Meduza-Auswahl 23. bis 29. März: Bis an die Zähne bewaffnet

Wie ein Experte die russische Atompolitik und die Stationierung in Belarus sieht, warum ein Wehrpflichtiger wegen seines Glaubens nicht kämpfen muss. Texte des Exilmediums.

Dieses Videostill soll eine Russische Iskander-K-Rakete während einer Militärübung zeigen Foto: Russisches Verteidigungsministerium/via ap

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert ab 1. März unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz panter stiftung gefördert.

In der Woche vom 23. bis 29. März 2023 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Über die nukleare Eskalation und die russische Atompolitik

Taktische Atomwaffen sollen künftig in Belarus stationiert werden. Dies verkündete der russische Präsident Wladimir Putin Ende März im russischen Fernsehen. Der Bau einer entsprechenden Lagerstätte solle am 1. Juli abgeschlossen sein. Außerdem seien bereits 10 Flugzeuge der belarussischen Luftwaffe für den Einsatz von Atomwaffen umgerüstet worden. Über die russische Atompolitik sprach Meduza mit Maxim Starchak, Forscher am Center for International and Defense Policy der Queen's University in Kanada (englischer Text).

Sollten wir nun Gegenmaßnahmen aus dem Westen erwarten? Wie ändert sich der Status von Belarus im Ukrainekrieg? „Als wahrscheinlich gilt es, dass Länder wie Polen nun aufgefordert werden, Atomwaffen auf ihrem Territorium zu stationieren. Jedoch ist es unwahrscheinlich, dass die USA und die Nato reagieren werden“, sagt Starchak. Für den Wissenschaftler sei Putins Ankündigung nur der jüngste Versuch, „die Aufmerksamkeit der USA auf sich zu ziehen, um Washington an den Verhandlungstisch zu zwingen“. Dasselbe gelte für die Aussetzung Moskaus des START-Vertrags.

„Gott wird mich fragen, warum“

Seit dem Zweiten Weltkrieg hatte es keine Mobilmachung in Russland gegeben … bis am 21. September der russische Präsident Wladimir Putin die Teilmobilisierung von 300.000 Reservisten ankündigte. Der Krieg war damit in Russland angekommen. Als Folge flohen binnen weniger Wochen circa 700.000 junge Männer aus dem Land. Meduza hat mit einem Wehrpflichtigen aus Sankt Petersburg gesprochen, der aufgrund seines christlichen Glaubens vom Militärdienst befreit wurde (englischer Text).

„Wenn ich zu den Waffen greife und einem anderen das Leben nehme, wird Gott mich fragen, warum ich das Leben eines Menschen genommen habe, für den Gott gestorben ist und den er liebt“, argumentierte Pavel Mushumansky (23) im Einziehungsbüro.

Als er Ende September offiziell einberufen wurde, focht er es rechtlich an und berief sich auf sein Recht auf Verweigerung aus Gewissensgründen, statt zu versuchen, sich dem Befehl zu entziehen. Seit Herbst 2022 hat Mushumansky verschiedene Gerichtsverfahren durchlaufen – das letzte war am 16. März. Es bleibt noch offen, ob er nun einen alternativen Zivildienst ableisten muss.

Neue private Militärfirma auf der annektierten Krim

Im Jahr 2014 wurde die ukrainische Halbinsel Krim völ­ker­rechts­wid­rig von Russland annektiert. Der vom Kreml ernannte Gouverneur der Krim, Sergej Aksjonow, hat sein eigenes privates Militärunternehmen Konvoi. Geleitet wird es vom ehemaligen Anführer der Wagner-Söldnergruppe Konstantin Pikalow, der von der unabhängigen russischen Website Vazhniye Istorii („Wichtige Geschichten“) als rechte Hand vom Chef der Wagner-Truppe, Jewgeni Prigoschin, bezeichnet wird.

In diesem Bericht fasst Meduza Informationen über das Militärunternehmen Konvoi zusammen (englischer Text), die auf Vazhniye Istorii veröffentlicht wurden. Der von Russland eingesetzte Gouverneur der Krim finde außerbudgetäre Finanzierungsquellen, um die Militärfirma zu verpflegen und sie mit Waffen auszurüsten. Die Gruppe verfüge unter anderem über T-80- und T-90-Panzer.

Kremlnaher Telegram-Kanal mit 1,6 Millionen Usern

Desinformationen und Kreml-Propaganda wird seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 vor allem in Telegram-Kanälen verbreitet. Meduza hat die Entwicklung des russischen Kanals Readovka analysiert (englischer Text). Kontrolliert wird er von der Putin-nahen Nichtregierungsorganisation Dialog. Jahrelang hatte sich der Kanal als „liberal“ bezeichnet und wurde nicht als regierungsnahes Medium gesehen – inzwischen ist er zum „patriotischen“ Telegram-Kanal geworden.

Im Meduza-Bericht wird unter anderem die Berichterstattung über folgende Themen behandelt: Video über den Bau einer Atombombe in der Ukraine, wie ein TikTok-Blogger Wladimir Putin für steigende Kraftstoffpreise in den USA verantwortlich macht und welche Arbeitsgarantien von Sanktionen betroffenen Arbeitnehmer in Russland haben.

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