Nachrichten in der Coronakrise: „Killer-Varianten“ sind möglich
Karl Lauterbach erwartet für Herbst einen Omikron-Impfstoff und warnt vor „Killer-Varianten“. In Shanghai sinkt die Zahl der Infektionen trotz Lockdown nicht.
Sieben-Tage-Inzidenz sinkt auf 834,3
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen ist vor dem Hintergrund der Osterfeiertage erneut gesunken. Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) am Sonntagmorgen mitteilte, liegt der Wert nun bei 834,3. Am Vortag hatte er noch 876,5 betragen, vor einer Woche lag er noch bei 1097,9. Der Wert beziffert die Zahl der Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner im Zeitraum von sieben Tagen.
Das RKI hatte bereits darauf hingewiesen, „dass es aufgrund der Feiertage und Ferien (…) zu einer erhöhten Untererfassung der Fälle im Meldesystem kommen kann“. Dementsprechend könnten die offiziellen Fallzahlen sinken, obwohl sich tatsächlich mehr Menschen anstecken. Wie das RKI unter Berufung auf Daten der Gesundheitsämter mitteilte, lag die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen binnen 24 Stunden am Sonntag bei 39.784 – nach 37.568 am Vortag und 55.471 Neuinfektionen vor einer Woche. (afp)
Lauterbach warnt vor „Killer-Varianten“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will mit Impfstoff-Bestellungen im großen Stil drohende Corona-Wellen im Herbst bekämpfen. „Wir besorgen Impfstoff, der vor den Omikron-Varianten schützt. Den erwarten wir im September“, sagte Lauterbach der Bild am Sonntag. „Impfstoff gegen Delta-Varianten haben wir schon. Unser Ziel ist, möglichst genug Impfstoff für jeden Bürger zu haben, egal welche Variante kommt.“
Lauterbach warnte zugleich vor einer möglichen „Killer-Variante“ noch in diesem Jahr: „Es entwickeln sich gerade diverse Omikron-Subvarianten, die für mich Anlass zur Besorgnis sind. Die Abstände, in denen neue Varianten die alten ablösen, werden immer kürzer. Das bedeutet, dass wir uns immer schlechter auf die Mutationen vorbereiten können“, sagte er der Zeitung. Es sei „durchaus möglich, dass wir eine hochansteckende Omikron-Variante bekommen, die so tödlich wie Delta ist. Das wäre eine absolute Killer-Variante.“ (afp)
Plädoyer für Maskenpflicht ab Herbst
Lauterbach plädierte für möglichst schnelle Änderungen am Infektionsschutzgesetz, um im Herbst wieder eine Maskenpflicht in Innenräumen durchsetzen zu können. „Im Herbst wird sich die Lage wieder ändern, dann steigen die Fälle, dann gibt es wahrscheinlich neue Mutationen oder die Fallzahl mit Omikron-Infektionen steigt stark. Deshalb müssen wir bis dahin das Infektionsschutzgesetz noch mal überarbeiten.“
Es könne dann „durchaus wieder nötig und rechtlich erreichbar sein, dass wir das Maskentragen in Innenräumen wieder zur Pflicht machen.“ Verantwortlich für eine solche Entwicklung ist für Lauterbach auch die Ablehnung der Impfpflicht: „Das Scheitern der Impfpflicht war eine bittere Enttäuschung“, betonte er. „Nach einem guten Sommer kann uns die große Impflücke einen harten Herbst bescheren. Dann erwarten viele Wissenschaftler die nächsten Wellen.“ Berichte, dass bald elf Millionen Dosen Impfstoff vernichtet werden müssen, wies Lauterbach zurück: „Das stimmt nicht. Je nachdem, wie viele Menschen eine vierte Impfung wollen, verfallen nur höchstens vier Millionen Dosen.“ (afp)
Shanghai: Zahl der Corona-Infizierten sinkt nicht
Auch nach mehreren Wochen rigider Ausgangssperren meldet Chinas größte Stadt Shanghai keinen Rückgang der Zahl der Corona-Infizierten. Wie die nationale Gesundheitskommission am Sonntag bekannt gab, wurden innerhalb der letzten 24 Stunden für das Stadtgebiet 24.820 Infektionen registriert. Ein Großteil der Fälle war laut den offiziellen Daten asymptomatisch.
