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Neue Bewegung Studis gegen RechtsVom Hörsaal auf die Straße

An vielen Universitäten haben sich Ortsgruppen der „Studis gegen Rechts“ gegründet. In Riesa gehen sie gegen den AfD-Bundesparteitag auf die Straße.

In Freiburg kommen rund 900 Studierende zur Demo der „Studis gegen Rechts“ Foto: Silas Stein/dpa

Berlin taz | Die studentische Initiative Studis gegen Rechts ruft zum Protest gegen den Bundesparteitag der AfD am 11. Januar im sächsischen Riesa auf. Die Hochschulgruppen, die es bundesweit in 35 Städten gibt, werben für die Teilnahme an den Protesten und verkaufen Bustickets für eine gemeinsame Anreise. Zu den Protesten gegen den AfD-Bundesparteitag mobilisieren auch das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus, der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Das Bündnis Widersetzen ruft zudem zu zivilem Ungehorsam rund um den Parteitag auf.

Die Studis gegen Rechts haben sich nach dem Bekanntwerden des sogenannten AfD-Geheimtreffens im Januar letzten Jahres gegründet. Mit der Ini­tia­ti­ve, die dem linken Studierendenverband SDS nahesteht, wollen sich Studierende gegen den Rechtsruck engagieren. Im vergangenen Jahr haben die Studis gegen Rechts unter anderem studentische Vollversammlungen vor Ort einberufen und ein bundesweites Vernetzungstreffen in Berlin abgehalten, an dem 280 Studierende aus 35 Städten teilnahmen.

Für einige Ortsgruppen der Studis gegen Rechts ist der Protest in Riesa der Auftakt ihres Engagements. So auch für die Gruppe in Eberswalde in Brandenburg. Eine ihrer Grün­de­r:in­nen – Lotte, 19 Jahre, Studentin des Studiengangs Landschaftsnutzung und Naturschutz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung – begründet ihre Motivation im Gespräch mit der taz mit einer Erfahrung auf dem Christopher Street Day im Sommer 2024: „Ich war in Wismar auf dem CSD. Für mich war das krass mitanzusehen, wie Rechte uns dort bedroht haben. Schlimm, dass Queere dabei jetzt Polizeischutz benötigen“, sagt Lotte. Ihren Nachnamen möchte sie nicht nennen. Inzwischen seien sie rund acht bis zehn Stu­den­t:in­nen bei ihren Treffen.

Studis gegen Rechts wollen auch Streikende unterstützen

Andere Ortsgruppen sind schon länger aktiv. Sie beschäftigen sich auch mit regionalen Themen. So beteiligte sich die Ortsgruppe Bremen an Protesten gegen eine Delegierten­versammlung der AfD Niedersachsen. Die Ortsgruppe Freiburg organisierte Mitte Dezember eine Demonstration gegen rechts. Laut Badischer Zeitung beteiligten sich daran rund 900 Studierende. Im Rahmen eines „Antifaschistischen Advents“ organisierte die Freiburger Gruppe zudem Vorträge und sammelte Sachspenden für Obdachlose.

Auch aus Freiburg reisen die Studis gegen Rechts nach Riesa, um gegen den AfD-Bundesparteitag zu protestieren. Trotz 750 Kilometern und zehn Stunden Anfahrt durch die Nacht sind nach Angaben der Freiburger Ortsgruppe bereits rund 300 Bustickets verkauft worden. Man habe mehr Anfragen, als Bustickets zur Verfügung stehen, berichtet eine Sprecherin der taz. Zweimal im Monat veranstaltet die Gruppe ein Treffen, an dem zwischen 70 und 80 Studierende teilnehmen.

