Markus Söders Kampf um Aufmerksamkeit: Rückfall in alte Muster

Wegen seines Bedeutungsverlusts gibt Söder wieder den schneidigen Populisten. Es zeigt sich: Seine vormalige Läuterung war rein taktisch motiviert.

Markus Söder

Fast die Hälfte der bayerischen Bevölkerung ist mit Söders Arbeit als Ministerpräsident unzufrieden Foto: Fabian Sommer/dpa

Markus Söder hat guten Grund, nervös zu werden. Seitdem die Union die Bundestagswahl verloren hat, ist nicht nur ihre Bedeutung gesunken, sondern auch das öffentliche Interesse an ihr. Und was davon noch übrig ist, befriedigt vortrefflich der neue CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. Da bleibt nicht mehr viel Aufmerksamkeit für den Chef der kleineren Schwesterpartei.

Für einen Mann mit einem Ego, wie Söder es hat, dürfte das schwer zu ertragen sein. Zumal der Franke vor gut einem Jahr noch der Ansicht war, er könnte der nächste Kanzler werden. Dann aber reichte es noch nicht einmal für die Kandidatur.

Und jetzt droht auch noch in Bayern Ungemach. Fast die Hälfte der bayerischen Bevölkerung ist mit Söders Arbeit als Ministerpräsident unzufrieden. Würden die Freien Wähler die Seite wechseln, könnte laut einer neuen Umfrage nach der Landtagswahl im kommenden Jahr gar eine Regierung ohne CSU möglich sein. Sehr wahrscheinlich ist das zwar nicht, doch all das scheint Söder zu beunruhigen. Anders jedenfalls ist Söders Rückfall in ein altes Muster schwer erklärbar: Er greift tief in den rechtspopulistischen Werkzeugkasten.

„Hilfe für die Ukraine ist wichtig“, sagte er jüngst im ARD-Sommerinterview, „aber natürlich müssen wir auch in erster Linie für unsere Bevölkerung in Deutschland Sorge tragen.“ Dieses gefährliche Gegeneinander-Ausspielen kann man wohl als vorauseilendes Anbiedern an mögliche Proteste im Herbst deuten. Im Interview mit der Bild am Sonntag dichtete er der Ampel den „Wunsch nach Umerziehung“ an und unterstellte, diese würde Gendern verordnen und staatliche Vorgaben zur Ernährung machen. Das ist nicht nur falsch, sondern stammt im Falle der „Umerziehung“ aus dem Wörterbuch der Neuen Rechten.

Als Söder im Landtagswahlkampf 2018 mit seiner Strategie, der AfD-Klientel nach dem Mund zu reden, zu scheitern drohte, vollzog er eine Kehrtwende und entdeckte seine Zuneigung zu Bäumen und Bienen. Lektion gelernt, hofften die Wohlmeinenden. Spätestens jetzt ist klar: Es war eine rein taktische Läuterung. Söder geht es vor allem um eines: um Macht. Gut nur, dass er es nicht ins Kanzleramt geschafft hat.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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