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Luftfahrt in der KlimakriseDer Traum vom grünen Fliegen

Kraftstoffe, die nicht auf Erdöl basieren, gelten als Hoffnungsschimmer der Luftfahrt. Leider lösen sie nicht alle Ökoprobleme des Fliegens.

Soll demnächst mit 100 Prozent Agrokerosin über den Atlantik fliegen, Boeing 787 Dreamliner Foto: Zuma Press/imago

Berlin taz | Es klingt toll: trotz Klima­krise fliegen, in den Urlaub, zu internationalen Konferenzen, zu weit entfernten Familienmitgliedern – ohne die Atmosphäre zu belasten. Das wollen Airlines mit nachhaltigen Kraftstoffen möglich machen, die nicht auf fossilen Energieträgern basieren. Kann das klappen?

Hinter der Idee stecken unterschiedliche Technologien. Zum Beispiel Agro­kerosin. Die Branche spricht lieber von SAF, kurz für das englische Sustainable Aviation Fuel, oder von Biokerosin. Das heißt: Als Basis für die Kraftstoffe dienen Pflanzen in verschiedensten Formen, zum Beispiel Stroh, Klärschlamm, altes Speiseöl, aber auch eigens angepflanzte Energiepflanzen wie Jatropha und Leindotter oder Algen.

Flugzeuge, die mit Agrokerosin fliegen, stoßen trotzdem das klimaschädliche Treibhausgas Kohlen­dioxid aus – aber eben nur so viel, wie die Pflanzen der Atmosphäre zu Lebzeiten entzogen haben. Das ist zumindest die Theorie, die Praxis kann ganz anders aussehen. Kohlendioxid wirkt hoch in der Luft, wo Flugzeuge es ausstoßen, stärker als am Boden, wo die Pflanzen es aufgesogen haben. Und wenn zum Beispiel für den Anbau von Energiepflanzen wertvoller Wald abgeholzt wird, ist der Klimaschaden enorm.

Bei der Produktion von Agrokerosin wird zudem Energie genutzt, die bisher nicht nur auf erneuerbaren Quellen beruht. Es gibt also versteckte Emissionen. Je nachdem, aus welchem pflanzlichen Material das Agro­kerosin besteht und wie es hergestellt wird, kann es sogar mehr schaden als nützen, warnen Um­welt­schüt­ze­r:in­nen immer wieder. Die beste Bilanz haben Kraftstoffe aus Resten und Müll.

Wenn zum Anbau von Energiepflanzen Wald abgeholzt wird, ist der Schaden enorm

Noch dürfen Flugzeuge im kommerziellen Einsatz gar nicht ausschließlich mit Agro­kerosin laufen. Die internationale Standardisierungsorganisation ASTM lässt dafür höchstens eine hälftige Beimischung zum fossilen Kerosin zu. Einen ersten transatlantischen Testflug mit 100 Prozent SAF hat allerdings die Fluggesellschaft Virgin Atlantic angekündigt. Im November soll eine Boeing 787 von London nach New York fliegen.

Technisch sieht es also ganz gut aus mit dem pflanzenbasierten Flugbenzin. Neben der Tatsache, dass es eben doch keine klimatische Nullbilanz ermöglicht, gibt es aber noch ein Problem: den Preis. Die SAFs seien momentan fünfmal so teurer wie fossiles Kerosin, hat etwa die Lufthansa Ende Juli gewarnt. Die These, dass die nachhaltigen Kraftstoffe mit der Zeit billig würden, nennt die Fluggesellschaft „dünn“.

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Sie argumentiert: Biomasse sei eben nur begrenzt verfügbar. Pflanzlichen Müll und Ackerflächen für neue Energiepflanzen gibt es eben nicht unendlich, außerdem besteht gerade bei Letzteren immer eine Konkurrenz zu Pflanzen für die Ernährung. Die Lufthansa stützt sich auf eine Studie der Unternehmensberatung Bain. „Selbst nach 2050 wird SAF, so die Prognose, noch etwa zwei bis viermal teurer sein als herkömmliches Kerosin.“ Deshalb sind europäische Airlines auch unglücklich darüber, dass die Europäische Union sie künftig zur Beimischung von nachhaltigen Kraftstoffen zwingen will. Es geht allerdings erst mal kosmetisch los: 2025 sollen Flugzeug-Kraftstoffe 2 Prozent „grüne“ Kraftstoffe enthalten.

Neben Agrokerosin gibt es noch weitere Ansätze für nachhaltiges Flugbenzin. Zum Beispiel synthetische Kraftstoffe, die aus Wasserstoff und Kohlendioxid hergestellt werden können – unter Einsatz von sehr viel (hoffentlich Öko-)Strom. Die sind allerdings noch teurer, kosten laut Lufthansa bis zu zehnmal so viel wie fossiles Kerosin. Wie sich der Preis entwickeln wird, ist laut der Airline zudem „völlig ungewiss“. Diese synthetischen Kraftstoffe gibt es bisher nämlich nur in Labor­mengen.

