Missbrauch in Erzdiözese München-Freising: Ermittlungen eingestellt
Die Staatsanwaltschaft München hat die Ermittlungen gegen die Kardinäle Ratzinger und Wetter eingestellt. Viele der Taten sind verjährt.
![Erzbischof Ratzinger wird in München von der Bevölkerung begrüßt, er hebt huldvoll die Hände Erzbischof Ratzinger wird in München von der Bevölkerung begrüßt, er hebt huldvoll die Hände](https://taz.de/picture/6164908/14/31849452-1.jpeg)
Haben sich die Kirchenoberen in ihren jeweiligen Funktionen der Beihilfe strafbar gemacht, indem sie etwa Geistliche, deren einschlägige Vorgeschichte ihnen bekannt war, in Positionen brachten, wo sie erneut Kinder sexuell missbrauchten? Das war die Frage, der die Ermittler nachgingen, nachdem ihnen von der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl Material über 45 Fälle aus dem Gutachten übergeben worden war, das die Kanzlei vor einem Jahr im Auftrag des Bistums vorgelegt hat.
Doch alle Ermittlungen wurden mittlerweile eingestellt. Das sei auch nicht allzu überraschend gewesen, erklärte der Leiter der Staatsanwaltschaft, Hans Kornprobst, am Dienstag. Das Gutachten sei von großer Bedeutung für die kircheninterne Aufarbeitung und die gesellschaftliche Debatte, jedoch von geringem Nutzen für die Arbeit der Staatsanwälte.
Verjährung und keine Nachweise
Das habe damit zu tun, dass viele der Missbrauchstaten und damit auch eine im Raum stehende Beihilfe verjährt seien, dass es manchmal um Taten gehe, die zwar Grenzüberschreitungen, aber nicht strafbar seien, oft aber auch damit, dass es keine konkreten Anhaltspunkte gebe. So rechtfertigten etwa Gerüchte über das Fehlverhalten eines Pfarrers noch keine Ermittlungen.
Dazu komme, dass den Verantwortlichen im Bistum sowohl die Kenntnis über die Gefahr, die von einem Geistlichen ausgehe sowie Vorsatz nachgewiesen werden müssten. Hat also beispielsweise Kardinal Wetter gewusst, dass der Priester Rudolf G. 1962 wegen sexuellen Missbrauchs zu fünf Jahren Haft verurteilt worden war und billigend in Kauf genommen, dass er sich zwischen 1999 und 2002 erneut an Ministranten verging? Dies, so die Staatsanwaltschaft, sei nicht feststellbar gewesen.
Sechs der Fälle hatte die Staatsanwaltschaft näher untersucht, etwa auch den des Priesters Peter H.: Der hatte bereits in Essen Kinder missbraucht und war dann 1980 ins Erzbistum München versetzt worden, wo er jahrelang weitere Opfer fand. Damals war zunächst Ratzinger Erzbischof, der spätere Papst Benedikt XVI. Vor allem Ratzinger soll laut Kritikern der vermeintliche Schutz der Institution Kirche wichtiger als der Opferschutz gewesen sein. Wegen Verjährung wurden jedoch auch in diesem Fall die Ermittlungen eingestellt. Über die Frage, ob Ratzinger damals eine Straftat beging, sagt dies freilich nichts aus.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und Putin
Bei Anruf Frieden