Meduza-Auswahl 6. bis 12. April: Angriffskrieg spaltet Russlands Linke

Hat die linke Bewegung in Russland eine Zukunft? Und warum ist Putins Ex-Frau so reich? Texte aus dem Exilmedium.

Eine Frau wird von Polizisten weggetragen

Seltener Protest in Moskau gegen den Krieg und die Mobilmachung im September 2022 Foto: Mikhail Tereshchenko/Itar-Tass/imago

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 6. bis 12. April 2023 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Wer und wo sind die Linken in Putins Russland?

Inwiefern hat der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die linke Bewegung in Russland verändert? Darüber spricht Meduza in einem Interview mit dem Historiker und Politikwissenschaftler Ilya Budraitskis (russischer Text), der seit Ende der 1990er Jahre zur russischen Linken sowie zu gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Initiativen forscht.

Seit dem 24. Februar 2022 ist die russische Linke gespalten: In die, die die „Spezialoperation“ verteidigen, und die, die dagegen protestieren. „Die Kriegsbefürworter sind vor allem in der Führung der Kommunistischen Partei Russlands vertreten“, sagt Budraitskis. Die linken Organisationen, die gegen den Angriffskrieg sind – eher kleine Gruppen –, hätten heute keinen Zugang mehr zur Politik und seien in den Untergrund gedrängt worden.

Im März 2024 werden in Russland Präsidentschaftswahlen stattfinden. Große Hoffnungen macht sich Budraitskis nicht: „Die russische Gesellschaft befindet sich in einem Zustand maximaler Unterdrückung und Erniedrigung. An eine Bewegung für soziale Gerechtigkeit von unten ist in Putins Russland nicht zu denken.“

Putins Ex-Frau verdient ein Vermögen mit Krediten

Der russische Finanzdienstleister CarMoney vergibt kurzfristige Kredite, als Sicherheit dienen die Fahrzeuge der Kreditnehmer. Gegründet wurde das Unternehmen 2010. Wirklich gewachsen ist es aber erst seit 2017 – ab dem Moment, in dem die Ex-Frau von Putin, Ljudmilla Otscheretnaja, die Firma teilweise übernahm.

Meduza berichtet über die Umsätze von CarMoney, das 2022 einen Rekordgewinn von 391,3 Millionen Rubel (4,8 Millionen Dollar) machte (englischer Text). Einer Prüfung des Finanzberichts der Firma zufolge erhielt Otscheretnaja 58 Millionen Rubel (rund 709.000 Dollar) von CarMoney. Die Verschuldungsrate der Rus­s*in­nen erreichte im selben Jahr ein neues Rekordniveau.

Wie fragil ist das multireligiöse Russland?

Seit Anfang Februar protestierten die Be­woh­ne­r*in­nen des Moskauer Kosino-Uchtomski-Viertels gegen den Bau einer neuen Moschee in ihrer Nachbarschaft. Über Wochen wurde der Unmut, sowohl der Befürworter als auch der Gegner, angeheizt – etwa von Telegram-Nachrichten des Oberhaupts der muslimisch geprägten russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow. Meduza zeigt in einer Reportage über das Viertel, wie fragil der angebliche religiöse Pluralismus in Russland heutzutage ist (englischer Text).

Anfang April wurde den Forderungen der Protestierenden nachgegeben, und ein neuer Standort für die Moschee angekündigt. Menschen aus Dagestan und Tschetschenien fühlen sich diskriminiert und werfen den lokalen Behörden und der russischen Gesellschaft Feindlichkeit gegenüber Muslimen vor.

Wie wenig Moscheen es in der russischen Hauptstadt gibt, ist ein wiederkehrendes Thema: „Unsere Landsleute sind gezwungen, draußen zu beten, im Schnee“, sagt der dagestanische Journalist Gadzhimurad Sagitow. „Das sollte in einem zivilisierten Land, in dem alle Religionen gleichberechtigt sind, nicht so sein.“

Kaliningrad: Russische Exklave der Nato ein Dorn im Auge

Nachdem die Rote Armee das heutige Kaliningrad, früher Königsberg, während des Zweiten Weltkrieges besetzt hatte, blieb sie einfach dort. 1946 wurde die Stadt umbenannt – nach dem bolschewistischen Revolutionär Michail Kalinin. Seit dem 24. Februar 2022 sind die russische Exklave und ihre Be­woh­ne­r*in­nen infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine von Europa abgeschnitten.

In einer Reportage berichtet Meduza über die Geschichte der Region Kaliningrad und darüber, welche Folgen der Krieg dort hat (englischer Text).

Dass Kaliningrad wieder „den Besitzer wechseln könnte“, erklärt der Historiker Tomasz Kamusella in dem Text, könne er sich kaum vorstellen – es sei denn, der Krieg eskaliere weltweit. Der Nato sei die Stadt ein Dorn im Auge, sagt er. Denn: „Ich würde sagen, dass dort mit 70-prozentiger Sicherheit russische Atomraketen lagern“.

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