Nach Terroranschlag in Wien: Mehr Schutz für Religionsstätten

Vieles deutet darauf hin, dass der Attentäter des Anschlags in Wien doch Teil eines Netzwerkes war. Österreich will religiöse Orte besser schützen.

Ein bewaffneter Beamter der österreichischen Militärpolizei bewacht den Tatort nach dem Terroranschlag am 2. Novemeber nahe der Synagoge im Wiener Stadtzentrum

Ein österreichischer Militärpolizist nahe der Synagoge im Wiener Stadtzentrum am 2. November Foto: Matthias Schrader/dpa

WIEN taz | Der Attentäter von Wien könnte gezielt Gläubige in religiösen Einrichtungen im Visier gehabt haben. Das hat Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Donnerstag in Wien bei einer Pressekonferenz mitgeteilt. Der 20-jährige Kujtim F. hatte am 2. November in der Wiener Innenstadt vier Menschen erschossen und etwa 20 weitere verletzt. Er selbst wurde kurz darauf von der Polizei getötet.

Noch in der Tatnacht hatten Spezialeinheiten der Polizei bei Razzien im Bekanntenkreis des Attentäters mehr als ein Dutzend mutmaßliche Sympathisanten des Dschihadismus festgenommen. Allein bei zehn Terrorverdächtigen wurden dabei 50 Mobiltelefone gefunden. Für Ermittler ist das ein deutlicher Hinweis, „dass die Männer nicht nur Tee getrunken haben, wie sie bisher behaupten“.

So viele Handys würden auf konspirative Gespräche von Betroffenen schließen lassen. Die vollständige Auswertung werde noch mehrere Wochen dauern. Ein Zwischenbericht wurde für kommende Woche in Aussicht gestellt.

Schon vor einigen Tagen wurde bekannt, dass der Attentäter mit albanisch-nordmazedonischem Migrationshintergrund zwei Tage vor der Tat einen Einbruch in seinem Keller gemeldet hatte. Als sein Mobilfunk-Provider ihn dann per SMS verständigte, dass die Polizei seine Koordinaten aufgenommen habe, dürfte er das nicht mit dem Einbruch, sondern mit dem geplanten Attentat in Verbindung gebracht und die Anschläge in Panik vorverlegt haben.

Angesichts geschlossener Kirchen und Synagogen rannte er dann wohl planlos durch die Gegend und feuerte auf alle, die seinen Weg kreuzten. Einen ausgeklügelten Plan konnte man auf den ersten Eindruck nicht vermuten.

Möglicherweise doch kein Einzeltäter

Chatverläufe, SMS und Fotos auf den sichergestellten Handys könnten aber jetzt den Verdacht bestätigen, dass der in Österreich geborene Täter in ein Netzwerk eingebunden, also kein Einzeltäter war. Innenminister Nehammer blieb aber vage. Es könne „nicht ausgeschlossen werden“, dass „der Terrorist seine Opfer bewusst in Kirchen suchen wollte“.

Diese Hinweise werden jedenfalls als konkret genug betrachtet, dass Kirchen und Synagogen verstärkter Polizeischutz zuteilwird. Die Sicherheitsbehörden hätten mit den Religionsgemeinschaften Kontakt aufgenommen und Empfehlungen abgegeben.

Franz Ruf, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, ließ wissen, dass seine Leute „offen und verdeckt“ in Kirchen Präsenz zeigen würden. Nehammer: „Wir werden uns nicht spalten lassen.“ Dem Terroristen sei es nicht gelungen, gläubige und nichtgläubige Menschen gegeneinander auszuspielen.

Über das Behördenversagen zeigte sich Nehammer wenig auskunftsfreudig. So ist nicht geklärt, warum sein Ministerium einen Hinweis des slowakischen Geheimdienstes über einen gescheiterten Munitionskauf des späteren Attentäters in Bratislava nicht verfolgt hat. Nach einem Treffen in Wien mit Gesinnungsgenossen aus Deutschland und der Schweiz stellte die Polizei sogar die Observierung des Dschihadisten ein.

Auch weiß man noch nicht, wie der mit einer nachgebauten Kalaschnikow, einer Pistole, einer Machete und einer Sprengstoffgürtelattrappe ausgerüstete Attentäter in die Innenstadt gekommen war. Ein Uber-Fahrer will ihn identifiziert haben. Aber die Polizei schließt auch nicht aus, dass er von einem Freund gefahren wurde. Nicht einmal die Quelle für den Waffenkauf ist bekannt.

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