Massenabschiebung in spanischer Exklave: Kein fairer Prozess
Hunderte afrikanische MigrantInnen wurden in Spaniens Exklaven in Marokko abgeschoben. Ihre Anwälte sind empört über die Schnellverfahren.
„Es wurde ihnen nicht ermöglicht, die rechtlichen Schritte einzuleiten, die sie für notwendig halten“, heißt es in einem Protestschreiben der örtlichen Anwaltskammer. 32 Anwälte hatten die 209 Flüchtlinge betreut. 140 von ihnen stellten einen Asylantrag. Die Abgeschobenen hatten noch keinen Verteidiger gesehen, als sie am Montag in Polizeifahrzeuge gesetzt und an die Grenze zur marokkanischen Stadt Nador gefahren wurden.
„Die schlimmsten Befürchtungen sind wahr geworden“, kommentiert die Lokalzeitung El Faro de Melilla. „Welche Sicherheit haben wir, dass sie in Nador eine menschenwürdige Behandlung erhalten?“ Der spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska beruft sich bei den Massenabschiebungen auf ein umstrittenes Rücknahmeabkommen mit Marokko aus dem Jahre 1992.
Solidarität mit der Grenzpolizei
Bei dem Massenansturm vom Sonntag wurden über 20 Immigranten zum Teil schwer verletzt. Einer verstarb nach offiziellen Angaben an „Herzversagen“. Hilfswerke fordern eine unabhängige Untersuchung.
Die spanische Aktivistin Helena Maleno in Marokko will von einem weiteren Toten auf marokkanischer Seite wissen. „Sánchez war nicht in der Lage, den Angehörigen sein Beileid auszusprechen“, sagt sie. Stattdessen drückte der Ministerpräsident bei Twitter der Grenzpolizei seine „Solidarität“ aus.
Maleno wirft Spaniens Regierung ein „politisches Spektakel“ und eine „Politik der Kriminalisierung“ vor. Zu Beginn seiner Amtszeit, vor der Sommerpause, hatte Sánchez noch für positive Schlagzeilen gesorgt, als er das von Italien abgewiesene Flüchtlingsschiff „Aquarius“ im spanischen Mittelmeerhafen Valencia aufnahm. Nur wenige Tage später aber ließ er erstmals aus Ceuta 116 Flüchtlinge abschieben. Seit Jahresbeginn sind über 36.000 Flüchtlinge aus Afrika über das Mittelmeer nach Spanien gelangt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen