gehen musste. Eine echte Herausforderung... Info vom Gesundheitsamt? Fehlanzeige. Info vom Arzt? Hat veraltete Info vom Gesundheitsamt. Fündig geworden auf www.baden-wuerttemberg.de unter Corona VO Absonderung. Bis man das verstanden hat, sind die 10 Tage locker vorbei...



    Wir wissen es immer noch nicht so genau, weil nicht auf Omikron getestet wird, das aber die Regeln nochmal ändern würde.



    Immerhin stehen nächste Woche die Booster-Termine an. Darf man eigentlich kurz nach Genesung geimpft werden? Ich frag mal beim Gesundheitsamt... 😂

    • @Felis:

      Das RKI empfiehlt zu dieser Frage Folgendes:



      "Personen, die nach COVID-19-Impfung (unabhängig von der Anzahl der Impfstoffdosen) eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben, sollen im Abstand von mindestens 3 Monaten nach Infektion ebenfalls eine Auffrischimpfung erhalten."



      Aktuelle Studien besagen jedoch: wer genesen und geimpft ist (Reihenfolge egal) gehört zu den "Superimmunen" und ist auch gegen weitere Mutationen bestens geschützt. Sie können auf den Booster also auch verzichten.



      www.spektrum.de/ne...immunitaet/1937392

  • Dann kann das Oktoberfest in diesem Jahr ja endlich wieder stattfinden - hurra! denn bis dahin werden sicherlich 70 % aller Bundesbürger eine Auffrischimpfung erhalten haben, damit sie keinen Test machen müssen, wenn es ums Festbier geht und Dieter Reiter kann endlich wieder ausrufen "Ozapft is!". Nur im Januar wird es noch etwas Anstrengend werden. "Die Gesundheitsministerkonferenz hatte am Mittwoch sogar gefordert, die Quarantänezeit für Arbeitnehmer in der kritischen Infrastruktur auf nur 5 Tage zu reduzieren." Das wird dann zu schweren Verläufen führen, aufgrund des hohen "Infektionsdrucks" weil die kritische Infrastuktur ihre Infektion nicht mehr ausheilen kann.



    Prost - Mahlzeit. Gott sei dank naht ja schon die fünfte Jahreszeit - her mit der Auffrischimpfung !

  • Bier in der Kneipe wäre mir viel zu teuer. Außerdem würden mich die unbekannten Menschen dort stören.



    Essen tu ich sowieso zuhaus, da weiß ich wenigstens, was drin ist. Also aus meiner Sicht kein Problem mit G2+.

  • Bier nur noch mit Booster - sowas lässt sich nicht bundeseinheitlich regeln: Das wär dann Bockbier. Oder Nockerberg. Oder Lütje Lage.