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Nachtragshaushalt der AmpelMarkig, aber vage

CDU-Chef Friedrich Merz droht mit neuen Haushaltsklagen vor dem Bundesverfassungsgericht. Doch es wird wohl bei der Drohung bleiben.

Berlin, 28.11.2023.: Fiedrich Merz spricht im Deutschen Bundestag Foto: Liesa Johanssen/reuters

Am Freitag will die Ampelkoalition einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2023 beschließen und ihn mit einer außerordentlichen Notsituation begründen. Wird die CDU/CSU-Fraktion erneut zum Bundesverfassungsgericht gehen und auch gegen diesen Nachtragshaushalt klagen? Wohl kaum, die Chancen wären äußerst gering.

„Wir werden Sie mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln dazu zwingen, unsere Verfassung einzuhalten“, rief CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz an diesem Dienstag im Bundestag nach der Regierungserklärung von Kanzler Olaf Scholz. Das war markig, aber vage. Weder kündigte Merz explizit eine Verfassungsklage an noch äußerte er konkrete verfassungsrechtliche Kritik am Nachtragshaushalt 2023.

Maßstab aller Haushaltsüberlegungen ist derzeit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November. Danach müssen Schulden stets in dem Jahr verbucht werden, in dem sie aufgenommen werden. Notlagenjahre dürfen nicht zur Verbuchung von Schulden auf Vorrat missbraucht werden. Löst eine Notlage mehrjährigen Verschuldungsbedarf aus, so muss die außerordentliche Situation in jedem Jahr neu festgestellt und begründet werden.

Der geplante Nachtragshaushalt 2023 wird dem gerecht. Dass der Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 eine Energiepreiskrise ausgelöst hat, die bis ins Jahr 2023 reichte, bestreitet auch die Union nicht. Deshalb durften Ausgaben für die Energiepreisbremse auch im Jahr 2023 mit Schulden finanziert werden, die nach der strengen Schuldenbremse eigentlich nicht möglich wären.

Notlage muss gut belegt sein

Deutlich schwieriger ist die Frage, ob die Energiepreiskrise auch im Jahr 2024 noch ausreichend fortwirkt. Die Gaspreise sind zwar noch erhöht, aber bereits deutlich zurückgegangen. Außerdem wollen Grüne und Teile der SPD im Jahr 2024 möglichst viele Projekte des Klima- und Transformationsfonds (KTF) über Notlagenschulden finanzieren. Hier könnten als Notsituation neben der Energiepreiskrise nach wie vor die Pandemiezeit und die dadurch verursachten Investitionsausfälle angeführt werden.

Dabei müsste aber besser als vor zwei Jahren begründet werden, dass die Klimaschutz-Investitionen die in der Pandemie unterlassenen Investitionen ersetzen können. Je länger die auslösende Notsituation zurückliegt, umso besser muss der Notlagen-Zusammenhang der Ausgaben belegt werden, so Karlsruhe.

Falls die CDU/CSU-Fraktion gegen den Haushalt 2024 und eine erneute Notlagen-Erklärung klagen will, müsste sie warten, bis der Haushalt und die Notlage vom Bundestag beschlossen sind. Das Bundesverfassungsgericht kann keine Gutachten vorab erstatten. Doch selbst wenn es verfassungsrechtliche Zweifel am Haushalt 2024 geben sollte, dürfte sich die CDU/CSU zweimal überlegen, ob sie dagegen erneut nach Karlsruhe zieht. Denn das Bundesverfassungsgericht ist kein schnelles Gericht. Ein Urteil würde vermutlich erst dann verkündet, wenn die Union bereits wieder den Kanzler stellen will. Sie würde sich im Erfolgsfall also selbst das Leben schwer machen.

Außerdem wollen mehrere CDU-regierte Bundesländer wie Schleswig-Holstein oder Sachsen-Anhalt im Jahr 2024 ebenfalls eine Notlage erklären, um entsprechend mehr Schulden aufnehmen zu können. Diese Länder wären sicher nicht glücklich, wenn ihnen die Unions-Bundestagsfraktion mit einer Klage verfassungswidriges Vorgehen attestiert.

