piwik no script img

Michel Friedman tritt aus der CDU aus„Die Union hat ein Tabu gebrochen“

Der Publizist Michel Friedman verlässt die CDU. Wenn die AfD in Deutschland regieren würde, müssten er und andere das Land verlassen, warnt er.

Publizist und jetzt Ex-CDU-Mitglied Michel Friedman Foto: Dwi Anoraganingrum/imago

Frankfurt am Main taz | Wegen ihrer Kollaboration mit der extrem rechten AfD hat Michel Friedman seinen Austritt aus der CDU erklärt. Das Durchsetzen eines Unionsantrages zur Asylpolitik mit den Stimmen der AfD im Bundestag sei ein unverzeihlicher Tabubruch. „Diese CDU kann nicht mehr meine sein“, sagte Friedman am Donnerstagabend in den ARD-„Tagesthemen“.

Der 68-jährige Publizist, Moderator und Jurist hatte mehr als 40 Jahre der CDU angehört, in den 1990er Jahren gehörte er auch zwei Jahre lang deren Bundesvorstand an. Es habe „a priori einen Konsens der Demokraten“ gegeben, dass man es nicht zulassen darf, „dass es irgendeine Berührung mit der AfD gibt“, sagte Friedman am Freitag dem Spiegel. Daran habe sich die Union nicht gehalten. „Es gibt dafür keine Rechtfertigung“, so Friedman.

„Zum ersten Mal hat eine demokratische Partei, in dem Fall meine ehemalige Partei CDU, es möglich gemacht, dass die AfD eine Mehrheit im Parlament mit dieser demokratischen Partei durchgeführt hat“, sagte Friedman dem Hessischen Rundfunk. Das sei „eine katastrophale Zäsur für die Demokratie der Bundesrepublik“ und ein „unentschuldbares Machtspiel“.

Die AfD verbreitete Hass und Hetze. Die Partei stehe in der historischen Tradition des deutschen Rechtsextremismus. „Sie hat einen Ehrenvorsitzenden, der das, was meiner Familie angetan worden ist, als Vogelschiss der Geschichte bezeichnet hat“, sagte Friedman, der lange dem Zentralrat der Juden in Deutschland angehört hat, dem Spiegel.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Deswegen sei es „unverantwortlich, dass die CDU offenen Auges in ihre eigene Falle gestolpert ist und billigend hingenommen hat, von ihr vorgeführt zu werden“. Wenn die AfD einer Bundesregierung angehören würde, könne er hier nicht mehr leben. „Dann müsste ich dieses Land – mein Land – verlassen“, sagte Friedman. „Und nicht nur ich.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

31 Kommentare

 / 
  • Sollte in der CDU zum Erwachen führen, dann natürlich ohne Merz, dieser ist in seiner Rolle erkennbar überfordert.

  • Das Erschreckendste an dem Tabubruch liegt nicht an den haselnussfarbenen Parteibetreibern, sondern an den Millionen reingefallenen Jasagern.

  • 🎩 ab, Herr Friedmann, wenn auch spät

  • Den Austritt kann ich verstehen und die große Furcht ebenso! Das tut mir sehr leid! Sicher ein starkes Signal, das gesehen und gehört wird.

    Herr Friedmann hat sinngemäß in einem Interview gesagt: "Deutschland hat die Demokratie als einen grünen Rasen von den USA geschenkt bekommen, diesen aber auf einem braunen Untergrund/Sumpf gepflanzt. Dieser mache sich dauernd und jetzt wieder sehr stark bemerkbar."

    Wegen des Bezugs zur USA: Wohin will man auswandern? USA? Israel? Österreich oder Schweiz, Italien, Frankreich?



    Wo genau finde ich die menschenachtende Demokratie?

    Ich will nicht relativieren, aber es gibt diese schändlichen Parteien wohin man blickt!

    Sie sind an oder auf dem Sprung zur Macht?



    Was ich damit sagen will, es greift zu kurz, das nur unserer schändlichen Vergangenheit anzulasten. Es sind internationale Wirkmechanismen der Inhumanität (nationalistische Autokraten, Oligarchie, Superrreiche etc.) unterwegs! Wenn man sie nicht benennt, kann man sie nicht bekämpfen!

  • Der Austritt aus der "Glaubensgemeinschaft" CDU ist gut! Die von Merz vollzogene Ökumene mit der AfD - hat eine Sintflut ausgelöst, die Ausmaße noch nicht absehbar. Herr Friedmann, Chapeau !

  • Konsequent und richtig.

    • @Rabenbote:

      Ja, konsequent und richtig.



