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Lügenpressevorwurf gegen die MedienVielleicht sind wir noch zu retten

Die Medienbranche dachte, zum Überleben müsse sie den digitalen Wandel wuppen. Stattdessen muss die Akademiker-Arroganz von Bord.

Akademiker*innen verstehen halt auch nicht alles Foto: photocase/cydonna

Ok, lassen sie uns über die Kluft sprechen. Sie ist längst ständiger Begleiter des journalistischen Arbeitsalltags, seit drei, vier Jahren reden die Medienmacher gefühlt über nichts anders. Es ist jene zwischen Sender und Empfänger: Die Absender von Inhalten stellen fest, dass es einem Großteil der potentiellen Empfänger wurscht ist, dass da überhaupt irgendwas gesendet wird.

Das war 2016 so. Und in dem Jahr davor und dem davor auch und 2017 wird es wieder so sein. Je näher die Bundestagswahl rückt, desto hysterischer wird der Ton werden. Man wird weiterhin hyperventilierend nach dem Grund für „Die Kluft“ fahnden, sie von allen Seiten zuzuschütten versuchen.

Gleich mal vorweg: Sorry, Leute, so schnell geht das nicht. Denn das Problem ist hausgemacht, es ist eng verklebt mit den gewachsenen Strukturen unserer Branche. Das muss sich erst rauswachsen. Perfiderweise ist das systemimmanente Symptom, dass die, die das Problem wahrnehmen, die Ursache gar nicht sehen können. Aber der Reihe nach.

Liest man sich durch Analysen und Interviews der vergangenen Jahre, wirkt aus Sicht vieler Chefredakteure, Intendanten, Programmchefs und Redakteure die Chose weniger wie eine Kluft denn wie ein undurchlässiger, aber durchsichtiger Membran, der unsere Wirklichkeit durchtrennt.

Sie glaubten es nicht

Man möge an die riesige Kuppel in „Truman Show“ denken oder Marlen Haushofers Roman „Die Wand“: Auf der anderen Seite geht es weiter, aber es gibt keinen Kontakt zu dieser Sphäre. Man kann die Menschen sehen, die dort ihren Dingen nachgehen, aber egal wie laut man ruft, wie hektisch man mit den Armen fuchtelt, sie scheinen es nicht wahrzunehmen.

Als folgten sie einer eigenen Weltlogik, abgekoppelt vom Kommunikationsvertrag, auf den sich diesseits der Wand vermeintlich alle einigen können. Die stattdessen von der Existenz der Lügenpresse überzeugt sind, nur von Mainstreammedien und in historischem Wahnwitz von „Gleichschaltung“ sprechen.

Egal wie gewissenhaft und kontinuierlich Journalisten Fakten gegen Behauptungen setzen, das Mehrere-Quellen-Prinzip gegen Gerüchtemacherei: Auch 2016 reagierten die gemeinten Empfänger immer gleich, egal ob nach der Silvesternacht in Köln, Bautzen, Clausnitz, Freiburg. Sie glaubten es nicht. Die Muster wiederholen sich, ein Heureka-Moment blieb bislang aus. Die einzige Erkenntnis vieler Medienmacher: Egal wie man’s macht, macht man’s falsch.

Als nun nach der US-Wahl Anfang November das große Analysieren begann – die Ursachen des Wahlausgangs, die Rolle der Presse, die Schlussfolgerungen für deutsches Medienmachen – äußerten sich drei deutsche Journalisten von Rang und Namen. Und entblößten damit ungewollt die Crux unserer Branche.

Besuch in der Provinz

Spiegel-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer sagte im Interview mit dem NDR-Medienmagazin „Zapp“: „Haben auch wir vom Spiegel hin und wieder einen elitären Blick auf deutsche Wirklichkeit gehabt? Weil wir in Hamburg sitzen, in Berlin sitzen, in deutschen Großstädten, ist uns hin und wieder – ist jetzt ein gemeines Wort – Provinz, Kleinstädte, Sorgen, die es in Deutschland aber auch gibt, aus dem Blick geraten“, man müsse stattdessen „hingehen und drüber schreiben. Wir sind längst dabei“.

Stephan Lebert, Zeit-Redakteur, erklärte in einem langen Text, dass Journalisten seiner Wahrnehmung nach seit den Neunzigern Teil der Elite sein wollten statt sie zu kontrollieren: „Es gibt auch in Deutschland in diesen Tagen eine Diskussion, ob Medien sich öffentlich bekennen sollten, dass sie zu wenig über die Vergessenen, die Verstoßenen in der Gesellschaft berichtet haben, also genau über die Menschen, die jetzt die Demokratien auf den Kopf stellen. Es ist eine wenig hilfreiche Diskussion, weil sie, wie so vieles, in Rechthaberei endet“; besser sei es, „das große Bild zu zeichnen, und natürlich auch dort, wo sich die angeblich Verstoßenen zusammenrotten“.

Claus Kleber twitterte in seiner unnachahmlich elliptischen Art: „Bewundere d Jungen, die heute Volos gewinnen. Erasmus, Super-Examen, Edelpraktika. Nah bei de Leut? Nicht so in Mode.“

Entweder es ist Hybris oder Entfremdung oder eine Mischung aus beidem: Es ist als merkten die drei gar nicht, was sie da von sich geben. Dafür schimmert eine Haltung durch, die genau jene Membran dicker werden lässt, gegen die sie so heftig trommeln.

Akademiker mit anderen Akademikern

Brinkbäumer will seine Redakteure rausschicken, in die Provinz, damit sie sich die Sorgen der Leute anschauen; Lebert diagnostiziert eine Elitengier (Journalisten lechzen danach „die Elite“ auf die Gästelisten ihrer Geburtstage und Hochzeiten zu setzen? Aha.) und will Sozialreportagen über Orte, an denen „sich die vermeintlich Verstoßenen zusammenrotten“ – meine Güte, da schreibt einer mit sehr viel Abschaum vorm Mund.

So sitzen also Akademiker mit anderen Akademikern in Redaktionskonferenzen und überlegen aus ihrer Akademikersicht, wie sie über die Befindlichkeiten Nicht-Akademiker berichten könnten, um sie als Leser zu erreichen (Laut einer Studie der FH Wien hatten 2005 69 Prozent der deutschen Journalisten eine Hochschulausbildung). Lösung: Schicken wir doch einen unserer Akademiker ins Feld, er möge sich mal umschauen unter den ungebildeten Provinzlern, ja, genau, und pack noch ein paar Expertenstimmen dazu.

Dieses „Wir steigen mal hinab aus unserem Turm“ ist fatal in seiner Ignoranz. „Die Leute, über deren Intentionen wir uns so sehr den Kopf zerbrachen, waren die ganze Zeit um uns herum“, schrieb Matt Taibbi im Rolling Stone nach der US-Wahl über „Die Kluft“, „und sie hörten, wie über sie gesprochen wurde wie über irgendein wildes, ungebildetes Biest“. Sie seien „kein Zoo, in dem wir als Journalisten uns mal an einem Sonntagnachmittag umschauen“, brachte es Anne Fromm kürzlich hier in der taz auf den Punkt.

Tja, und dann wundert sich „heute journal“-Moderator Kleber, wo der hochgezüchtete Nachwuchs herkommt. Mag sein, weil er zu einer Generation gehört, für die es keine „Es war einmal“-Geschichten sind, wenn die Rede ist von jenen, die ohne Abitur, Studium, Journalistenschule einen Redakteursjob bekamen oder zumindest eine Volontariatsstelle. Weil er vielleicht nicht realisiert, dass man Eltern mit genug Geld auf dem Konto haben muss, um sich Praktikumsstellen oder einen Journalistenschulenplatz in Städten wie München oder Hamburg leisten zu können.

Die Gesellschaft abbilden

Kurz: Die Blase wird weiter gezüchtet. (Und das hier schreibt eine, die selbst im Glashaus sitzt – Vater Ingenieur, Mutter Lehrerin, erste Fremdsprache Latein, Doktortitel, also das volle bildungsbürgerliche Stereotyp.). Das kann einfach nicht funktionieren!

Denn die Aufgabe von Journalismus ist, nicht nur in Berichten, Reportagen, Portraits die Diversität der Gesellschaft abzubilden – auch diejenigen, die da recherchieren und texten, müssen all diese Perspektiven abdecken. Sonst bleibt es nur ein Schreiben und Sprechen über X. Die Innenperspektive lässt sich nicht reproduzieren.

Es geht dabei um viel mehr als nur diejenigen, die unter „die Abgehängten“ subsumiert werden. Natürlich gibt es längst Initiativen, die etwas gegen die Eintönigkeit setzen, seien es die Weiterbildungsangebote der „Neuen Deutschen Medienmacher“, das Förderprogramm „grenzenlos“ des WDR oder das taz-Panter-Volontariat, das versucht, jene zu fördern, die den mehrheitlich weißen, männlichen Redaktionen etwas anderes hinzufügen; das American Press Institute hat ein eigenes „Diversity Programme“ und ein Ausbildungszweig der BBC ist so inklusiv, dass der „ideale Kandidat“ Migrationshintergrund oder Behinderung hat.

Nun mag man fragen, wieso dieser Aspekt in der Personalentwicklung bislang zu kurz kommt. Ein Grund wird sein, dass die Entscheider in den vergangenen zehn bis 15 Jahren vor allem darauf fokussiert waren, die Sache mit dem digitalen Wandel zu wuppen.

„Diversity Management“ ist mehr als Kür

Permanent auf der Suche nach einer Lösung, um den Niedergang von Print irgendwie mit digitalen Produkten aufzufangen. Personalabteilungen bastelten gar virale Recruitung-Videos für den „War for Talent“. Und dabei schienen alle jenseits der Marktforschungskategorie „18-25“ aus dem Blickfeld zu rutschen. Die Zielgruppen, die nun der Meinung sind, „die Medien“ deckten nicht jene Themen ab, in denen sie sich wiederfinden.

