Nach dem Desaster auf Bundeswehr-Gelände: Feuer frei im Meppener Moor

Sechs Jahre nach dem Moorbrand bei Meppen darf die Bundeswehr wieder uneingeschränkt Waffen und Munition testen. Man habe gelernt, versichert das Heer.

Schläuche liegen auf einem nassen verbrannten Moorfeld

Zuletzt hatte es hier 2022 gebrannt: Schläuche und Spinkler auf einer verbrannten Fläche auf dem Waffentestgelände bei Meppen Foto: Bundeswehr/WTD91/dpa

HANNOVER taz | Sechs Jahre hat es gedauert, nun kann die Wehrtechnische Dienststelle 91 wieder voll in Betrieb genommen werden. So lange haben die Verantwortlichen gebraucht, um sich durch einen Fünfstufenplan zu arbeiten, der sicherstellen soll, dass sich so ein Katastrophenszenario wie 2018 nicht wiederholt.

Damals brannte das Moor über einen Monat lang, weil die Bundeswehr es für eine gute Idee hielt, nach wochenlanger Trockenheit Raketen vom Hubschrauber aus in den Torf zu feuern. Die Bilanz: 1.200 Hektar Moorfläche im Naturschutzgebiet „Tinner Dose-Sprakeler Heide“ brannten ab, nach Schätzungen des Nabu wurden dabei zwischen 500.000 und 900.000 Tonnen CO2 freigesetzt.

Fünf Wochen dauerten die Löscharbeiten, zeitweise waren 1.700 Einsatzkräfte gleichzeitig im Einsatz. Neben der auf dem Gelände stationierten Bundeswehrfeuerwehr mussten zahlreiche zivile Kräfte zur Unterstützung anrücken. Neben der Kreisfeuerwehr und den Freiwilligen Feuerwehren aus der Umgebung waren auch die Feuerwehr Hannover, die Landespolizei und das Technische Hilfswerk im Dauereinsatz. Dennoch waren die Rauchwolken bis nach Hamburg und Bremen zu sehen. Der Landkreis musste den Katastrophenfall ausrufen und die Evakuierung einzelner Dörfer vorbereiten.

Warnungen nicht ernst genommen

Noch länger als die Löscharbeiten dauerte die Aufarbeitung des Desasters. Zwar erhob die Staatsanwaltschaft Osnabrück nach langem Zögern Anklage wegen fahrlässiger Brandstiftung gegen einzelne Beteiligte. Zu einem öffentlichen Strafverfahren kam es jedoch nie.

Aus verschiedenen Anfragen im niedersächsischen Landtag und im Bundestag – vor allem von den Grünen – sowie aus einem Abschlussbericht des Verteidigungsministeriums geht jedoch hervor, wie viel damals schief gelaufen ist.

Die Aufarbeitung des Desasters geriet noch langwieriger als die Löscharbeiten

Offensichtlich wurde schon bei der Planung der „Schießkampagne“ die Brandgefahr nicht richtig eingeschätzt; wohl auch, weil diese lange im Voraus geplant war und die Waldbrandwarnungen nicht ernst genug genommen wurden. Außerdem standen für das schwierige Gelände nur zwei Löschraupen zur Verfügung, von denen sich eine in der Werkstatt befand und die zweite während des Einsatzes ausfiel. Schließlich wurde auch die Verstärkung zu spät angefordert und die Kommunikation mit den zuständigen Behörden, den zivilen Kräften und der Öffentlichkeit funktionierte nicht.

Schwieriges Gelände

Doch der Leiter der WTD 91, Frank Dosquet, wird nicht müde zu betonen, dass man daraus längst gelernt habe. Rund 15 Millionen Euro hat die Bundeswehr in neues Gerät investiert – darunter auch zwei weitere Löschraupen, die eigens in Singapur gefertigt werden mussten.

Weitere Raupen und geschützte Bagger sollen nicht nur bei möglichen Bränden helfen, sondern auch bei der Landschaftspflege: An vielen Stellen des Geländes müssen nun nachwachsende Birken und andere Gehölze entfernt werden, die dem Boden Wasser entziehen und einer Wiedervernässung im Wege stehen. Die Berufsfeuerwehr auf dem Gelände wurde personell aufgestockt, und es wurden weitere Brunnen gebohrt.

Mit der Wiedervernässung des Moores ist man jedoch noch nicht weit gekommen, wie ­Dosquet sowohl im Umweltausschuss des Landkreises Emsland als auch bei einem Pressetermin in dieser Woche einräumen musste. Das liegt zum Teil daran, dass private landwirtschaftliche Flächen im Weg sind, über die mit jedem Eigentümer einzeln erst mühsam verhandelt ­werden muss.

Testgelände ist von großer Bedeutung für die Bundeswehr

Es liegt aber auch daran, dass das Gelände extrem schwierig ist. Der Schießplatz wird seit 1877 für militärische Versuche genutzt – zunächst von der Krupp AG, später von der Reichswehr, der Royal Air Force und seit 1957 von der Bundeswehr. Auf Teilen des Geländes liegen daher Munitionsreste und Blindgänger aus 150 Jahren, die erst aus dem Boden geholt werden müssen.

Auch dieser Umstand trug damals zur raschen Ausbreitung des Feuers bei: Die Löscharbeiten mussten nachts unterbrochen werden, weil sie in der Dunkelheit auf dem kontaminierten Gelände zu gefährlich waren. Inzwischen hat die Bundeswehr verstärkt in ferngesteuerte Geräte investiert, um die eigenen Leute aus der Gefahrenzone halten zu können.

Die nun wieder mögliche volle Nutzung des Schießplatzes ist für die Bundeswehr auch deshalb wichtig, weil er gerade im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine und die damit verbundene „Zeitenwende“ von ­großer Bedeutung ist. Nach Angaben der Bundeswehr ist die WTD 91 der „größte voll instrumentierte Landschießplatz Westeuropas“. Noch im August soll hier der Kampfpanzer Leopard 3­ getestet werden.

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