Nachrichten in der Coronakrise: Kein infektionsfreier Sommer
Christian Drosten warnt vor einer Verharmlosung des Virus. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft rechnet mit mehr Intenstivpatienten.
Drosten mahnt vor dem Virus
Der Berliner Virologe Christian Drosten mahnte, das Virus sei „nicht absolut harmlos“ geworden. Der Experte der Berliner Charité rechnet nicht mit einem „infektionsfreien Sommer“ wie im vergangenen Jahr. Der Virologe riet: „Man muss die Situation eben moderieren und nicht frei laufen lassen.“ Ein größeres Problem derzeit sei, dass sich viele Ältere verstärkt infizierten – „in dieser Gruppe haben wir schlecht geimpft“.
Die Politik müsse wieder „härter durchgreifen“, wenn der Winter naht, sagte Drosten in den „Tagesthemen“. „Da muss man zwangsläufig wieder gegenregulieren, sonst funktioniert das Gesellschaftsleben nicht mehr“, weil zu viele Menschen wegen einer Infektion nicht arbeiten können. Der Virologe empfahl, „zum Herbst hin“ vor allem die ältere Bevölkerung nachzuimmunisieren – also erneut zu impfen. (afp)
Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 1758,4
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen erreichte am Samstag mit 1758,4 einen neuen Höchststand. Der Wert beziffert die Zahl der Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner im Zeitraum von sieben Tagen. Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen lag laut Robert-Koch-Institut binnen 24 Stunden bei 252.026. Die Gesamtzahl der registrierten Ansteckungsfälle in Deutschland seit Beginn der Corona-Pandemie erhöhte sich auf rund 20,145 Millionen. (afp)
Immunität durch Impfung und Infektion
Der Immunforscher Carsten Watzl sagte der Augsburger Allgemeinen, wer geimpft sei und zusätzlich eine Infektion mit der Omikron-Variante des Coronavirus überstanden habe, könne auf einen deutlich besseren Immunschutz bei künftigen Corona-Wellen hoffen. Da durch die in der Regel für Geimpfte mild verlaufende Infektion im Lungengewebe spezielle Antikörper entstünden, hätten Betroffene sehr gute Chancen, dass künftige Infektionen bereits auf den Schleimhäuten der Atemwege verhindert würden, sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.
Das Immunsystem speichere nach einer Impfung die für die Bekämpfung von Virus-Varianten wichtigen Gedächtniszellen vor allem im Knochenmark. „Eine Infektion produziert dagegen die Gedächtniszellen direkt in der Lunge und bietet dort direkt im Organgewebe einen Immunschutz, was die Impfung in den Oberarm nicht so gut schafft“, erläuterte Watzl.
Die hohe Dunkelziffer bei Omikron-Infektionen lasse ihn optimistisch auf den Herbst blicken, sagte Watzl der Zeitung weiter. „Wenn Omikron nächsten Winter immer noch die vorherrschende Variante ist, würden wir wahrscheinlich auch ohne Impfpflicht vergleichsweise gut durch die kalte Jahreszeit kommen.“ Das pessimistische Szenario wäre eine Virusvariante, die so krank macht wie Delta und so ansteckend sei wie Omikron, sagte Watzl. „Dann hätten wir mit der großen Zahl an nicht geimpften Menschen wieder ein großes Problem.“ (afp)
Shanghai will auf Lockdown verzichten
Trotz drastisch steigender Corona-Infektionszahlen wollen die Behörden der chinesischen Wirtschaftsmetropole Shanghai auf einen umfassenden Lockdown verzichten. Eine „vollständige Stilllegung“ von Shanghai würde dazu führen, „dass viele internationale Frachtschiffe im Ostchinesischen Meer umhertreiben würden“, sagte Wu Fan, ein Mitglied der Corona-Taskforce von Shanghai, bei einer Pressekonferenz am Samstag. „Dies hätte Auswirkungen auf die ganze nationale und die globale Wirtschaft.“
China verfolgt eine strikte Null-Covid-Strategie und reagiert auf regionale Infektionsausbrüche mit drastischen Maßnahmen. Wegen einer von der Omikron-Variante befeuerten schweren Corona-Welle sind derzeit Millionen von Chinesen von strengen Lockdowns betroffen.
