Nach Anschlag in Wien: Islamisten nochmal durchsucht

Zwei Männer aus Kassel und Osnabrück sollen vom Wien-Anschlag im November 2020 gewusst haben. Nun wurden ihre Wohnungen erneut durchkämmt.

Eine Frau vor vielen Gedenkkerzen nach dem Anschlag in Wien am 2. November 2020.

Der Opfer gedenken: Der Anschlag vom 2. November 2020 beschäftigt Wien bis heute Foto: Alex Halada/imago

BERLIN taz | Sie sollen den Attentäter des Wien-Anschlags vom 2. November 2020, Kujtim F., gut gekannt haben, auch seinen Anschlagsplan. Am frühen Mittwochmorgen ließ die Bundesanwaltschaft deshalb die Wohnungen der Islamisten Blinor S. in Osnabrück und Drilon G. in Kassel von Spezialeinsatzkräften der GSG 9 durchsuchen. Festnahmen erfolgten vorerst nicht.

Die beiden Männer gehörten nach taz-Informationen zu den vier 19 bis 25 Jahre alten Islamisten, die schon kurz nach der Tat in Deutschland durchsucht wurden. In ihrem Fall erhärteten sich Hinweise, dass sie vom Anschlagsplan wussten. Blinor S. und Drilon G. gelten deshalb nun nicht mehr als Zeugen, sondern als Beschuldigte und mutmaßliche Mitwisser.

Laut Bundesanwaltschaft standen Blinor S. und Drilon G. schon seit „geraumer Zeit“ über soziale Medien in engem Kontakt mit dem Attentäter Kujtim F. Im Juli 2020 waren sie auch für mehrere Tage zu dem 20-Jährigen nach Wien gereist und hatten in dessen Wohnung übernachtet – kurz nachdem dieser ein Schnellfeuergewehr erworben hatte, das er später beim Anschlag verwendete.

Bei dem Treffen in Wien waren auch weitere Islamisten aus Österreich und der Schweiz dabei. Ermittler stellten später DNA-Spuren von einigen dieser Männer an Waffen fest, die beim Anschlag genutzt wurden, und auch an einem von Kujtim F. dort getragenen Siegelring des IS.

Kurz vor der Tat Handykommunikation gelöscht

Für die Bundesanwaltschaft hielten es Blinor S. und Drilon G. „aufgrund der engen persönlichen Beziehung zum Attentäter und ihrer gemeinsamen radikal-islamischen Gesinnung“ spätestens seit der Übernachtung in Wien für möglich, dass Kujtim F. einen Anschlag verüben könnte. Gegenüber Dritten habe der 20-Jährige seine Anschlagspläne schließlich „offen geäußert“.

Und Blinor S. und Drilon G. hätten auffälligerweise just am Abend vor dem Anschlag Nachrichten auf ihren Handys und ihre Social-Media-Profile gelöscht. Für die Ermittler war es der Versuch, ihre Verbindungen zu Kujtim F. zu verschleiern.

Die Bundesanwaltschaft wirft Blinor S. und Drilon G. nun vor, den Anschlag „billigend in Kauf genommen“ zu haben, statt die Sicherheitsbehörden zu informieren. Der Vorwurf lautet damit auf Nichtanzeige geplanter Straftaten.

Kujtim F. hatte am 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt mit mehreren Schusswaffen vier Menschen getötet und gut 20 weitere teils schwer verletzt. Kurz nach Beginn seines Angriffs wurde er von Polizisten erschossen. Die Tat reklamierte der „Islamische Staat“ (IS) für sich und veröffentlichte danach auch ein Video des Attentäters, in dem dieser den Treueeid auf den IS-Anführer leistete.

Die österreichischen Sicherheitsbehörden standen nach dem Attentat unter Druck, weil sie sowohl das Islamistentreffen in Wien als auch einen Munitionskauf von Kujtim F. in der Slowakei eigentlich mitbekommen hatten, die Gefährlichkeit des späteren Attentäters aber offensichtlich falsch einschätzen.

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