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Mutmaßliche Terrorpläne Rechtsradikaler„Gruppe S.“ vor Gericht

Als „Gruppe S.“ sollen Rechtsextreme 2019 Überfälle auf Moscheen und Politiker geplant haben. In Stuttgart hat nun der Prozess begonnen.

Zum Prozessauftakt wird einer der Anklagten der „Gruppe S.“ in den Gerichtssaal geführt Foto: dpa

Stuttgart taz | Der Gerichtssaal bot am Dienstag ein Bild, das man eher aus Mafiafilmen kennt. Angeklagte und Publikum hinter Panzerglas, die 27 Anwältinnen und Anwälte sowie Richter, Staatsanwältinnen und Protokollanten von Plexiglasscheiben getrennt und durch Sprechanlagen verbunden. Grund dafür: Coronamaßnahmen, die den Großprozess zusätzlich erschweren.

Das Verfahren gegen die „Gruppe S.“ ist auch sonst aufsehenerregend. Zwölf Männern wirft die Generalbundesanwaltschaft die Bildung einer terroristischen Vereinigung vor. Sie hätten seit Herbst 2019 Aktionen „zum Umsturz der politischen Ordnung“ geplant, so die Anklageschrift. Dafür hätten die Männer bewaffnete Überfälle auf Moscheen geplant, um die dort Anwesenden „zu töten und zu verletzten“.

Auch sollen sie Anschläge auf Politiker wie Robert Habeck und Anton Hofreiter ins Auge gefasst haben. Die Mitglieder verträten eine „offen nationalsozialistische Gesinnung“ und machten aus ihrem Hass gegen Ausländer, Muslime und Juden keinen Hehl. Sie seien regional und überregional eng in der rechtsextremen Szene vernetzt gewesen.

Elf der Männer werden in Handschellen aus der Untersuchungshaft auf die Anklagebank geführt. Einer, Paul-Ludwig U., darf neben seinen Anwälten Platz nehmen. U. war zwar Gruppenmitglied, ist aber Zeuge der Anklage, denn die Ermittler haben ihm die Entdeckung der Gruppe zu verdanken. Der mutmaßliche Rädelsführer Werner S. soll noch aus der Untersuchungshaft heraus einem Mithäftling 50.000 Euro geboten haben, wenn er U. beseitigt, weswegen ein weiteres Gerichtsverfahren läuft.

Illegale Waffen und Munition

Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart-Stammheim: Protest gegen rechten Terrorismus Foto: dpa

Werner S., Trödelhändler aus dem bayerischen Mickhausen, soll die Gruppe gegründet haben. Toni E., Mitarbeiter einer Security-Firma, soll seine rechte Hand gewesen sein. Beide waren offenbar im rechtsextremen Milieu gut vernetzt, hatten Kontakt zu Neonazigruppen wie „Wodans Erben Germanien“ oder „Vikings Security Germania“ genutzt, um „schnelle, kluge, brutale Kämpfer“ zu finden, wie es S. formuliert. „Schwätzer“ wolle er keine.

Innerhalb von eineinhalb Jahren werden die Planungen offenbar schnell konkret. Nach Erkenntnissen der Ermittler kommt es zu mehreren Treffen der Gruppe, etwa für Schießübungen mit einer Pistole von S. Ein Angeklagter, der in der Polizeiverwaltung arbeitet, habe eine schusssichere Weste präsentiert, weitere habe er für die Attentate beschaffen wollen. In von den Rädelsführern gegründeten Chatgruppen tauschten sich Mitglieder über ihre Pläne aus, hetzten rassistisch.

Im Februar 2020 wollte sich die Gruppe laut Bundesanwaltschaft zu einem konkreten Planungstreffen versammeln. Es solle „ans Eingemachte gehen“, denn konkrete Adressen für die Attentate gibt es offenbar noch keine. Doch die Gruppe fühlt sich von der Polizei beobachtet, einer der Teilnehmer wird unterwegs von einem Wagen verfolgt. Man vermutet einen Verräter in den eigenen Reihen, U. steht im Verdacht.

Die Gruppe löscht zwar ihre bisherigen Chatprotokolle, will aber ihre Pläne weiter verfolgen. Am 14. Februar 2020 werden sie dann festgenommen. Bei der Durchsuchung finden sich in der Wohnung vieler Mitglieder illegale Waffen und Munition.

Der Prozess ist auf über 30 Termine angesetzt, der Auftakt am Dienstag startete mit 12 Angeklagten und 27 Verteidigern schleppend. Im Vorfeld hatte es drei Rügen wegen der Besetzung des Strafsenats gegeben, über die der Bundesgerichtshof entscheiden muss. Einer der Verteidiger, der AfD-Politiker Dubravko Mandic, beklagte die Coronamaßnahmen, weitere Verzögerungen des Prozesses sind zu erwarten.

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