Migrationsabkommen der EU mit Tunesien: Gegen die Flucht übers Mittelmeer
Von Tunesien aus fliehen viele Menschen übers Mittelmeer nach Europa. Um das einzudämmen, will die EU das Land mit einer Milliarde Euro unterstützen.
Von Tunesien aus versuchen viele Menschen aus afrikanischen Staaten, auf Booten über das Mittelmeer in die EU zu gelangen. Durch die nun vereinbarte „umfassende strategische Partnerschaft“ solle irreguläre Migration zurückgedrängt sowie die wirtschaftliche Entwicklung Tunesiens gefördert werden, sagte von der Leyen.
Die Kommissionschefin äußerte sich nach Gesprächen mit dem tunesischen Staatschef Kais Saied im Präsidentenpalast in Tunis. Sie wurde bei ihrem Besuch von der rechtsextremen italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni, in deren Land besonders viele Migranten ankommen, und dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte begleitet. Die drei europäischen Politiker hatten Saied bereits vor gut einem Monat getroffen.
„Wir brauchen eine effektive Zusammenarbeit mehr denn je“, sagte von der Leyen. Mit dem Abkommen solle nicht nur besser gegen Schleuser und Menschenhändler vorgegangen werden, sondern beispielsweise auch die Suche nach möglicherweise in Not geratenen Flüchtlingen und deren Rettung verbessert werden.
Geld, sobald die Voraussetzungen stimmen
Etwa 1.895 Menschen ertranken im ersten Halbjahr 2023 beim Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. In Italien waren in diesem Jahr offiziellen Angaben zufolge bis Mitte Juli rund 75.000 Flüchtlinge in Booten angekommen, nach knapp 32.000 im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Mehr als die Hälfte der Menschen kamen aus Tunesien, das damit Libyen überholt hat, das zuvor der Hauptausgangshafen gewesen war.
Das geschlossene Abkommen sieht 105 Millionen Euro EU-Gelder für Tunesien für den Kampf gegen irreguläre Migration vor. Zudem sind 150 Millionen Euro Haushaltshilfen für das nordafrikanische Land geplant, das unter einer massiven Staatsverschuldung leidet.
Bei ihrem Besuch vor gut einem Monat hatten die drei europäischen Politiker außerdem weitere 900 Millionen Euro langfristige Unterstützung über mehrere Jahre in Aussicht gestellt, beispielsweise in Form von Darlehen. Mit dem Geld soll die angeschlagene Wirtschaft des Landes gefördert und dessen Haushalt gestützt werden.
Keine zusätzlichen Kredite im Ausland
Diese langfristigen Finanzhilfen sollten wie angekündigt fließen, „sobald die nötigen Voraussetzungen“ erfüllt sind, sagte von der Leyen nun. Dazu zählt vor allem eine Einigung der Regierung in Tunis mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über neue Kredite – die Verhandlungen darüber stecken allerdings seit Monaten in einer Sackgasse.
Das stark verschuldete Tunesien erhält derzeit keine zusätzlichen Kredite im Ausland. Im Land selbst kommt es immer wieder zu Engpässen bei der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln wie Mehl, Zucker und Reis, die vom Staat gekauft und importiert werden.
Staatschef Saied schlägt zudem seit Jahresbeginn zunehmend fremdenfeindliche Töne an. Im Februar forderte er in einer Rede, gegen die illegale Einwanderung von „Horden“ von Menschen aus Ländern südlich der Sahara vorzugehen. Die Rede, die international auf Empörung stieß, löste eine Welle der Gewalt gegen Migranten aus Ländern des südlichen Afrika aus. Zudem sollen tunesische Sicherheitskräfte immer wieder Flüchtlinge in unwirtliche Gebiete drängen.
Giorgia Meloni sagte, das Abkommen sei ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer echten Partnerschaft zwischen Tunesien und der EU gegen die Migrationskrise. Am Sonntag in einer Woche werde es in Rom eine internationale Konferenz zum Thema Migration gegeben. Daran würden mehrere Staatschefs teilnehmen, darunter der tunesische Präsident Kais Saied.
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