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Massaker in Burkina FasoTerror in der Nacht

Beim blutigsten Angriff in Burkina Fasos Geschichte sterben mindestens 138 Menschen. Nun wird über die richtige Strategie gegen den Terror diskutiert.

Burkina Faso: Bei einem Angriff sind 138 Menschen getötet worden Foto: Sam Mednick/ap

Cotonou taz | Es geschah kurz nach Mitternacht am Samstagmorgen. Bewaffnete griffen den Ort Solhan im Nordosten von Burkina Faso an, schossen wahllos auf die Be­woh­ne­r*in­nen und setzten Häuser und den Markt in Brand. Am Abend hieß es seitens der lokalen Behörden, dass mindestens 138 Personen ermordet wurden. Man hat sie bereits in Massengräbern beigesetzt. Dutzende wurden verletzt.

Das war nicht der einzige Überfall in Burkina Faso in der Nacht zu Samstag. 14 weitere Menschen starben bei einem Angriff auf Tadaryat. Die angegriffenen Dörfer liegen beide in der Provinz Yagha, die ans Nachbarland Niger grenzt. Damit breitet sich die Gewalt aus dem Norden Burkina Fasos, der an Mali grenzt, noch stärker in die Grenzgebiete zu Niger im Osten des Landes aus. Yagha ist zudem eine Provinz, in der Gold abgebaut wird; in einigen Berichten wird Solhan als Goldgräbersiedlung bezeichnet.

Wer hinter den Anschlägen vom Wochenende steckt, ist zumindest offiziell noch nicht bekannt. Aktiv sind in der Region Terrorgruppen, die Al-Qaida nahe stehen, sowie der Islamische Staat in der Großen Sahara (ISGS).

Nach lokalen Angaben, die in französischen Medien wiedergegeben werden, richtete sich der Anschlag in Solhan zunächst gegen den Posten einer Freiwilligenmiliz. Die Einrichtung der „Freiwilligen zur Verteidigung des Vaterlandes“ (VDP) hatte das Parlament in Burkina Faso Anfang 2020 beschlossen. Die Mitglieder erhalten eine 15-tägige Ausbildung und sollen in ländlichen Regionen vor allem auf Patrouille gehen und dabei von nationalen Streitkräften beaufsichtigt werden.

Dialog mit Islamisten

In dem Sahelstaat sind lokale Milizen nicht ungewöhnlich. Bereits vor Jahren gründeten sich in unsicheren Gebieten Bürgerwehren, die anfänglich ihre Dörfer vor Viehdiebstählen schützten und nach und nach Aufgaben der Polizei übernahmen. Der Staat hat sein Sicherheitsmonopol schon lange verloren. Die VDP-Gründung sollte die Milizen zumindest teilweise wieder unter staatliche Kontrolle bringen.

Präsident Roch Marc Christian Kaboré, in dessen Amtszeit ab Dezember 2015 die Gewalt in Burkina Faso sprunghaft angestiegen ist, ordnete umgehend eine dreitägige Staatstrauer an. Den Angriff bezeichnete er als barbarisch und kündigte über Twitter an, die Sicherheitskräfte würden alles tun, um die Täter zu finden. Man müsse vereint gegen die bösen Mächte kämpfen.

Wie das am besten geht, ist in Burkina Faso umstritten. Im Wahlkampf vor seiner Wiederwahl im November 2020 hatte sich der Präsident stets gegen Verhandlungen mit den Islamisten ausgesprochen. Dafür zeigten viele Menschen kein Verständnis. Wiedergewählt wurde Kaboré dennoch. Anfang dieses Jahres hieß es nun von Premierminister Christophe Dabiré vage, man sei möglicherweise offen für Gespräche. Oppositionsführer Eddie Komboigo forderte am Samstag, dass die Massaker sofort beendet werden müssen. Man müsse alles tun, um die Bevölkerung zu schützen, sagte er – daraus lässt sich ableiten, dass auch Dialog mit den bewaffneten Islamisten nicht ausgeschlossen werden darf.

Schwierige Situation landesweit

Der Angriff auf Solhan ist der blutigste in Burkina Fasos Geschichte, doch die Gewalt und Unsicherheit wirkt sich schon seit Jahren massiv auf die burkinische Gesellschaft aus. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zählt aktuell mehr als 1,2 Millionen Binnenflüchtlinge, von denen mehr als 60 Prozent minderjährig sind. Die Zahl ist seit Januar 2019 – damals kam es am Neujahrstag in Yirgou zu einem schweren Massaker – sprunghaft angestiegen. Allein im vergangenen Jahr starben bei Anschlägen knapp 2.300 Menschen.

Landesweit sind derzeit mindestens 2,8 Millionen der 20 Millionen Einwohner Burkina Fasos dringend auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Aktuell sind im Norden des Landes 2.235 Schulen geschlossen. 491 Krankenstationen arbeiten nicht mehr oder nur noch eingeschränkt. Nach Informationen der EU-Kommission werden sie teilweise als Unterkünfte für Binnenflüchtlinge genutzt. Somit haben mehr als 800.000 Menschen keinen Zugang zum ohnehin schon schlechten Gesundheitssystem mehr.

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