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Nachfolgerin für Anne SpiegelKein Ostern ohne Ministerin

Die Grünen wollen schnell eine neue Familienministerin finden. Einiges deutet auf Katrin Göring-Eckardt hin. Für die Parteilinken wäre das bitter.

Wird sie die neue Familienministerin? Foto: C.Spicker/AdoraPress

Husum taz | Die Grünen wollen schnell klären, wer Nachfolgerin der zurückgetretenen Familienministerin Anne Spiegel wird. Die Entscheidung werde „zeitnah“ fallen, sagte Parteichefin Ricarda Lang am Dienstag beim Abschluss der Vorstandsklausur im schleswig-holsteinischen Husum. Das Ergebnis ihrer Beratungen wird die Partei wahrscheinlich noch vor den Osterfeiertagen präsentieren.

Die Zeit drängt aus mehreren Gründen: Erstens stehen im Mai wichtige Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen an. Damit die unrühmlichen Debatten um Spiegels Rücktritt nicht die kompletten Wahlkämpfe überschatten, ist es ratsam, das Thema schnell abzuschließen. Zweitens stellt der Krieg in der Ukraine das Familienministerium vor große Aufgaben. Das Haus sei „auch betraut mit der Situation der Frauen und Kinder, die aus der Ukraine kommen“, sagte Parteichef Omid Nouripour in Husum.

Drittens messen die Grünen dem Ministerium einen besonderen Wert zu, weil es als einziges ihrer Ressorts eine Rolle in der Sozialpolitik spielt, konkret etwa bei der Kindergrundsicherung. Um das Misstrauen abzubauen, das den Grünen in der Sozialpolitik oft entgegenschlägt, brauchen sie hier eine starke Besetzung.

Klar ist schon mal: Die Grünen wollen die Geschlechterparität einhalten. Ein Mann wird nicht auf Spiegel folgen. „Es wird eine Frau“, stellte Lang am Dienstag klar. Damit der Übergang reibungslos klappt, liegt es außerdem nahe, dass die Grünen nicht noch mal eine Politikerin aus der Landespolitik nach Berlin holen, sondern eine Frau mit bundespolitischer Erfahrung wählen. Das würde auch das Risiko senken, später wie bei Spiegel eine böse Überraschung zu erleben.

Flügelfrage im Hintergrund

Unter den grünen Fachpolitikerinnen aus dem Familienausschuss des Bundestags drängt sich allerdings niemand auf. Es ist daher kein Wunder, dass bei den Spekulationen schnell der Name von Katrin Göring-Eckardt fällt. Die Ex-Fraktionschefin und heutige Bundestagsvizepräsidentin ist fest in der Bundespolitik verankert und hat über die Jahre auch immer wieder familienpolitische Akzente gesetzt.

Gegen sie spricht, dass sie dem falschen Parteiflügel angehört. Mit ihr würde auf die progressive Parteilinke Spiegel eine Vertreterin des Realo­flügels mit eindeutig wertkonservativem Profil folgen. Nach der Ausbootung von Toni Hofreiter im vergangenen Jahr wäre das für die Linken der nächste Schlag, im Kabinett wären sie endgültig in der Minderheit.

Allerdings: Die Flügelfrage betonen Grüne in der aktuellen Diskussion weniger stark als die Geschlechterparität – was auch daran liegen dürfte, dass die Auswahl unter den linken Frauen begrenzt ist. Spekulation gibt es zum Beispiel um Fraktionschefin Katharina Dröge. Sie hat Erfahrung und Standing, aber bisher keinen Schwerpunkt auf die Familienpolitik gelegt und öffentlich auch noch nie Ambitionen auf das Amt angemeldet. Anders als Göring-Eckardt: Sie wäre gerne schon im Herbst Familienministerin geworden.

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17 Kommentare

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  • Ein echter Parteilinker auch der Grünen ist schon nicht mehr dabei bei dieser Fortsetzung des 'weiter so' , nur ohne Merkel (die dabei echt fehlt). Achso: Solche Querschiesser wie Buschmann, Kubicki, Lindner oder Wissing gab es unter Merkel nicht, mal abgesehen von Scheuer...

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Man kann nur hoffen, das der linke Flügel sich endlich wehrt und dies auch konsequent durchzieht.



    Man sieht ja gerade, das die Realos Habeck, Baerbock und Ozdemir ganz andere Dinge tun als im Wahlkampf versprochen.



    Wo bleibt die Wende in der Landwirtschaft, die Energiewende, die Wärmewende?



    Im Gegenteil: Özdemir will für die Kriegsgewinnler vom Bauernverband sogar noch ökologische Vorrangflächen freigeben, Habeck hofiert Massenmörder um Gas zu bekommen.



    Das geht ALLES in die falsche Richtung.

    Die Ukraine Krise böte viele Ansatzpunkte, hier Einiges zu forcieren.



    Muss man aber wollen.

    • @05867 (Profil gelöscht):

      Die Kirche im Dorf lassen...

      Habeck hat trotz UkraineKRIEG eine Menge voran gebracht. Wo die Energiewende bleibt und die Wärmewende? Was haben Sie denn jetzt erwartet. Die Grünen kommen an die Macht mit 55% (die sie nicht haben) und vier Monate später ist alles gelöst?

      Wie wollen Sie bitte die Nahrungsversorgung ohne die Vorrangflächen lösen, wenn aus der Ukraine und Russland kein Weizen mehr kommt? Sicher, wir werden schon genug Essen haben. Ärmere Länder nicht, aber die sind das ja gewöhnt. Ich hoffe die Linken bei den Grünen verweigern die Realität nicht ganz so sehr wie es Ihr Kommentar suggeriert.

      Zum Thema Wahlkampf: War da schon Krieg?

      Zu guter letzt: Die Grünen haben soviel Quoten und Parteiproporz zu beachten, dass die Frage nach Qualität keine Rolle spielt.

      • @Strolch:

        Parteiprogramme sind nicht nur gültig für die Dauer des Wahlkampfes. ;) Sonst bräuchten wir nicht wählen. Und was hat der Krieg damit zu tun? Zumal bei den Grünen, die nun seit Jahren vor Russland warnen. Wahrscheinlich war und gerade auch in dieser Hinsicht keine Agenda vorausschauender und auch mit der jetzigen Situation besser zu vereinen, gerade auch in puncto Energiepolitik. Es sind nicht die Grünen, die etwa bei Nord Stream 2 auf den jahrelangen Standpunkt der SPD nachziehen mussten. Was nicht heißt, dass man nichts hätte anpassen, manches auch neu denken müssen. Aber der Film bei den Grünen ist und war auch schon vor der Invasion ja ganz ein anderer, da bin ich beim Vorschreiber, der geht aber nicht weit genug. Das beste Programm ist nichts wert, außer leichtgläubige Wähler, wenn es am Wahlabend, spätestens bei den Sondierungen mehr oder minder komplett in der Tonne landet. Das betrifft nicht zuletzt die Außenpolitik, vielleicht sogar am erstaunlichsten, auch wenn man platte Rücksichtnahme auf die kremlnahe Koalitionspartnerin und die eigene Außenministerin abzieht. Wenn schon ein bis dahin "Hardliner" wie Omid Nouripour nur vor Wochen plötzlich sogar gegen Waffenlieferungen an die Ukraine war, dann steht bei diesen Leuten alles Kopf. Und nicht etwa "nur" das Wahlprogramm 2021. Sondern konsensueller Kern der letzten 10, 15 Jahre. Nur einmal muss ich auch widersprechen: es gibt bei den Grünen keinen linken Flügel mehr! Den könnt man nur sehen, wenn man in der AfD ist oder so.

  • Katrin Göring-Eckhardt.

    Der Name ist Programm.

    Die Grünen haben echt ein Personalproblem.

    • @shantivanille:

      Wer niveualos über andere Personen schreibt, sollte doch wenigstens deren Namen korrekt schreiben können.

  • Das beste wäre Frau Lambrecht zurück ins Familienministerum, und Herr Hofreiter übernimmt die Verteidigung. Wäre zwar bestimmt reichlich Überzeugungsarbeit bei Herrn Scholz vonnöten, aber das wäre es wert.



    Aber wovon träum ich. Natürlich geht wieder parteipolitisches Machtstreben und die nächste Landtagswahl vor.



    Wen interessiert da schon der Krieg in der Ukraine?

    • @Leichtmatrose:

      Hofreiter als Verteidigungsminister?



      Muss spontan an den Haarnetzerlass und die German Hairforce denken...

  • Ich würde gerne mal den letzten Parteilinken der Grünen sehen, der auf bundespolitische Ebene tatsächlich nachhaltig Erfolg hatte…

    • @Gregor von Niebelschütz:

      Jürgen "Dosenpfand" Trittin!

      • @Wurstprofessor:

        Falls das ernst gemeint ist: Ds Dosenpfand wurde von Trittin lediglich umgesetzt, weil der Anteil an Mehrwegflaschen nicht stark genug anstieg, das Dosenpfand wurde so „automatisch“ eingeführt. Gutes Gesetz, aber nicht sein Verdienst. Ansonsten habe ich Trittin nur als Politiker in Erinnerung, der den Absprung nicht rechtzeitig geschafft hat und nun verzweifelt versucht, den „Elder Statesmen“ der Grünen abzugeben. Allerdings ohne Erfolg, das macht schon Kretschmann neben seiner Tätigkeit als MP… ;)

  • Ich frage mich, wieso sie das mit den Kabinettssitzungen behauptet hatte. Oder hat sich das die Bild-Zeitung ausgedacht? Sicherlich hat sie an Sitzungen mit ihren Abteilungsleitern remote teilgenommen.

  • Göring-Eckardt (bald 56) steht nicht gerade für einen Aufbruch. Allerdings wäre es besser, in dem sozialpolitischen Ressort eine Reala einzusetzen und irgendwann den kaum noch grün agierenden Habeck im Wirtschafts- und angeblich auch Klimaschutzministerium auszutauschen. Es hat es zwar nicht leicht mit dieser Koalitionsvereinbarung, aber der Ausbau von LNG-Terminals und -importen ist nun wirklich nicht klimaverträglich.

  • "Es wird eine Frau“

    Ich hätte ja lieber gelesen "Es wird eine Person die kompetent ist"

    • @MartinSemm:

      kurz - “ „Wohlstandsgesetz“: Mer muss och jünne könne!“

      Kompetent¿ - aber klar doch:



      “ Explizit Position bezieht Göring-Eckardt im Bereich kirchennaher, religiöser Themen. Anlässlich eines Symposiums des Christlichen Jugenddorfwerks Deutschlands, an dem unter anderen auch der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel teilnahm, sprach sie sich dafür aus, Religionsunterricht in allen Ländern als verfassungsmäßig garantiertes Recht zu verankern.[36] Was die christliche Mission anbelangt, erklärte sie in einem Interview, dass sie froh wäre, wenn mehr Menschen zum Glauben fänden. Zustimmend äußerte sie sich in diesem Zusammenhang auch im Hinblick auf den christlichen Missionsgedanken; „hinauszugehen und es allen zu erzählen“, sei Auftrag an jeden einzelnen Christen und „Kerngeschäft“ der Kirche.“

      kurz2 - “… aus Friedrichsroda ein Straußenei & einen Roman von Karl May…“ © Ringelnatz “Kuddeldaddeldu & die Kinder“ - paschd scho - wa! - 🙀🥳

    • @MartinSemm:

      :-) Das habe ich auch gedacht.

      Sie haben es aber schöner formuliert.

  • Wozu die Eile? Frau Spiegel war auch nicht sehr präsent, das wäre auch eine Weile so gegangen. Es scheint eher, dass hier jemand nichts anbrennen lassen will. Minister im Bund wird man als Grüne/r in der Regel nur einmal.