Falls die CDU/CSU-Fraktion nicht klagt, könnte nicht einfach die AfD die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht übernehmen. Für eine abstrakte Normenkontrolle sind 25 Prozent der Bundestagsabgeordneten erforderlich. Davon ist die AfD derzeit noch weit entfernt.

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23 Kommentare

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  • Merz macht das vielleicht doch.

    Der Punkt ist, dieser Oppositionsführer agiert anders.



    Der sieht bestimmte Regeln im Politikbetrieb nicht. Und der würde auch gegen den Rat von guten Juristen handeln, wenn er auf dem Weg gewinnen könnte. Und das könnte er ja.

    Sein Ziel ist, die Regierung solange durchrütteln, bis die FDP wackelt und dann Neuwahlen. Wenn er sich dazu auch ein wenig blamieren muss, wird er das machen.

    Merz ist einer der letzten Hardcore-Neoliberalen und er ist alt, er muss auch in den nächsten paar Jahren seine Punkte machen. Sonst wird er nur eine Episode der Union bleiben. Und die CSU liebt ihn nicht, da hat er auch Widerstand.

    Deswegen wird er eher am Schleifstein die Messer schleifen als friedlich werden oder mehr in den Dialog gehen.

    Inzwischen wissen das aber die Regierungspolitiker und auch der eine oder andere in der Union realisiert, was da passiert. Gerade die FDP dürfte ihn komplett ablehnen, weil er die überflüssig machen könnte und weil sein Stil zu vielen Konflikten führen könnte, die der FDP langfristige Probleme einbringen könnte.

    Merz bietet der FDP bisher einen schlechten Tausch an. Ein geschwächter Scholz und angefressene Grüne sind für die FDP weitaus einfacher zu handhaben. Außerdem ist diese Regierung weitaus eher ein Zukunftsmodell als eine ultraneoliberale Regierung mit einem eisernen Merz.

    Und den starken Konflikten, die das bringt, außerdem ist Merz ein Aufbau Programm für die AfD und den Rechtsextremismus. Was er macht, ist gefährlich. Das wird der Union bald zusetzen, weil er mehr oder weniger die Marke Union nach rechts verschiebt, während er das bestreitet, sprich Merz geht viel stärker in die Konkurrenz mit der AfD. Das könnte voll nach hinten losgehen.

  • Merz hat eindeutig auf den gemeinsamen Teppich gekackt, und so langsam dürfte auch ihm deutlich werden, dass dieser Erfolg in Wirklichkeit für die CDU zur Belastung werden wird, denn es gibt schon namhafte CDU-Spitzenpolitiker, die eine Reform bis Abschaffung der Bremse fordern. Womit sie übrigens völlig Recht haben.

    Merz wird das bald noch sowas von auf die Füsse fallen, das ahnt er noch gar nicht...

  • Man merkt deutlich die Nähe von Merz zu den USA, hier vor allem zu den Republikanern. Die lassen auch keinen Zweifel daran, sowohl das Staatsgefüge und sowieso die Menschen kaltblütig verkommen zu lassen, wenn sie nur für sich selbst und ihre Partei Vorteile erringen.

  • „ Jährlich 2,8 Milliarden US-Dollar vergab Deutschland zwischen 2019 und 2021 durchschnittlich für Bürgschaften und Kredite für fossile Energien im Ausland. Für erneuerbare Energie waren es im selben Zeitraum nur 2,2 Milliarden.“

    1. bindet die deutsche Regierung der Bevölkerung einen dicken Bären auf, wenn sie fossile Energien überhaupt und sogar mehr fördert.

    2. ob Dientwagenregelung oder Wegfall der fossilen Förderung, das Loch im Etat wäre schnell zu stopfen.

    3. kann Habeck sofort abdanken: ein „Rechenkünstler“ ist er wohl kaum.