Der Traum vom grünen Fliegen wird also vorerst genau das bleiben: ein Traum. Das hängt auch damit zusammen, dass Fliegen gar nicht nur wegen des Kohlendioxids aus dem fossilen Kerosin klimaschädlich ist. Noch stärker fällt die Wirkung von Kondensstreifen und Stickoxiden ins Gewicht. Diese Probleme lösen auch die alternativen Kraftstoffe nicht. Zum Klimaschutz im Luftverkehr gehört also zwangsläufig: weniger fliegen.

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8 Kommentare

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  • Fliegen ist Freiheit, Kenntnis anderer Kulturen und Natur. Nicht nur für Studenten, Touristen, sondern auch für temporäre Fachkräfte, Gastarbeiter und auch Menschen mit Migrationshintergrund, die ab und zu die alte Heimat besuchen. Wer nicht fliegen will, muss es doch nicht. Mit welchem Treibstoff ist egal, Hauptsache, dass es bezahlbar bleibt

    • @Michael 202222:

      Die Kehrseite dieses TRAUMES vom Fliegen, Reisen, der Völkerverständigung ist die Klimakatastrophe, die mit JEDEM Flug dramatischer wird. Es tut mir leid und ich weiß, es wirkt arrogant, aber Du lebst in einer nicht mehr vorhandenen Wohlstands-Welt, die so nicht besteht. Zum Glück gibts noch ganz viele Filme die die (oft noch die heile, unzerstörte) 'Welt' erlebbbar machen. Nostalgie !

  • Nur mal so zur Info:



    Jedes Jahr werden in Deutschland 12 Milliarden Liter Kerosin verbraucht.

    Würde man die aus E fuel herstellen wollen benötigte man 320 TWh Energie.



    (ein Liter E Fuel benötigt in der Herstellung 27 Kwh Energie)

    Zum Vergleich 500 TWh ist die gesamte jährliche Stromproduktion in Deutschland und 250 TWh der durchschnittliche erneuerbare Anteil von Wind und Sonne.

    Den deutschen Bedarf an E fuel zu produzieren würde die Ausbeute aller Windräder und Solaranlagen übersteigen. Es ist mehr als unrealistisch in der verbleibenden Zeit, das Kerosin durch klimaneutrale Kraftstoffe zu ersetzen.

    Von daher müßte die Anzahl der Flüge in den kommenden 10 Jahren halbiert, Flugzeuge und viele Flughäfen stillgelegt werden.



    Aber das wird nicht passieren, weil dann der "Wähler" ja nicht mehr in den Urlaub fliegen kann....

    • @Paul Schuh:

      Nur mal so:

      wenn es gelingen würde, die jetzigen CO2 Emissionen auf globale 10% zu reduzieren, wäre ein großer Schritt vollzogen. Wenn innerhalb der 10% Flüge drin wären....

      Weltweite Nullemission ist illusorisch.

  • Wie groß das fake-Theater ist, das uns da von Seiten der Luftfahrtindustrie ist, mag man aus der Tatsache ablesen, dass die neuesten Flugzeuge immer noch (mit der alten Technik) auf 30 Jahre abgeschrieben werden, bis dahin wollten 'wir' eigentlich kein CO² mehr verheizen. Auch die Pflanzenölbeimischungen sind fast reines greenwashing ! Apropo: Noch schlimmer ist das Ganze bei Schiffen: Da werden von AIDA (mit 25 Milliarden € bei der KfW verschuldet) & Co 'neue' LNG-Antriebe angepriesen, aber sämtliche Dampfer haben zusätzlich noch die alten Schwerölantriebe, ein Schelm, der glaubt, außerhalb der Hoheitsgewässer bleiben die Antriebe still, nein, immer wieder wird in den Häfen auch der dreckigste Treibstoff nachgetankt. Auch diese Schiffe sollen sich erst nach mindestens 25 Betriebsjahren rentiert haben (wenn überhaupt). Schulden nichts als Schulden und schon gar nicht klimaverträglich.... Urlaub mit Flugzeug oder Schiff, einfach nicht mehr drin ! Sorry....

  • Das mit dem weniger fliegen wird ebenfalls ein Traum bleiben wenn man sich die prall gefüllten Auftragsbücher von Airbus und Boeing anschaut.

    Allein tausende neue Flugzeuge, die in den nächsten 10 Jahren an indische Airlines geliefert werden.

    • @gyakusou:

      Korrekt, Airbus ist für ein Jahrzehnt de facto ausgebucht. Aber es ist nicht nur Indien. In sehr vielen jetzt reich werdenden Ländern ist die Geographie zu komplex bzw. Die Entfernung zwischen Zentren zu groß um Bahnstrecken sinnvoll zu errichten. Dazu werden westliche Gesellschaften immer diverser mit Verwandschaftsbeziehungen rund um den Globus. Da bleibt nur das Flugzeug.

      • @FancyBeard:

        Und dass bedeutet dann, dass es keine Chance gibt, weite Bereiche des Planeten bewohnbar zu halten??? Heißt wir können uns gleich erschießen?

        Finde ich zu kurz gedacht. Alternativ könnte man ja Luftschiffe bauen, die sind sehr viel effizienter als Flugzeuge, da kaum Energie für den Auftrieb verschwendet wird.

        Sollten dann halt möglichst langsam fliegen um die Reibungsverluste an der Luft klein zu halten.