Zudem gilt „Diversity Management“ oft als bloße Kür. Gerechtigkeit herstellen, tja, wie schwer das allein zwischen Männern und Frauen ist, ist hinlänglich bekannt. Dabei geht es um so viel mehr: Es macht schlicht handwerklich, inhaltlich – und damit letztlich auch wirtschaftlich – Sinn.

Die vielfach ausgezeichnete Spiegel-Redakteurin Özlem Gezer, die nicht zuletzt mit ihrem Scoop, dem Interview mit Kunsthändler Cornelius Gurlitt, Schlagzeilen machte, erzählte 2014 in der Branchenzeitschrift Medium Magazin Folgendes über ihre Arbeit: „Ich bin in einem Hochhaus auf dem Hamburger Kiez aufgewachsen. Bei vielen meiner Themen ist das eine Brücke ins Milieu“, die Leute vergäßen, dass sie Journalistin sei.

Auch wenn sie, siehe Gurlitt, nicht auf Migrationsthemen abonniert ist, ist ihre Perspektive ein Vorteil: „Stell dir vor, etwas passiert in einer türkischen Großfamilie. Dann kannst du als Chef Reporterin Melanie hinschicken und es kann funktionieren. Du kannst aber auch Özlem hinschicken. Sie klingelt, zieht die Schuhe aus, küsst der Oma die Hand, setzt sich nicht zum Papa, sondern auf die andere Seite. Es wäre dumm, auch vom Spiegel, wenn man meinen Zugang nicht nutzt“, sagte Gezer. „Und wenn türkische Jungs in ihrem Kiez erzählen, was sie nervt, wie sie von Deutschen stigmatisiert werden, dann packe ich auch drei Geschichten aus, weil ich ihr Gefühl kenne.“

„Diese Verbindung ist abgerissen“

Was so entsteht, ist Vertrauen. Ein Verstandensein, das nicht künstlich herstellbar ist. Da kann der mit „Erasmus, Super-Examen, Edel-Praktika“ ausgerüstete Reporter aus Akademikerhaushalt noch so empathisch recherchieren und großartig schreiben können – sein Blick ist anders, seine Wahrnehmung von Codes auch. Journalismus muss dieses Verstandensein transportieren, damit sich der Kreis der Rezipienten ändert.

Ostküstenmedienelite hier, wirtschaftlich und sozial „Abgehängte“ dort: „Diese Verbindung ist abgerissen“, sagte Brinkbäumer, aber das sei „kein Medienproblem“. Doch, das ist es. Es wird höchste Zeit, dass Redaktionen ihre Stellen vielfältiger besetzen. Bis das wirkt und die Kommunikation durch die gläserne Wand wieder funktioniert, dauert es mindestens eine Ausbildungsgeneration. Zu blöd: Vor der Bundestagswahl wird das also nichts mehr.

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23 Kommentare

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  • "Selektiver Umgang mit der Wahrheit":

     

    vorgestern wurde hier ein Guardian-Artikel zitiert, gemäss dem die Berliner Polizei einen Verdächtigen misshandelt haben soll. Eigene Nachforschungen wurden augenscheinlich nicht angestellt.

     

    Die Dementis - vor allem vom Verdächtigen - kamen relativ rasch.

     

    Aber klar: der Artikel hat in die politische Schublade gepasst. Wären Polizisten die Opfer gewesen, hätte es gefühlte drei Dutzend geheissen, dass die Unschuldsvermutung gelte...

  • Das Thema Medienkritik ist hochspannend.

    Ich hänge seit Gründung als Leser und Genossenschaftler an der TAZ . Zunehmend fühle ich mich als Leser aber in "pädagogischer Betreuung" , die mir sagt wo es langgeht.

    Ich suche als Leser kluge Fragen, will Pro-Kontra-Diskussionen, O-Töne, Dokumente, auch Provokationen und schräge Seitenblicke - Antworten suche ich nicht !! Meine Meinung will ich mir SELBST bilden. Ich möchte durch Texte nicht bevormundet werden. Ich glaube, dass Journalisten ihre Leser oft unterschätzen, diese fühlen sich nicht ernstgenommen - und schon ist die beklagte Kluft da.

    Ich hänge weiter an der TAZ, weil ich an ihre Unabhängigkeit und ihre Fähigkeit zur Sebstkritik glaube. Dieser Artikel von Frau Häming war ein Schritt in diese Richtung.

  • "Tja, und dann wundert sich „heute journal“-Moderator Kleber, wo der hochgezüchtete Nachwuchs herkommt. Mag sein, weil er zu einer Generation gehört, für die es keine „Es war einmal“-Geschichten sind, wenn die Rede ist von jenen, die ohne Abitur, Studium, Journalistenschule einen Redakteursjob bekamen oder zumindest eine Volontariatsstelle."