  • "Wir werden Sie mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln dazu zwingen, unsere Verfassung einzuhalten“ Die Verfassung in Deutschland ist das Grundgesetz. Merz Aktionismus, Wille zur Macht. Lösungen hat die CDU/CSU auch nicht anzubieten, es sei denn die FDP fliegt aus der Ampel.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Merz beleidigt alle Klempner*innen.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      "Das war markig, aber vage."



      Merz redet sich schnell in Rage,



      Reden mit Beleidigungen,



      Nicht zum ersten Mal ist ihm gelungen:



      Ist die Erregung auch echt,



      Wer abwertet hat nicht Recht.



      Er ist wirklich hier 'von Sinnen',



      Mit Vergleich Handwerker*innen.



      /



      taz.de/Wandergesel...gsarbeit/!5856464/

  • Die CDU mag vor dem Verfassungsgericht gewonnen haben.



    Doch was genau wurde gewonnen?



    Der Staat hat weniger Geld für die Wirtschaft und weniger Geld zum Abfedern der Lasten für die BürgerInnen.



    Wer genau muss Merz also für die Klage dankbar sein?



    Genau, Niemand!



    Merz wird sich eine weitere Klage gut überlegen müssen,



    denn damit macht er sich keine Freude.



    Dass CDU Politiker in erster Linie sich selbst sehen, bleibt die Gefahr.



    Die derzeitige Chance besteht darin, dass linke BürgerInnen begreifen, was die Regierung für Leistungen für die Bevölkerung erbracht hat und dass Merz das Alles für völlig überflüssig hält.



    Er ist und bleibt ein Politiker von Vorgestern, der nicht versteht, dass klimagerechter Umbau der Wirtschaft die Zukunft ist und Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum und somit Steuergelder generieren wird.



    Es kann sein, dass der Eine oder die Andere Linke merkt, dass Merz die schlechtere Alternative zur Ampel darstellt.



    Es ist ja nicht so, als gäbe es eine Menge Alternativen .



    Wenn CDU und AfD eine Alternative darstellen, sollte natürlich weiter auf die Ampel eingedroschen werden, das wäre auch der Szene entsprechend.



    Wer es linker haben möchte, sollte aktiv die Ampel unterstützen, statt Luftschlösser zu bauen.



    Das Beste, was der Partei die Linke passieren kann, ist dass sie nochmal knapp in den Bundestag einzieht.



    Gestaltungsmacht ist nicht zu erwarten.

    • @Philippo1000:

      "Doch was genau wurde gewonnen?"

      Die Bundesregierung muss sich und der Bevölkerung jährlich ehrlich machen, ob wir in einer Klimanotlage stecken oder nicht und die Notlagengelder dafür auch verwenden.

      Einfach Coronagelder umzuwidmen, die irgendwie auch für alles gut sind, geht halt nicht. Das sind billige Finanztricks für ein Business as Usual.

      Die Ampel hat es handwerklich wieder einmal verbockt. Gut gemeint ist nicht gut gemacht.

      Und ob weitere Klagen kommen? Wer weiß? Es war ja nicht das erste mal, dass das Verfassungsgericht die Ampel in die Schranken verwies.

      Mit billigem Kohle-, Gas- und Atom-Strom der Ampel für die Betriebe und die Bevölkerung um über die Runden zu kommen wird es jedenfalls nicht schnell zu einem ökologischen Umbau kommen.

    • @Philippo1000:

      "Die CDU mag vor dem Verfassungsgericht gewonnen haben.

      Doch was genau wurde gewonnen?

      Der Staat hat weniger Geld für die Wirtschaft und weniger Geld zum Abfedern der Lasten für die BürgerInnen."

      Äh, nein? Der Staat darf die Kredite nur nicht abrufen, Geld hat er nach wie vor. Abgesehen davon waren die Kredite doch ohnehin nicht für die Wirtschaft oder zum "Abfedern der Lasten für die Bevölkerung" gedacht.

      • @Tom Tailor:

        Eine Energiepreisbremse sorgt für Entlastung der BürgerInnen und der Wirtschaft.