Shanghai steht im Mittelpunkt der größten Corona-Welle, die das bevölkerungsreichste Land der Erde seit Ausbruch der Pandemie vor mehr als zwei Jahren erlebt hat. Seit mehreren Wochen darf ein Großteil der rund 26 Millionen Einwohner ihre Wohnungen nicht mehr verlassen. Doch die rigiden Ausgangssperren haben bisher nicht dazu geführt, das Virus einzudämmen. Vor anderthalb Wochen meldeten die Behörden der Stadt erstmals mehr als 20 000 Infektionen pro Tag, seither hält sich das Infektionsgeschehen in etwa konstant.
Während der Rest der Welt versucht, mit dem Virus zu leben, verfolgen Chinas Behörden weiterhin eine rigide Null-Covid-Strategie, die bereits auf kleine Infektionsausbrüche mit Ausgangssperren, Massentests und aggressiver Kontaktverfolgung reagiert. Derzeit sind etliche Städte des Landes teilweise oder vollständig im Lockdown. Die hochinfektiöse Omikron-Variante bringt Chinas rigide Maßnahmen jedoch an ihre Grenzen. (dpa)
Osterfeierlichkeiten nach zwei Jahren Pandemiepause
Papst Franziskus feiert an diesem Sonntag auf dem Petersplatz in Rom die große Messe zum Ostersonntag. Nach den zwei Ausfällen 2020 und 2021 wegen der Corona-Pandemie werden zu der Feier bei bestem Frühlingswetter wieder Zehntausende Gläubige erwartet – schon am vorigen Wochenende zählte die Gendarmerie des Vatikans rund 65.000 Teilnehmer an der Palmsonntagsmesse. Nach der Messe am wichtigsten Feiertag der katholischen Kirche spricht der Pontifex Mittags von seiner Loggia aus den Segen „Urbi et Orbi“, also der Stadt und dem Erdkreis, spenden.
Bei den Osterfeierlichkeiten in Jerusalem konnten erstmals seit drei Jahren auch wieder Touristen und Pilger ins Heilige Land einreisen. Wegen der Corona-Pandemie hatte Israel seine Grenzen für Besucher geschlossen. Erst seit März ist die Einreise für ungeimpfte Touristen wieder erlaubt. Das israelische Tourismusministerium hatte sich für die Woche von Ostern, des jüdischen Pessachfests und des muslimischen Ramadan auf rund 30.000 Touristen eingestellt.
In Deutschland dürfen nach zwei Jahren corona-bedingter Zwangspause Osterrituale durchgeführt werden. In Nordrhein-Westfalen dürfen wieder Osterfeuer angezündet werden. Allerdings müssen die Vorschriften der Gemeinden und die Hygienevorschriften beachtet werden, wie das Landesumweltamt Lanuv erklärte. Auch sollten Tier- und Umweltschutz beachtet werden. „Denn schlecht durchgeführt, kann der alte Brauch große Schäden anrichten“, erklärte das Lanuv über den unter anderem im Münsterland verbreiteten Brauch.