     

    Es ist erstaunlich, gerade in der taz eine solche Erklärung für die vermeintliche "Realitätsferne" der heutigen Berichterstattung zu lesen. Die taz wurde doch in einer Zeit gegründet, als es noch all die Journalisten gab, die nicht aus dem akademischen Bereich kamen - und Ende der 70er Jahre eben nicht über relevante Veränderungen (neue soziale Bewegungen) in der Gesellschaft angemessen berichteten. Auch das Plädoyer für mehr Diversität scheint mir an der "Problem"läge vorbei zu gehen. Die AfD Wähler, die "der" Presse misstrauen, wollen nichts lesen über Probleme von Migranten, Frauen, Schwulen und Lesben - von wem auch immer geschrieben. Sie wollen, dass darüber NICHTS mehr geschrieben wird.

  • "Es geht dabei um viel mehr als nur diejenigen, die unter „die Abgehängten“ subsumiert werden."

     

    Wenn man unter "Abgehängten" nicht nur Arbeitslose, Kranke, etc... versteht, sondern all jene, die ihr Lebtag gearbeitet und/oder Kinder erzogen haben und dennoch von Altersarmut bedroht sind, wäre Ihr Artikel ein Anfang. Wer es heute nicht entweder dazu gebracht hat, hohe Kapitaleinkünfte zu haben, verbeamtet zu sein oder einem Beruf mit berufsständischer Altersvorsorge nachzugehen, wie etwa Ärzte, Anwälte, JOURNALISTEN, der hat ein Problem. Der wird über kurz oder lang auch abgehängt sein und davor hat er Angst. Deswegen finden sich durchaus nicht wenige Verteter der restlichen vorhandenen Mittelschicht (mit Tada! Abitur und Studium) unter AfD Wählern. Und es findet sich im Parteienspektrum der etablierten Parteien mit Ausnahme der Linken niemand, der ein Interesse daran hätte, dies zu ändern. Nur ist die Linke für viele, welche von ihren Zielen profitieren könnten, aus anderen Gründen nicht wählbar.

     

    Ich nehme nicht für mich in Anspruch, jeden Debattebeitrag zur "Rentenreform" gelesen zu haben, aber mir ist keiner aufgefallen, der mal eine Solidargemeinschaft zwischen den gerade genannten Gruppen und der restlichen arbeitenden Bevölkerung gefordert hätte. Abgeben zu müssen wirkt weniger attraktiv als die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Mit einem Artikel darüber hätten Sie mich auf Ihrer Seite. So aber ist ihr Beitrag lediglich ein freundliches Winken aus dem Elfenbeinturm. Wie gesagt... er wäre ein Anfang.

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Es sind nicht die Akademiker an sich die das Modell des Journalisten als Mittler zerstören. Es ist die absolute Dominanz der Geisteswissenschaftler im Journalismus die den Journalisten zum Erzieher verkommen lassen.

     

    Eine empirische Beobachtung aus meinem Bekanntenkreis deckt sich mit meiner eigenen Wahrnehmung. Beim Lesen vieler Artikel fühlt man sich auf unangenehme Weise bevormundet. Die Meinung zum Vorgang wird oft mitgeliefert und jegliche andere Meinung vorsorglich gleich vergiftet. An für sich könnte man das der Tendenzpresse ja noch zugestehen, da kommt aber noch eine Gleichförmigkeit im journalistischen Spektrum hinzu die erschreckend ist. Alternativlose Meinungen, synchron von "der Presse" verkündet, Gegenmeinungen nicht zulässig, das macht den "alten Medien" wohl den Gar aus. Wo ich mich in den 90ern noch durch ein halbes Dutzend Zeitungen wühlen musste genügt heute oft eine einzige um die veröffentlichte Meinung erfassen zu können...

     

    Einfalt ist wohl das richtige Wort. Die Medien sind einfältig geworden, einfalt im Spektrum, Einfalt in der Form und Einfalt in den Köpfen. Wo ist die Vielfalt hin?

  • 3G
    35751 (Profil gelöscht)

    Wenn ich meinem Zynismus freien Lauf lasse, kommt Folgendes dabei heraus: Das Problem wird sich bald von allein lösen, da Journalismus durch Subunternehmertum (feste Freie), Billiglohnkräfte (einschließlich Volontaire) und durch die Umwandlung von Lokalredaktionen in sogenannte freie aber an einen Verlag gebundene Agenturen, eh zunehmend aus prekären Lebensbedingungen heraus gemacht wird.

     

    Frei von Zynismus sei jedoch angemerkt, dass dies so ziemlich die beste der insgesamt doch recht raren Selbstkritiken aus dem Medienbereich war, die ich bislang gelesen habe.

    Ich hoffe, sie wird auch von dem/der PersonalchefIn der taz gelesen...

