Meduza-Auswahl 13. bis 19. April: An Putin vorbei entschieden

Über Russlands neues Rekrutierungsgesetz wurde Putin nicht mal informiert, berichtet Meduza. Und: Liebe in Kriegszeiten.

Menschenmenge in einer Sta´rasse, im Vorderund ein Werbeplakat mit einer Illustration eines Soldaten

Sankt Petersburg am 30. März: Ein Plakat wirbt für die russsische Armee Foto: Anatoly Maltsev/epa

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 13. bis 19. April 2023 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Russlands radikales neues Einberufungssystem

In Russland gilt nun ein neues System der militärischen Rekrutierung. Wer nicht kämpfen will, kann das Land nicht mehr verlassen, und wer die Einberufungsbescheide ignoriert, muss innerhalb Russlands mit Strafen, Einschränkungen und der Beschneidung seiner Rechte rechnen.

Dass der russische Staatspräsident Wladimir Putin an der Ausarbeitung des neuen Wehrpflichtgesetzes nicht beteiligt war, nicht einmal darüber informiert wurde, berichten zwei Kreml-Insider (englischer Text) Meduza.

Laut den Quellen des Exilmediums habe das russische Verteidigungsministerium die Änderungen initiiert. Seit 2018 gibt es einen Gesetzentwurf, der das russische Wehrpflichtgesetz verändern sollte. Doch wenige Stunden bevor die Änderungen am 11. April in der Staatsduma überstürzt verabschiedet wurden, kam ein zusätzliches, weitaus radikaleres Änderungspaket hinzu. Die Abgeordneten sollen außerdem über den Inhalt der Gesetzesänderung bis zur Abstimmung nicht informiert worden sein.

„Schäme mich für mein Land“: Briefe an Evan Gershkovich

Im März wurde Evan Gershkovich, Reporter des Wall Street Journal, vom russischen Föderalen Sicherheitsdient (FSB) verhaftet. Der Vorwurf: Spionage. Es ist das erste Mal seit dem Ende des Kalten Kriegs, dass ein US-amerikanischer Journalist in Russland festgenommen wurde. Nach Angaben des US-Mediums Bloomberg wurde die Verhaftung von Putin persönlich genehmigt.

Am Dienstag stand Gershkovich zum ersten Mal in Russland vor Gericht. Er und sein Anwalt haben Einspruch gegen die Haft eingereicht. Das Moskauer Stadtgericht ist deren Argumentation nicht gefolgt, der US-Journalist bleibt vorerst in Haft.

Seit seiner Festnahme hat Meduza Briefe an Gershkovich gesammelt. Das Medienportal veröffentlichte diese Woche einige der Botschaften (englischer Text), in denen Stimmen aus Russland und aus der Diaspora zu lesen sind, etwa: “Ich schäme mich für mein Land.“

Chef der Wagner-Söldnertruppe will mehr politische Macht

Dass es Jewgenij Prigoschin, Kopf der russischen Söldnertruppe Wagner, nach mehr politischer Macht dürstet, ist bekannt.

Wie Meduza berichtet (englischer Text), plant er, die Kontrolle über einen wichtigen Zweig der Partei „Gerechtes Russland – Patrioten – Für die Wahrheit“ auf föderaler Ebene zu übernehmen. Diese bezeichnet sich selbst als sozialdemokratisch oder sozialrevolutionär und wird von Sergei Mironow geleitet.

In der Vergangenheit hatte Meduza bereits über Prigoschins Wunsch berichtet, eine konservative Bewegung zu gründen, die er schließlich in eine Partei umwandeln könnte. Dass das im Kreml auf Begeisterung stößt, kann bezweifelt werden: Prigoschin, oft “Putins Koch“ genannt, gilt als unberechenbar.

Wie der russische Angriffskrieg ein Anti-Kreml-Paar spaltet

Vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine waren die russische Künstlerin Ljudmila Rasumowa und ihr Ehemann Alexander Martynow ein glückliches Paar, das seine Liebe auch gerne in den sozialen Medien teilte. Aus der Region Twer reiste das Paar nach Kriegsbeginn nach Moskau, um an den Massenprotesten teilzunehmen. Auch mit Graffitis drückten sie ihren Protest aus, bis sie aufgrund dessen festgenommen wurden.

Vor Gericht standen sie schließlich nicht nur wegen Vandalismus, sondern auch wegen Verbreitung von Desinformationen im Rahmen des neuen russischen Gesetzes gegen „Fake News“ über das russische Militär. Beide wurden zu je über sechs Jahren Haft verurteilt.

Meduza erzählt die Liebesgeschichte des Paares nach, dessen Beziehung an dem Druck der Haft und der Gerichtsverhandlungen zerbrach – und an dem unterschiedlichen Umgang der beiden mit ihren politischen Ansichten (englischer Text).

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.