        Investitionen z.B.



        in Wärmepumpen ist Wirtschaftsunterstützung, gekoppelt



        mit sozialer Abfederung und Jobmotor.



        Das gilt auch für andere Projekte zum Umbau der Wirtschaft in klimafreundliche Produktion.



        Der Staat hat Geld? Das stellt wohl eine umfangreichere Frage zur Diskussion.



        Der Staat hat vor Allem Schulden, die Frage ist, wieviel Schulden er zusätzlich machen darf/ sollte.

        • @Philippo1000:

          "Eine Energiepreisbremse sorgt für Entlastung der BürgerInnen und der Wirtschaft.

          Investitionen z.B.

          in Wärmepumpen ist Wirtschaftsunterstützung, gekoppelt

          mit sozialer Abfederung und Jobmotor.

          Das gilt auch für andere Projekte zum Umbau der Wirtschaft in klimafreundliche Produktion."

          Alles schön, nur was hat das mit dem "Klimafonds" zu tun? Die 60 Mrd waren für Corona-Hilfen gedacht und hätten den von Ihnen genannten Projekten eh nie zufließen können.

          "Der Staat hat Geld? Das stellt wohl eine umfangreichere Frage zur Diskussion."



          Das Steueraufkommen beträgt ca. 900 Mrd €. Ist das nichts? Klar, wenn man sich natürlich verzettelt und das Geld lieber nach dem Gießkannenprinzip in soziale Wohltaten investiert statt in Infrastruktur, dann wirds eng.

          "Der Staat hat vor Allem Schulden, die Frage ist, wieviel Schulden er zusätzlich machen darf/ sollte."

          Darum soll ja jetzt auch ein Nachtragshaushalt geschaffen werden. ;-)

  • Es gibt reichlich Spitzenpolitiker in der CDU, die die aktuelle Schuldenbremse schlecht finden.

    16 Jahre Nichtstun unter Merkel bedeuten eben auch einen gewaltigen Investitionsstau.

    Von daher ist Merz Rumgepolter einfach nur lächerlich. Wäre die CDU nach wie vor an der Regierung, die hätten auch Schulden aufnehmen müssen, und die Bremse umgehen.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      "16 Jahre Nichtstun unter Merkel bedeuten eben auch einen gewaltigen Investitionsstau."

      Ist das so? Dann hat die SPD, die immerhin 12 von 16 Jahre zur Hälfte an der Regierung beteiligt war, mit dieser Misere also gar nichts zu tun?

      Dann ist ja gut das nun die SPD wieder regiert ;-)

      • @Tom Tailor:

        Die Wirtschaftsminister waren in der Groko CDU/CSU. Während der Corona Pandemie hat die SPD , in der Tat, dafür gesorgt, dass Arbeitsplätze gesichert (Ausweitung des Kurzarbeitergelds) und Firmen auf diverse Arten Unterstützung erhielten.

        • @Philippo1000:

          Von welcher Partei die jeweiligen Minister waren ist doch schnuppe, die konnten auch nur die Maßnahmen ergreifen welche im gemeinsamen Koalitionspapier von CDU und SPD beschlossen wurden. Hier die SPD von der Verantwortung freizusprechen mit dem Verweis auf die jeweiligen Minister ist billig.

  • Ich würde es so sagen: Scholz hat für seine blamable Regierungserklärung die passende Antwort von Merz bekommen. Die war mindestens genauso miserabel wenn nicht noch schlimmer. Dieses Land hat beide Politiker nicht wirklich verdient.

  • Scholz liefert ein Public Relations GAU nach dem Nächsten. Die Sauerland-Zitrone, hat dagegen, eine sehr gute Show abgeliefert. Aber mehr ist es leider nicht, eine billige Show. Denn Merz hat mit seinem ganzen Leben bewiesen, dass er nur für sein eigenes Bankkonto arbeitet und Superreicen den Popo hochkriechen kann. Seit er Oppositionsführer ist, hat keinen einzigen sinnvollen proaktiven Beitrag geleistet. Herr Merz, hat im Gegenteil, unsere demokratischen Prozesse sabotiert und ausgehöhlt, indem er gezielt einen permanenten Rechtsruck orchestriert hat.