  • „Egal wie gewissenhaft und kontinuierlich Journalisten Fakten gegen Behauptungen setzen…“

     

    Genau hier liegt das Problem. Bei vielen Themen haben Journalisten, auch in der TAZ, in den vergangen Jahren einen sehr selektiven Umgang mit den Fakten und Behauptungen gezeigt.

     

    Egal in welchem Bereich der Innen- und Außenpolitik. Behauptungen, von Akteuren, die den Medienvertretern „sympathisch“ sind, werden meist kritiklos in die Welt posaunt, während belegte Meldungen, die nicht ins Bild passen häufig fast „vergessen“ werden. Dadurch geht eben Vertrauen verloren. Auch wenn der Begriff „Lügenpresse“ eine dreiste Übertreibung ist.

  • Ich finde, das ist ein interessanter Artikel, dem man anmerkt, dass sich die Autorin ernsthaft mit dem Vorwurf auseinandergesetzt hat. Meine Hochachtung!

  • Das abgehobene Akademikertum ist sicher auch ein Problem, hat aber nun wirklich gar nichts mit der bei uns herrschenden Tenedenzpresse zu tun:

     

    Tendenz entsteht dadurch, dass das berichtet wird, was sein soll und nicht was ist. Frueher wurde von den Medien auf Minderheiten gehetzt. Doch statt die Neutralitaet und Wahrhaftigkeit zu suchen, wurde die Schoenfaerberei zur Leitlinie erkoren.

     

    Die Presse darf sich nicht mehr als "Volkserziehungsorgan" verstehen - dann waere viel gewonnen.

     

    Neben der Angst, dass ein nicht staendig richtig erzogenes Volk die Neonazis waehlen koennte, gibt es die politische Buendnistreue der Presse. Geheimdienste haben als einen ihrer Auftraege die Desinformation der Oeffentlichkeit. Das gilt fuer alle Geheimdienste - auch z.B. den Verfassungsschutz, der dies beim Celler Loch auch in der Tat bewiesen hat.

    Daher sollten alle Information ohne Beweise, die aus Geheimdienstkreisen stammen, als blosse Geruechte gewertet werden. Sei es im Ukraine oder im Syrienkonflikt, so werden aber stets die Information aus der westlichen Desinformationskampagne als prinzipiell wahr und die aus der oestlichen Desinformationskampagne als prinzipiell unwahr dargestellt. Stellte sich spaeter dann heraus, dass die Meldungen doch falsch waren, war dies allenfalls eine kleine Randnotiz wert. Da erwarten erwachsene Leser_innen mehr als das kopieren von Agenturmeldungen. Sie erwarten das Uebrnehmen fuer Verantwortung fuer das was publiziert wird. Niemand ist unfehlbar - erst recht nicht im schnelllebigen Informationsmarkt. Aber jede_r kann Verantwortung uebernehmen.

    • 3G
      35751 (Profil gelöscht)
      @Velofisch:

      Zitat: "Das abgehobene Akademikertum ist sicher auch ein Problem, hat aber nun wirklich gar nichts mit der bei uns herrschenden Tenedenzpresse zu tun:

      Tendenz entsteht dadurch, dass das berichtet wird, was sein soll und nicht was ist."

       

      Ich würde meinen, dass das, was Sie Tendenz nennen, nicht ausschließlich, aber auch nicht unwesentlich vom überrepräsentierten "abgehobenen Akademikertum" begünstigt wird, da sowohl die Sozialisation, die Lebensbedingungen (samt sozialem Umfeld) als auch das damit verbundene Standesbewusstsein den Blick auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und die Politik maßgeblich beeinflussen. Vereinfacht ausgedrückt: Wenn das Leben erfüllt, der Magen voll und die Zukunft gesichert ist (oder zumindest erscheint), hat man weniger Motivation, jene Dinge kritisch zu hinterfragen, die diesen eigenen Status sichern.

      Gegenprobe: Einfach mal schauen, wie sich die Berichterstattung, auch in Sachen bildungsbürgerlicher Selbstkritik, verändert hat, seit Brexit und Trump deutlich gemacht haben, dass die Neue Rechte ernsthaft an sicher geglaubten Strukturen zu rütteln beginnt.

       

      Zitat: "Die Presse darf sich nicht mehr als "Volkserziehungsorgan" verstehen - dann waere viel gewonnen."

       

      Viel gewonnen wäre auch, wenn auf der Basis von gesellschaftlich als auch marktwirtschaftlich erklärbaren Defiziten im Bereich des Journalismus, nicht ständig Übertreibungen oder gar Verschwörungstheorien konstruiert werden würden.

       

      Zitat: "Da erwarten erwachsene Leser_innen mehr als das kopieren von Agenturmeldungen."

       

      Das ist z.B. ein rein wirtschaftliches Problem, welches das Streuen geheimdienstlichen Desinformationen (ist das jenseits von Ulfkotte & Co überhaupt bewiesen?) allenfalls begünstigt, nichts jedoch mit einem Volkserziehungsorgans zu tun hat. Diese Formulierung suggeriert zumindest im Ansatz, dass der Journalismus Anweisungen von übergeordneten Stellen erhält, in jedem Fall jedoch unterstellt sie, Journalisten würden freiwillig einer Art Agenda folgen.