In Zukunft wollen die Studis gegen Rechts auch Streiks im Rahmen von Tarifverhandlungen unterstützen. „Unis sind ein Ausgangspunkt gesellschaftlicher Veränderung“, so der Sprecher der bundesweiten Ini­tia­ti­ve, Tim Gerzmann. Derzeit seien Universitäten noch ein Hort der Linken. Vor dem Hintergrund steigender Zustimmung zu rechter Politik sei dies nicht selbstverständlich. Gerzmann: „Wir wollen, dass Universitäten antifaschistische Hochburgen werden.“

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9 Kommentare

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  • Ob den Protestierenden bewusst ist, dass jede in D zugelassene Partei per Gesetz verpflichtet ist, regelmäßig einen Bundesparteitag abzuhalten?

  • Jawoll! That's the way!

  • Dass auch Studierende aus Riesa und Eberswalde nicht mehr still und leise sein wollen, ist schon etwas. Aber es wird die vorherige Schlafmützigkeit nicht mehr wettmachen können (sage ich mal als Zweckpessimist).

  • Die neoliberale Technovisions-Gesellschaft würgt ihren Neofaschismus wieder hoch in den letzten Jahren, kein Zweifel.

    Da ist es gut, wenn gebildetere und idealistische Menschen die AfD aufs Korn nehmen. Nur hat sich der Neo-Neofaschismus längst nicht mehr nur dort eingenistet. Man sehe sich nur CDU und FDP an; da wird man schnell fündig bei der Analyse von deren offiziellen und inoffiziellen Programmen. Da scheint schon lange die alte Deutschnaltionale Volkspartei wieder durch, die sich seinerzeit als einer der Steigbügelhalter Hitlers hervor getan hat.

    Das Problem ist die oberflächliche Aufarbeitung des deutschen Faschismus, welche sich vorwiegend an ihrer konkreten Vernichtungs- und Kriegspolitik festmacht, aber deren tieferes und allgemeineres Wesen nicht genügend erfasst.

    Heute tritt Neofaschismus in "modernen", angepassten Formen auf. Aber dessen Intentionen sind selbstverstädlich dieselben.

    Jedenfalls ist Neofaschismus weiter zu fassen als nur AfD. Es ist der gesamte neoliberale Background selbst, aus dem das immer wieder neu hervor kriecht. Siehe z.B. die Trump-Musk-Connection.

    • @Uns Uwe:

      Da ist es dann auch nur ein schwacher und zynischer Trost, dass die FDP - anders als die FPÖ -, sich nicht mehr zur Vorreiterin und Galionsfigur des Neofaschismus hierzulande mausern kann … da diese Rolle inzwischen von der AfD eingenommen wurde.



      Die Schuhe eines Gröfaz sind dem Lindner Christian auch definitiv zu groß.

      • @Abdurchdiemitte:

        Lindner und seine kleine FDP geben sich gerne mit der Rolle des Background-Chors zufrieden, sofern Deutschland endlich mehr Musk und Milei wagt und diese den Lead-Gesang (auf deutsch: Führer-Gesang!) übernehmen.

  • Beides:



    - Solange die ADis - noch - nicht verboten wurden, müssen sie irgendwo einen Parteitag abhalten können, auch wenn's wehtut.



    - Zeigen, dass sie eine klägliche Minderheit gegen das von ihnen reklamierte Volk sind, kann man dagegen immer wieder. So etwas hat z.B. in Köln die Bräunlichen erblassen lassen.

    Und danach wieder zu den wirklich wichtigen Themen wie Klima, Soziales und Wirtschaft.

    • @Janix:

      "Und danach wieder zu den wirklich wichtigen Themen wie Klima, Soziales und Wirtschaft."

      Richtig - die Rechten blasen Migration zu einem riesigen Problem auf, alles redet nur noch darüber und die wirklichen Probleme bleiben liegen.

  • Wenigstens gibt es noch ein paar kleine Teile der Gesellschaft, die dagegen aufbegehren. Wenn schon die sogenannten etablierten Parteien alle nach rechts übergelaufen sind (außer den Linken).



    Bravo!