      Lassen sie mich bitte an dieser Stelle sagen, dass ich garantiert keine AfD oder andere ultrarechte wählen werde, da die Antwort an anderer Stelle nicht mehr geht (und sie es mir unterstellt haben).

  • Michel ist ein Ehrenmann, enttäuscht muss man leider sein von der zögerlichen bis mutlosen Haltung von Josef Schuster, Charlotte Knobloch und Karin Prien.

  • Grundgesetz Art 20



    (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.



    (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.



    (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.



    (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

  • Michel Friedmann, bitte: Bleib in Deutschland. Es ist ja weiß Gott nicht immer einfach hier. Aber wir brauchen solche Typen wie dich.

  • Müsste nicht, aber würde mitgehen.

  • Respekt.

  • Sehr klare und konsequente Entscheidung.



    Herr Friedmann ist ein wichtiger Mahner, was das Machtbestreben und die Demagogie der AfD angeht.

  • Dass die cdu hass verbreitet ist ihm erst jetzt aufgefallen?

    • @apfel saft:

      Auf bestimmte Ausfälle hat Friedman doch schon vor Jahrzehnten hingewiesen.

  • Eigentlich hätte man doch annehmen dürfen, spätestens die rassistische



    AfD hätte die CDU von den Nazis gereinigt.



    Wie dieser Antrag- schon von der rassistischen AfD im letzten Jahr vorgelegt, wurde nun, etwas " geschliffen " von der CDU & Friedrich Merz, neu zur Abstimmung



    gebracht. Dies hat uns allen gezeigt, es ist nicht an dem.

    Was einen aufgeklärten, intellektuellen , weltoffenen , von mir sehr verehrten Mann, wie Herrn Friedmann motiviert hat, Mitglied - ausgerechnet bei der CDU zu sein, erschließt sich mir nicht.



    Gute Entscheidung, sich nicht mehr mit der CDU gemein zumachen. 👍

    • @Alex_der_Wunderer:

      Ggf. Wirtschaftskompetenz?

  • "Wenn die AfD in Deutschland regieren würde, müssten er und andere das Land verlassen, warnt er."



    Ernsthaft vielleicht nicht müssen, aber können und wollen sind weitere Optionen für Leute, mit denen ich mich hierzulande kollegial sehr gut verstehe. Nicht alle anderen Staaten sind unattraktiv für deutsche Fachkräfte mit eher polyglotter Orientierung, die eventuell sogar ein Weltbürgertum favorisieren. Ganz im Gegenteil.



    /



    www.fes.de/referat...tion-nach-norwegen

    • @Martin Rees:

      Ich glaube du unterschätzt die afd, wenn so glaubst Leute wie er müssten das Land dann nicht verlassen. Oder aber einen festen Glauben an die Justiz.

    • @Martin Rees:

      Es würde mich sehr traurig machen das zu tun, aber es wäre sicher eine Option.

  • Sehr gut - seinem Beispiel sollten noch mehr - vor allem Prominente- folgen.

  • Ehrenmann!

    • @zmx52:

      👍

  • Danke

  • Sehr geehrter Herr Friedmann,



    das ist ein ehrenwerter Schritt.



    Danke, dass Sie Ihre Prominenz nutzen, der Gesellschaft zu verdeutlichen, was dieser Schritt von Friedrich Merz bedeutet.



    Die Schuld, die wir als Deutsche geerbt haben, ist nicht einfach abzuschütteln.



    Verantwortungsbewusste tragen diese Schuld als Kompass für Ihr Handeln in Sich.



    Herr Merz scheint kein Verantwortungsbewusstsein zu haben.



    Daher ist er völlig ungeeignet für das Amt, auf das er sich bewirbt.

  • Großstadt-CDU-ler Friedman bemängelt zurecht die jämmerlichen impulsiven Manöver von Linnemann und Merz. Sein Austritt ist verständlich. Doch hätte er nicht auch noch innerhalb der CDU es probieren können? Merz und Linnemann werden es nicht mehr lange machen.

  • Guter Mann, mit Rückgrat.



    So muss man reagieren und das auch laut und deutlich sagen

  • Richtiger Schritt, Michel Friedmann!

  • Ich fand Herrn Friedrmann im besten Sinne streitbar. Ich unterstütze seine Entscheidung, hoffe, dass sich eine neue Heimat finden wird.

    • @ToSten23:

      Eine neue Heimat? Ich hoffe doch sehr, er kann in diesem Land, seiner Heimat, bleiben und muss sich keine neue suchen, weil hier Rechtsextreme regieren.

  • Richtig so. Ein starkes Signal!