  • Was mich an der "#Lügenpresse" stört, was mir am meisten auffällt, ist, wenn mir nicht Fakten präsentiert werden, sondern die Meinung vorgesagt wird, die ich gefälligst haben soll.

     

    Zum Gleichschalten: Daß der Eine beim Anderen abschreibt, daß sich oft dabei ein staatsnahes Meinungsbild zeigt, ist eine Binsenweisheit, das bekommt der letzte Dorftrottel mit. Ob man sich nun darüber empört, daß "Gleichschaltung" ja ein verbrannter Begriff sei, oder ob man dem Eindruck mit erkennbarer Objektivität entgegentritt, ist die eigene Entscheidung.

  • Die Nazis der 30er und 40er Jahre und vor allem Hitler benutzten den Begriff "Lügenpresse", um die Medien zu diffamieren und zu beeinflüssen. Genau so gehen in der letzten Zeit Pegida und die AfD vor.

     

    Jede Zeitung, die sich für die Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden, Liebe und Menschenrechte einsetzt, braucht sich überhaupt keine Sorgen zu machen, dass so ein Vorwurf (Lügenpresse) in der Bevölkerung ernst genommen wird.

  • Faktencheck.

     

    Es ist wirklich seltsam wie hartnaeckig sich die Story von den 'Abgehaengten' haelt, entgegen aller demoskopischer Evidenz. Unter AfD-Waehlern sind *Besserverdiener* und hohe Bildungsabschluesse ueberrepraesentiert. Das Waehlerprofil dieser Partei ist - rein wirtschaftlich - am dichtesten an dem der FDP oder der Gruenen (https://www.welt.de/politik/deutschland/article154899202/Die-AfD-ist-eine-Partei-der-Besserverdiener-und-Gebildeten.html). Aehnlich die Waehler Trumps (http://fivethirtyeight.com/features/the-mythology-of-trumps-working-class-support/).

     

    Diese Menschen ernst zu nehmen, waere genau das Gegenteil einer vorauseilenden Apologetik, die ihnen eine verfaelschte Demoskopie unterschiebt um ihre Wahlentscheidungen zu erklaeren. Nach dem Motto 'die Armen, die koennen ja gar nicht anders'.

     

    Wie waere es stattdessen, mit der simplen Annahme, dass diese Waehler tatsaechlich hinter dem stehen, wofuer sie stimmen? Dass sie also neo-nationalistische Ideen vertreten, Multikulturalismus ablehnen und liberalen Ideen ggue skeptisch sind (mit Ausnahme einer dementsprechenden Steuerpolitik) - alles aus freien Stuecken und in eigener Verantwortung. Wenn man das unterstellt, loest sich das Raetsel des abgerissenen Gespraechsfadens von selbst. Wer solche Einstellungen hat, findet sich in den meisten grossen Redaktionen nicht wieder - ganz einfach weil diese mehrheitlich mit Menschen besetzt sind, die ganz anderer Meinung sind. Dafuer muessen Journalisten sich aber schwerlich entschuldigen. Was sind liberale Ueberzeugungen wert, wenn wir uns ihrer schaemen, sobald sich herausstellt, dass andere sie nicht teilen?

     

    Die Studienanfaengerquote liegt im uebrigen bei >55%. Dramatisch ueberraepresentiert sind Akademiker unter Journalisten mit 69% also nicht unbedingt.

    • 3G
      35751 (Profil gelöscht)
      @Janz Schlau:

      Zitat: "Es ist wirklich seltsam wie hartnaeckig sich die Story von den 'Abgehaengten' haelt, entgegen aller demoskopischer Evidenz. Unter AfD-Waehlern sind *Besserverdiener* und hohe Bildungsabschluesse ueberrepraesentiert. Das Waehlerprofil dieser Partei ist - rein wirtschaftlich - am dichtesten an dem der FDP oder der Gruenen"

       

      Durchaus positiv, dass das Bildungsbürgertum realisiert, dass die Neue Rechte kein ungebildeter Pöbel ist, über deren mangelhafte Rechtschreibung man sich so wunderbar lustig machen kann, sondern wortwörtlich aus der eigenen Mitte kommt.

       

      Aber die AfD bliebe im einstelligen Bereich, wenn sie es nicht schaffen würde, über teils schlummernde Vorurteile und durchaus berechtigter Angst vor Konkurrenz (Wohnungs- und Arbeitsmarkt, etc.), zunehmend auch Nichtwähler zu aktivieren und deren größte und zugleich unzufriedenste Gruppe ist die Unterschicht.

      Meiner Meinung nach auch der eigentliche Grund dafür, dass die neoliberale AfD ihre sozialpolitische Ausrichtung im Parteiprogramm noch nicht klar definiert hat.