In Lügde, das seit 2018 von der Unesco als Immaterielles Kulturerbe gelistet ist, dürfen wieder die mit Stroh gefüllten brennenden Holzräder als Osterfeuerritual angezündet werden. Vor der Corona-Pandemie kamen bis zu 20.000 Besucher zur Begrüßung des Frühlings auf den Osterberg an die Landesgrenze zu Niedersachsen. Der Brauch, bei dem 400 Kilogramm schwere Holzräder mit eingeflochtenem Roggenstroh von einem Berg gerollt werden, soll auf Karl den Großen zurückgehen. Der Frankenkönig soll im Jahr 784 in Lügde den Lauf als Brauch zur Feier der Auferstehung Christi angeordnet haben. Dabei brennen nicht die Räder an sich, sondern das eingeflochtene Stroh. Die Veranstaltung in diesem Jahr steht im Zeichen für den Frieden in der Ukraine. (dpa)
Niedersachsen: Nur wenige Apotheken mit PCR-Testgeräten
PCR-Tests auf das Coronavirus sind in Niedersachsens Apotheken trotz eines Förderprogramms weiter eine Seltenheit. Die Landesregierung hatte Anfang Februar angekündigt, die Apotheken bei der Anschaffung von PCR-Testgeräten mit drei Millionen Euro zu unterstützen – da pro Apotheke bis zu 3.000 Euro Zuschuss möglich waren, konnten 1.000 Apotheken von dem Programm profitieren. Bei der Förderbank des Landes, der NBank, sind bisher allerdings erst 67 Anträge eingegangen, obwohl der Förderzeitraum Ende März auslief. Das teilte die NBank der Deutschen Presse-Agentur mit.
Rund 250 der 1.700 niedersächsischen Apotheken verfügten nach Angaben von Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) schon vor der Einführung der Förderung über PCR-Testgeräte. Das Programm sollte einem Engpass der Testkapazitäten entgegenwirken. Die Apothekerkammer wertete es als „Vertrauensbeweis“, dass die Apotheken die PCR-Tests durchführen und auswerten dürfen. Allerdings entscheide jeder Apothekenleiter selbst, ob er angesichts der angespannten Infektionslage und der dünnen Personaldecke diese Leistung anbiete, wie eine Sprecherin der Kammer erklärte.
Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) hatte das Förderprogramm kritisiert. „Bürgerinnen und Bürger sollten sich verlässlich mit einem PCR-Test dort testen lassen, wo sie bei einem möglicherweise positiven Ergebnis auch gut versorgt werden – nämlich in den Praxen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte“, hatte der KVN-Vorstandsvorsitzende Mark Barjenbruch im Februar mitgeteilt. PCR-Tests sind zuverlässiger als Corona-Schnelltests. In den Statistiken werden daher nur PCR-bestätigte Ansteckungen erfasst. (dpa)
NRW: Möglicherweise Tausende gefälsche Impfpässe
Der Polizei in Nordrhein-Westfalen sind seit April vergangenen Jahres mehr als 5.000 Verdachtsfälle gefälschter Impfpässe bekannt geworden. Zwischen September und Dezember 2021 habe es noch einen Anstieg der Fallzahlen gegeben. Seit Januar entwickelten sich die Fallzahlen rückläufig, hieß es vom Landeskriminalamt (LKA) auf Anfrage.
Nach früheren Angaben war im Dezember mit mehr als 1.400 Fällen der Höhepunkt bei den Fälschungsdelikten registriert worden. Im März hatten rund 260 Polizisten im Rheinland 70 Wohnungen und eine Firma wegen gefälschter Impfpässe durchsucht. Hauptsächlich richteten sich die Ermittlungen gegen eine Arzthelferin, wie die Kölner Staatsanwaltschaft damals mitteilte. Es seien in verschiedenen Objekten mehr als 50 gefälschte Impfpässe sichergestellt worden.
Darüber hinaus fanden die Ermittler Utensilien wie Stempel zur Fälschung von Impfpässen. In einer Firma in Frechen stellten sie zudem Silberbarren und –münzen im Wert von mehr als 40.000 Euro sowie etwa 60.000 Euro Bargeld sicher. Der Inhaber wird verdächtigt, Impfausweise gefälscht und mit diesen gehandelt zu haben. Eine bei der Kölner Polizei eigens eingerichtete Ermittlungsgruppe hatte wenige Wochen zuvor bereits eine Durchsuchung gestartet. (dpa)
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