Die Behörden der 25-Millionen-Einwohner-Metropole Shanghai setzen auf weniger harte Maßnahmen wie rotierende zweitägige Lockdowns für einzelne Stadtviertel sowie Massentests. Am Samstag kündigten die Behörden der Stadt an, Corona-Selbsttests in der Bevölkerung zu verteilen. Selbsttests waren in China lange Zeit nicht erhältlich gewesen. Vor zwei Wochen hatte die nationale Gesundheitskommission des Landes dann erstmals die Zulassung von Antigen-Schnelltests zum Eigenerwerb bekannt gegeben.
Shanghai sowie die nordostchinesische Provinz Jilin sind die am schwersten von der aktuellen Corona-Welle in China betroffenen Regionen. Für Shanghai meldeten die Behörden am Samstag 2269 Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Dies entspricht rund 40 Prozent aller landesweit registrierten Neuansteckungen. (afp)
Weil scheut Konflikt mit Verwaltungsgericht
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil würde gern sein ganzes Bundesland zum Corona-Hotspot erklären, um damit einige Corona-Regeln über den 2. April hinaus verlängern zu können. Ihm seien aber durch das Bundesinfektionsschutzgesetz die Hände gebunden, sagte der SPD-Politiker der Neuen Osnabrücker Zeitung.
„Es bräuchte schon entweder ein besonders gefährliches Virus, was wir momentan zum Glück nicht haben. Oder das Kriterium der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems müsste erfüllt sein. Auch das aber sehen wir einstweilen nicht“, sagte Weil und fügte hinzu: „Sorry, aber wenn ich könnte, würde ich für Niedersachsen sehr gerne beispielsweise an der allgemeinen Maskenpflicht festhalten. Aber bei einem nüchternen Blick auf den Gesetzestext gibt das die derzeitige Situation nun einmal nicht her.“
Der Regierungschef räumte ein, dass er auch deswegen zurückhaltend sei, weil Niedersachsen ein sensibles Oberverwaltungsgericht (OVG) habe. Vor dem OVG in Lüneburg hatte das Land bei Klagen gegen Corona-Auflagen schon mehrfach das Nachsehen und musste Entscheidungen korrigieren. „Unser OVG geht kritisch an die Klagen heran, das ist auch vollkommen in Ordnung. Wir müssen mit guten Argumenten antreten können. Sonst können wir es auch gleich lassen“, betonte Weil.
Nach dem Infektionsgesetz des Bundes sind bis auf die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen sowie in Krankenhäusern und Pflegeheimen kaum noch Corona-Schutzmaßnahmen vorgesehen. Weitergehende Vorgaben sind nach dem 2. April nur noch in sogenannten Corona-Hotspots möglich. (epd)
Krankenhäuser rechnen mit Anstieg von Intensivpatienten
Wegen der aktuell hohen Corona-Infektionszahlen rechnet die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mit einer wieder steigenden Zahl an Intensivpatienten. Die Pandemie sei „noch lange nicht vorbei“, sagte DKG-Chef Gerald Gaß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Der Vorstandsvorsitzende der Krankenhausgesellschaft sagte den RND-Zeitungen vom Samstag, hochproblematisch sei die Situation für Kliniken vor allem durch Personalausfälle. „Drei von vier Krankenhäusern müssen Leistungen einschränken, weil Personal ausfällt.“ Dies liege an „Infektionen, Quarantäne oder Betreuung von positiv getesteten Kindern“.
Zuletzt habe sich die Intensivbelegung zwar etwas vom Infektionsgeschehen abgekoppelt – jedoch nicht vollständig, sagte Gaß weiter. In den kommenden Wochen würden die Krankenhäuser deshalb auch auf den Intensivstationen „wieder stärker steigende Patientenzahlen verzeichnen“. (afp)
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