  • Liebe Taz,

    wieviel sind denn bei euch Akademiker?

    Und warum fällt es einer 'linken' Tageszeitung erst nach Trump, Petry und Co. auf, dass sie den Kontakt zu bestimmten Schichten verloren hat?

     

    Ich lese die Taz seid den 80er (Hallo Säzzer, ich vermisse euch!), aber Jahr für Jahr werdet ihr mir fremder.

     

    Ein Nicht-Akademiker

    (Mutter Hausfrau, Vater Lokführer, alt weiss und hetero)

    • 3G
      35751 (Profil gelöscht)
      @DietmarHH:

      Zitat: "wieviel sind denn bei euch Akademiker?"

       

      Berechtigte Frage.

       

      Zitat:"Und warum fällt es einer 'linken' Tageszeitung erst nach Trump, Petry und Co. auf, dass sie den Kontakt zu bestimmten Schichten verloren hat?"

       

      Der erste Teil der Frage ist ebenfalls berechtigt und sollte dringend von Medienmachern intern als auch öffentlich diskutiert werden.

       

      Der zweite Teil der Frage ist meiner Meinung nach falsch, bzw. geht von einem falschen Verständnis zur 68er-Bewegung (taz als auch Grüne haben dort ihre Wurzeln) und der Arbeiterklasse aus, die es in der Bundesrepublik nie so recht gab und im allgemeinen Klassendenken von der Unterschicht ersetzt wurde.

       

      Weder zu Arbeitern noch zu der von Sozialleistungen abhängigen Unterschicht konnte die damals neu-linke 68er-Bewegung so recht Zugang finden. Überspitzt zusammengefasst:

      Junge Studenten aus gutem Hause, die sich zu Anführern einer Arbeiterbefreiung machen, funktioniert mangels Identifikation nicht, schon gar nicht, wenn diese Studenten bei ihrer eigentlichen Rebellion gegen ihre Eltern randalieren und der Arbeitende über die Steuern dafür aufkommen muss.

      Denn wo latente Unsicherheit herrscht, wünscht man sich Sicherheit - was die rechtslastige Tendenz der Unterschicht begünstigt.

      Dazu kommen historische Aspekte: Arbeiterklasse im Nationalsozialismus zerschlagen, danach beim Wunsch Krieg und mögliche Mitschuld zu verdrängen, von den 68ern gestört und nicht zuletzt auch ein Wirtschaftswunder von dem auch die Arbeiter im Westen profitierten, während im Osten, Mangelwirtschaft Negativwerbung für die sozialistischen Ideen der 68er machte.

       

      Von daher hat die taz zwar mal "bestimmte Schichten" deutlicher mit einbezogen, hat sie aber nie erreicht und hat sich zusammen mit dem Großteil der 68er-Bewegung gen (Bildung-)Bürgertum bewegt, dessen entsprechend gelagertes Informationsbedürfnis weiterhin zielgruppengerecht bedient wird. Würde ich als linker Unterschichtler jetzt mal behaupten wollen...

  • Glückwunsch, Frau Haeming,

     

    die Erkenntnis, dass die akademische Sicht aus den Höhen der sich selbstverstärkenden Inzuchtsblase "studierter Journalist/in/sonstiges, Spross aus begütertem Elternhaus", eine Wahrnehmungsstörung der Realität für die meisten Bürger sein könnte, ist schon mal ein erster Schritt.

    Machen Sie halt mal den Wallraff, arbeiten Sie ein paar Monate bei Aldi, im Niedriglohnsektor der Leiharbeit usw. Seien Sie offen für die Lebenswirklichkeit abseits der "progressiven Ideologie". Es ist immer gut zu Wissen, überwas man eigentlich schreibt.

     

    Und wenn Sie dann auch noch den nächsten Schritt schaffen, das pädagogische

    Aufarbeiten von Nachrichten und Artikeln zu unterlassen (kindkonformes Abfüllen in handwarme Babyfläschen, ideologiesterilisiert und vorauseilend allergenfrei) oder auf ideologiegefilterte bzw. -aufgeschäumte, theoriekonforme Elaborate zu verzichten, dann könnte sogar etwas lesenswertes und informatives dabei herauskommen.

  • Ich werfe zu der Debatte nochmals folgende Zitate ein:

     

    "Politiker und Publizisten arbeiten auch in der liberalen Gesellschaft nicht für alle Menschen - sondern nur für ihre Klientel."

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ungleichheit-das-thema-macht-der-elite-angst-kolumne-a-1127877.html

     

    "Was bisher als liberale Grundhaltung auf den Marktplatz der Meinungen getragen wurde, entpuppte sich in den Stahlgewittern des Jahres 2016 als Schönwetterfloskeln einer auf Narzissmus geschrumpften Bourgeoisie."

    https://wagnisdemokratie.wordpress.com/2016/12/29/von-ego-shootern-und-narziss-vandalen/

     

    Zusammenfassend: Der Journalismus versagt systematisch und ist als Teil des Machtapparates (4. Macht) schon so sehr Teil der Misere, dass eben die Demokratie in Gefahr ist.