    Wenn der Ehrlichkeit besäße würde er wieder offen als BlackRock-Chef-De arbeiten und in die AFD eintreten.

    • @Arjun G. G.:

      Sauerland-Zitrone - der Ausdruck gefällt mir, den werde ich mir merken, danke!

  • "Er hat ein Narrativ einer schwachen, verachtungswürdigen, hilfebedürftigen, unsteten und instabilen Regierung sehr gekonnt geschildert, " ... heißt nicht, daß es so ist ... bis dahin gehe ich aber konform. Allein der zweite Teil Ihres Satzes "... er hat sich staatsmännisch, besonnen, rational, gebildet und den Menschen zugeneigt gezeigt. ".



    Ich habe die Sitzung life verfolgt. Aber mit staatstragend, besonnen, rational und gebildet habe ich ganz andere Assoziationen.



    Der Herr Merz hat populistisch gepöbelt und sein Afd-Sprech bis an die Grenze von Beleidungen abgespult.



    Frau Merkel hat schon vor 18 oder 20 Jahren erkannt, daß Herr Merz eine faule (hohle) Nuss ist. Umso besorgniserregender finde ich den tatsächlich frenetischen Jubel seiner Fraktion auf die Rede.

  • Die Klimanotlage besteht als darn, dass wir viel Geld brauchen um energetisch erstmal so weitermachen zu können wie bisher?

  • Friedrich Merz ist doch genauso eine Luftbumb! Höchstens noch übertroffen von Markus Söder...

  • Friedrich Merz hat das schon sehr gekonnt gemacht. Er hat ein Narrativ einer schwachen, verachtungswürdigen, hilfebedürftigen, unsteten und instabilen Regierung sehr gekonnt geschildert, er hat sich staatsmännisch, besonnen, rational, gebildet und den Menschen zugeneigt gezeigt.



    Härten, die er plant, hat er nicht klar benannt, denn natürlich lohnt eine Arbeit gegenüber SGB-II-Leistungen, Merz hat das Gegenteil behauptet, ist im Prinzip für niedrige Löhne und für - vor allem - niedrigere SGB-II-Leistungen eingesprungen.



    Und er hat Olaf Scholz persönlich sehr sehr hart angefasst, wir haben immerhin einen Kanzler, der gerade mehrere Krisen managt, das verkehrt sich bei Merz um, der findet ihn noch blöder, unfähiger, lernbeschränkt und tat sogar so als sei Scholz ein Vertreter der Keynsianer der End-1969.



    So gut er das aufgebaut hat und so sehr er jetzt ohne Wahlkampf negativ Campaigning praktiziert hat. Schon am Mittwoch wird die SPD die Transkripte dieser Rente extrem genau durchlesen und das - falls sie es schon haben - in ihren War-Room bringen. Es wird Merz dann auch noch von der AfD um die Ohren gehauen werden. Viele dort sind älter, haben eine sehr klare Vorstellung von dem, was die CDU/CSU an der momentanen Situation beigetragen hat, das wird denen mehr Stimmen bringen, die werden sich diese Inhalte auch schnappen.



    Interessant wird langfristig die Reaktion der Gewerkschaften und Sozialverbände.



    Merz zwingt die in eine extreme Alarmbereitschaft. Wenn er sich durchsetzen würde, könnte das diesen massive Schwierigkeiten bringen. Hatte der DGB bei Gerd Schröder Bisshemmungen, könnte es bei einem Kandidaten Merz anders ablaufen.



    Dem fehlt nicht nur Norber Blüm, der will so was gar nicht haben.



    Dafür dürfte die CDU bald Rekordspenden bei Unternehmen einfahren. Aber wie viele Unternehmer wählen am Ende? Diese Frage stellt sich Merz nicht. Eine wahl kaufen kann man (noch) nicht. Aber Geld wird eine große Rolle spielen.