    Wo halt mehr über Swingerclubs und Escortservice (hohe Klickzahlen) als über Armut in Dortmund Nord und Suppenküchen in Berlin (geringe Klickzahlen) berichtet wird, herrscht Systemversagen (herrscht wurde bewusst als Verb gewählt).

    Es geht nicht um Empathie - es geht darum, dass die Journalisten erwachsen werden, Eier in der Hose haben und die richtigen Fragen stellen.

  • Zunächst einmal zum 'Klugscheißern':

    ----------

    Marlen Haushofers Roman „Die Wand“: Auf der anderen Seite geht es weiter,

    ----------

    Nee - eben genau nicht! Auf der anderen Seite der Wand erscheint alles eingefroren. Nur noch in der Sphäre der Protagonistin geht es weiter in dem Haushofer-Roman. Passt also gar nicht zur Truman-Show.

    Tip an die Redaktion: Beim nächsten mal mehr als Wikipedia lesen - wegen der Glaubwürdigkeit und so ;-)

  • 6G
    628 (Profil gelöscht)

    Liest sich nicht sehr überzeugend. Ich bin da eher bei Herrn Lebert. Das Selbstverständnis der Medienmachenden scheint sich geändert zu haben, man geht eine seltsame und höchst befremdliche Symbiose mit weiten Teilen (der berühmten 'Mitte') der Politik ein. Ein Beispiel dafür ist das unerträgliche Bejubeln von Frau Merkel, das auch in der taz oft jegliche gesunde journalistische Distanz vermissen lässt. Stattdessen darf man sich in flachen Analysen darüber belehren lassen, dass alles super ist im Land, und jeder, der gegenüber den herrschenden Zuständen in Opposition geht (ob von rechts oder links) nicht richtig tickt.

    Wenn die Medien die ihr zugedachte Rolle als Kontrollinstanz nicht wahrnehmen und auch gar nicht mehr wahrnehmen wollen, werden sie nicht mehr gelesen und beachtet, und das völlig zurecht.

    Im Artikel klingt es so, als hätte man es zumindest mit ehrlich bemühten Medienmachern zu tun. Diesen Eindruck teile ich nicht mehr.

    • 3G
      35751 (Profil gelöscht)
      @628 (Profil gelöscht):

      Zitat"[...] man geht eine seltsame und höchst befremdliche Symbiose mit weiten Teilen (der berühmten 'Mitte') der Politik ein."

       

      Der Journalismus ist marktwirtschaftlichen Spielregeln unterworfen und bedient zwangsläufig vorwiegend die Kerninteressen der Stammleserschaft. Dass es eine Medienbandbreite gibt, die sich im politischen Spektrum von ganz links bis ganz rechts erstreckt, ist durchaus ein Ausdruck existenter Pressefreiheit.

      Das Problem ist, dass es nicht nur eine Rechts-Links-Achse gibt, sondern auch eine, die von oben nach unten verläuft. Die Bandbreite auf dieser Achse endet beim politischen Journalismus jedoch in der breit aufgestellten Mitte, die mit ihren Themen einen großen Markt bietet und die folglich auf beiden Achsen am häufigsten bedient wird. Darunter, wo weniger gelesen, weniger gekauft (werden kann) und auch weniger geschrieben wird, findet sich - vom Boulevard abgesehen - niemand, der diese Schicht bedienen will oder kann.

      Das Bild einer Symbiose ist entsprechend falsch gewählt, denn letztlich ist es eine Zwangsehe.

       

      Zitat: "Wenn die Medien die ihr zugedachte Rolle als Kontrollinstanz nicht […] mehr wahrnehmen wollen [...]

       

      Ich denke, "wahrnehmen können", wäre die passendere Wortwahl.

      Selbst wenn man die redaktionelle Meinungsvielfalt erhöhen würde, kostet guter und auch investigativer Journalismus Ressourcen, die zumeist nicht in Relation zum "Einspielergebnis" stehen.

       

      Zitat: "[Deshalb] werden sie nicht mehr gelesen und beachtet [...].

       

      Insbesondere beim Online-Journalismus, der dem Print-Bereich durch Aktualität und Verfügbarkeit den Rang abläuft, funktioniert es wirtschaftlichsten am besten mit mit banalem "Bling-Bling"-Clickbait und kostengünstigen Agenturkurzmeldungen und weil Rechte "Neues Deutschland" nicht kaufen und Linke nicht die "Junge Freiheit", kann man den wichtigen Stammlesern auch nur bis zu einem gewissen Grad kontroverse Meinungen präsentieren.

      Die Leser sind an diesem Trend also nicht ganz unbeteiligt.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Stattdessen muss die Akademiker-Arroganz von Bord."

     

    Selten so gelacht...